Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweilige Anordnung. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Schulgeld. Fahrtkosten. mit dem Einkommen verbundene notwendige Ausgaben. Auslegung. Bedarfsgemeinschaft. Rechtsgrundlage

 

Leitsatz (redaktionell)

Das SGB II bietet keine Rechtsgrundlage für die gesonderte Übernahme von Schulgeld oder Fahrkosten.

 

Normenkette

GG Art. 20 Abs. 3; SGB I § 31; SGB II § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 5; Alg-II-VO § 3 Abs. 1 Nr. 10; SGG § 73 Abs. 2 S. 2, § 86b Abs. 2 S. 4

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

Das Aktivrubrum war zu ändern. Gegenstand des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens sind bei sachgerechter Auslegung des erstinstanzlich geltend gemachten Begehrens, die Anträge der in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Antragsteller zu 1) bis 3) auf Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - des Sozialgesetzbuches (SGB II). Der Antragsteller zu 1) kann als Mitglied dieser Bedarfsgemeinschaft die Ansprüche der weiteren Mitglieder dieser Bedarfsgemeinschaft, seiner volljährigen seiner Kinder, nicht im eigenen Namen mit einer Klage oder, wie im vorliegenden Verfahren, mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verfolgen, sondern jedes Mitglied muss seine Ansprüche im eigenen Namen geltend machen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R - und bereits Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Mai 2006 - L 10 AS 102/06 -).Die Bevollmächtigung des Antragstellers zu 1) für das vorliegende Verfahren konnte dabei unterstellt werden (§ 73 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

Die nach § 172 Abs. 1 und § 173 SGG zulässige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. Februar 2008, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist unbegründet.

Soweit die Antragsteller begehren, den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe des von dem Antragsteller zu 3), aufgrund des Besuches einer Berufsfachschule (C B e. V.) zu zahlenden Schulgeldes von 195,00 Euro monatlich und für Fahrtkosten in Höhe von 26,00 Euro monatlich zu gewähren, können sie hiermit keinen Erfolg haben.

Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrten Leistungen besteht (Anordnungsanspruch) und dass die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Dabei sind der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund jeweils glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).

Im vorliegenden Fall fehlt es insoweit bereits an einem Anordnungsanspruch, also an einer gesetzlichen Rechtsgrundlage im SGB II. Die Antragsteller verkennen, dass die im Sozialgesetzbuch geregelten Begünstigungen nicht im freien Ermessen der öffentlichen Verwaltung stehen, sondern jede Leistungsgewährung einer gesetzlichen Rechtsgrundlage bedarf. Denn nach § 31 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) dürfen nicht nur Pflichten sondern auch Rechte in den Sozialleistungsbereichen des Sozialgesetzbuches nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt. Ohne eine solche Rechtsgrundlage, an der es im vorliegenden Fall fehlt, darf die Verwaltung nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz) keine Leistungen erbringen (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar, § 31 SGB I RdNr. 2f.).

Der Senat hat im Übrigen mit Urteil vom 6. März 2008 - L 28 AS 1276/07 - entschieden, dass von den Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, die der Antragsteller zu 3) nach Aktenlage in Höhe von 192,00 Euro monatlich bezieht, ein monatlich zu zahlendes Schulgeld (dort: Lehrgangsgebühren) sowie die Kosten der Fahrten zur Ausbildungsstätte (vgl. insoweit nunmehr § 3 Abs. 1 Nr. 10 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 17. Dezember 2007 [BGBl. I S. 2942]) als mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgabe von diesem Einkommen abzusetzen ist (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II). Im vorliegenden Fall führt dies aber nicht zu einem Anspruch auf Gewährung weiterer Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II, weil der Antragsgegner ausweislich seiner Bewilligungsbescheide vom 10. Dezember 2007 (Bewilligungszeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Juli 2008) die dem Antragsteller zu 3) gewährte Ausbildungsförderung um das monatlich zu zahlende Schulgeld bereinigt hat und, weil das Schulgeld die Leistungen der Ausbildungsförderung übersteigt, insoweit kein Einkommen bedarfsmindernd berücksichtigt hat.

Der Senat sieht im Übrigen von einer weiteren Begründung ab und weist die Beschwerde...

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