Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe - mutwillige Rechtsverfolgung
Orientierungssatz
1. Erledigt sich das Verfahren, bevor über einen gestellten Prozesskostenhilfeantrag entschieden wurde, so ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht der Zeitpunkt der Bewilligungsreife des PKH-Gesuchs. Für eine Gewährung von PKH ist kein Raum mehr, wenn der Prozessgegner den streitigen Anspruch noch innerhalb der ihm nach § 118 Abs. 1 S. 1 ZPO zustehenden Äußerungsfrist erfüllt.
2. Hat sich der Rechtstreit bis zur Entscheidungsreife des PKH-Antrags nicht erledigt, so ist bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen PKH zu bewilligen.
3. Nach § 114 Abs. 2 ZPO ist eine die Bewilligung von PKH ausschließende Rechtsverfolgung mutwillig, wenn eine Partei, die keine PKH beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. September 2021 aufgehoben, soweit damit die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für sie abgelehnt wurde.
Den Antragstellern wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt H, Z, P, beigeordnet.
Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beschwerde der Antragsteller richtet sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren vor dem Sozialgericht (SG), in dem die Antragsteller Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II - für den Zeitraum vom 1. Mai bis zum 31. Oktober 2021 begehrt haben.
Die Antragsteller hatten zuletzt bis 30. April 2021 SGB-II-Leistungen vom Antragsgegner erhalten und deren Weiterbewilligung ab Mai 2021 unter dem 20. Mai 2021 beantragt.
Unter dem 10. August 2021 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin zu 1) zur Mitwirkung, konkret zur Überausendung des ausgefüllten Vermieterformulars und - vermutlich - auch der EKS auf. Daraufhin teile die Antragstellerin zu 1) dem Antragsgegner am 26. August 2021 telefonisch mit, dass sie die EKS 5/21 bis 10/21 bisher nicht geschickt habe, da sie keinerlei Einkünfte habe und gedacht habe, dass dies dann unrelevant sei.
Die EKS betreffend diesen Leistungszeitraum reichten die Antragsteller am 26. August 2021 beim Antragsgegner ein.
Im Telefonat vom 31. August 2021 mit dem Antragsgegner verwiesen die Antragsteller auf eine ihnen angedrohte Wohnraumkündigung wegen ausstehender Mietzahlungen.
Am 6. September 2021 beantragten die Antragsteller bei dem Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie die Gewährung von PKH mit Übersendung der dafür erforderlichen Unterlagen, da über den Weiterbewilligungsantrag noch nicht entschieden worden war. Das SG leitete den Antrag am selben Tage per ERV an den Antragsgegner zu Stellungnahme binnen einer Woche weiter.
Mit Schreiben vom selben Tage beantragten die Prozessbevollmächtigten der Antragsteller beim Antragsgegner hinsichtlich der endgültigen Leistungsfestsetzung für den davor gelegenen Leistungszeitraum (Oktober 2020 bis April 2021), „nunmehr nach fast 6 Monaten eine Entscheidung zu treffen und Nachzahlungen auf deren Fremdgeldkonto zu überweisen“.
Mit Bescheid vom 14. September 2021 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den streitigen Zeitraum von Mai bis Oktober 2021 unter Angabe der Kontoverbindung der Antragstellerin zu 1) als Zahlungsweg.
Unter Verweis auf seinen Bescheid vom selben Tage teilte der Antragsgegner im gerichtlichen Eilverfahren mit Schriftsatz vom 14. September 2021 mit, dass er nicht eher habe entscheiden können, da die EKS von den Antragstellern erst am 26. August 2012 bei ihm eingegangen sei und sodann erst die Prüfung derselben habe vorgenommen werden müssen.
Am 16. September teilte die Antragstellerin zu 1) dem Antragsgegner mit, dass ihr vormaliges Konto gelöscht sei und gab ihre neue Bankverbindung an.
Da auf diesem neuen Konto keine Zahlungseingänge des Antragsgegners zum Bescheid vom 14. September 2021 zu verzeichnen waren, erklärten die Antragsteller das erstinstanzliche Verfahren nicht für erledigt.
Mit Beschluss vom 27. September 2021 lehnte das Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie die Bewilligung von PKH mit der Begründung ab, dass den Antragstellern mit Bescheid vom 14. September 2021 Leistungen rückwirkend für die Zeit von Mai bis Oktober 2021 bewilligt worden seien und ein Anordnungsgrund nicht bestehe.
Hiergegen haben die Antragsteller am 28. September 2021 sowohl in der Hauptsache als auch hinsichtlich der PKH-Entscheidung Beschwerde erhoben, Auszahlung der Leistungen aus dem Bescheid vom 14. September 2021 sowie die Gewährung von PKH für das Beschwerdeverfahren beantragt. Sie, die Prozessbevollmächtigten der Antra...