Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen einen Erstattungsbescheid
Orientierungssatz
1. Wird die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs (hier: Widerspruch gegen einen Erstattungsbescheid über Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende) vom Sozialleistungsträger in Abrede gestellt, so kann im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die Feststellung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht beantragt werden.
2. Ein Erstattungsbescheid bezüglich zuvor bewilligter Grundsicherungsleistungen stellt keinen Bescheid über Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende gemäß § 39 SGB 2 dar, so dass ein Widerspruch gegen den Erstattungsbescheid aufschiebende Wirkung hat.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 22. Juni 2006 teilweise abgeändert und festgestellt, dass der Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17. Februar 2006, soweit darin die Erstattung von Arbeitslosengeld II, Leistungen für Unterkunft und Heizung und Sozialgeld in Höhe von 3.444,14 Euro verlangt wird, aufschiebende Wirkung entfaltet.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten für das einstweilige Rechtsschutzverfahren in der ersten Instanz zur Hälfte und im Beschwerdeverfahren in vollem Umfang zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Anordnung bzw. Feststellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruches gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Antragsgegners.
Der Antragsgegner bewilligte der Antragstellerin auf ihren Antrag vom 3. Juni 2005 für den Zeitraum 1. Juni 2005 bis zum 30. November 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Nach der mit Schreiben vom 17. November 2005 erfolgten Anhörung hob er mit Bescheid vom 17. Februar 2006 die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) für den Zeitraum 1. Juni bis 30. November 2006 teilweise auf mit der Begründung, die Antragstellerin bzw. ihr Ehemann hätten Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit erzielt bzw. Arbeitslosengeld I bezogen. Für diesen Zeitraum errechnete der Antragsgegner eine Überzahlung in Höhe von 3.444,14 Euro, die er in diesem Bescheid von der Antragstellerin zur Erstattung verlangte. Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 14. März 2006 Widerspruch ein. Sie erhielt mit Schreiben vom 2. April 2006 eine Mahnung über diesen Betrag, eine Mahngebühr in Höhe von 17,50 Euro wurde erhoben. Mit anwaltlichem Schreiben vom 6. April 2006 bat die Antragstellerin den Antragsgegner unter Hinweis auf die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 17. Februar 2006, von weiteren Vollstreckungsmaßnahmen Abstand zu nehmen.
Mit dem am 3. Mai 2006 eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrte die Antragstellerin die Feststellung, dass der Widerspruch der Antragstellerin gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 17. Februar 2006 aufschiebende Wirkung entfaltet, und die Anordnung der Aufhebung von Vollziehungsmaßnahmen.
Das Sozialgericht Berlin hat mit Beschluss vom 22. Juni 2006 die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, das Begehren der Antragstellerin sei dahingehend auszulegen, dass sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 14. März 2006 gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 17. Februar 2006 begehre. Dieser Bescheid habe eine Doppelnatur, einerseits hebe er einen Leistungsbescheid für den Zeitraum 1. Juni 2005 bis 30. November 2005 teilweise auf und andererseits enthalte er die Anordnung einer Rückzahlung. Der Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid habe keine aufschiebende Wirkung, soweit er die Aufhebung des Leistungsbescheides betreffe. Eine Eilbedürftigkeit für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung bestehe nicht, da der Zeitraum, auf den sich die Aufhebung beziehe, in der Vergangenheit liege und deshalb die gegenwärtige Rechtsposition der Antragstellerin bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache nicht beeinträchtigt werden könne. Insoweit sei die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Soweit der Widerspruch sich gegen den Erstattungsbescheid richte, habe er aufschiebende Wirkung. Dies ergebe sich aus § 86 a Sozialgerichtsgesetz (SGG). Ein Fall von § 39 des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB II) liege nicht vor, weil ein Bescheid über eine Erstattungsforderung kein Leistungsbescheid im Sinne dieser Norm sei. Angesichts des klaren Wortlautes bedürfe es keiner zusätzlichen Anordnung durch das Gericht.
Gegen diesen der Antragstellerin am 27. Juni 2006 zugestellten Beschluss richtet sich ihre am 4. Juli 2006 eingegangene Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat.
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass es im Hinblick auf die bereits erhobenen Mahnge...