Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. 68-Jahres-Altersgrenze für Vertragsärzte. aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen feststellende Bescheide. Ausnahmen von der Altersgrenze. Regelung über Altersgrenze verstößt nicht gegen Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht
Leitsatz (amtlich)
1. Die Feststellung der Zulassungsgremien über das Ende der Zulassung eines Vertragsarztes aus Altersgründen wird grundsätzlich weder rechtlich noch faktisch von den Zulassungsgremien oder einer anderen Behörde "vollzogen", weil diese die Feststellung über die Beendigung der Zulassung nicht durch weitere Entscheidungen um- oder durchsetzen, sondern bei ihren Entscheidungen lediglich die sich unmittelbar aus § 95 Abs 7 S 3 SGB 5 ergebende Rechtslage beachten (Abgrenzung zu LSG München vom 28.3.2007 - L 12 B 835/06 KA = Breith 2007, 531).
2. Dem Antrag, die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Feststellung der Beendigung der Zulassung aus Altersgründen festzustellen, fehlt regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis.
3. Zum Suspensiveffekt von Widerspruch und Anfechtungsklage bei feststellenden Verwaltungsakten.
4. Zur Anwendung des § 95 Abs 7 S 4 SGB 5.
Orientierungssatz
Die zum 1.1.1993 eingeführte Regelung des § 95 Abs 7 S 3 SGB 5 verstößt weder gegen Verfassungs- noch gegen Europarecht (vgl zuletzt BVerfG vom 7.8.2007 - 1 BvR 1941/07)
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. September 2007 aufgehoben.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des gesamten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verlängerung seiner Zulassung über den 30. September 2007 hinaus.
Der 1939 geborene Antragsteller nimmt seit Oktober 2005 als Facharzt für Laboratoriumsmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung in B teil. Erstmalig wurde er durch den Zulassungsausschuss für Ärzte in Schleswig-Holstein mit Beschluss vom 7. November 1992 (Ausfertigung vom 4. Februar 1993) mit Wirkung zum 1. Januar 1993 als Facharzt für Laboratoriumsmedizin in G zugelassen. Zu diesem Zeitpunkt erfolgte auch die Eintragung in das Arztregister. Vorab wurde ihm dies mit Schreiben vom 17. November 1992 mitgeteilt. Vor dem 1. Januar 1993 war er nach einer Bestätigung der Gemeinschaftspraxis für Laboratoriumsmedizin Dr. K u.a. vom 1. November 1991 bis 29. November 1991 und vom 1. Juni 1992 bis 30. Juli 1992 in dieser Gemeinschaftspraxis als Vertreter tätig und vom 1. September 1992 bis 31. Dezember 1992 ständig in dieser Praxis zur Vorbereitung auf seine KV-Zulassung beschäftigt.
Mit Schreiben vom 17. Januar 2007 teilte die Beigeladene zu 1) ihm mit, dass seine Zulassung nach § 95 Abs. 7 Satz 3 Fünftes Buch/Sozialgesetzbuch - SGB V - zum 30. September 2007 ende.
Mit Schreiben vom 4. Juni 2007 beantragte der Antragsteller bei dem Zulassungsausschuss B die Verlängerung seiner Zulassung bis zum 31. Dezember 2012 gemäß § 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V. Die Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 1992 sei als notwendige Vorbereitungszeit anzurechnen, da nach der bis 31. Dezember 1992 geltenden Regelung für eine Zulassung eine einjährige Vorbereitungszeit nachzuweisen gewesen sei. Zum 1. Januar 1993 sei diese Regelung ersatzlos gestrichen worden. Darüber hinaus sei die Zulassung bereits im November 1992 erfolgt. Die Laboratoriumsmedizin unterliege nicht der Bedarfsplanung, so dass ein Nachrücken “jüngerer Ärzte„ nicht verhindert werde.
Mit Beschluss vom 25. Juli 2007 (Ausfertigung vom 10. August 2007) lehnte der Zulassungsausschuss diesen Antrag ab und stellte fest, dass die Zulassung am 30. September 2007 wegen Erreichens der Altersgrenze von Amts wegen ende. Die Voraussetzungen für eine Verlängerung nach § 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V seien nicht gegeben, da er nicht vor dem 1. Januar 1993 zugelassen gewesen sei. Die geltend gemachten Zeiten der Vertretung in der Gemeinschaftspraxis vor dem 1. Januar 1993 könnten nicht berücksichtigt werden.
Mit seinem Widerspruch machte der Antragsteller geltend, dass der Zulassungsausschuss die gesetzlichen Vorgaben des § 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V in grundrechtswidriger Weise ausgelegt habe. Dem Widerspruch komme nach § 96 Abs. 4 SGB V und § 86a Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - aufschiebende Wirkung zu. Diesen Widerspruch hat der Antragsgegner inzwischen mit Beschluss vom 26. September 2007 zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 22. August 2007 teilte der Antragsgegner mit, dass er nicht von einer aufschiebenden Wirkung ausgehe, da die Feststellung des Endes der Zulassung mit Erreichen der Altersgrenze nur deklaratorische Wirkung habe. Soweit der Antrag auf Verlängerung abgelehnt worden sei, gelte im Ergebnis dasselbe, da durch die aufschiebende Wirkung lediglich bestehende Rechtspositionen vorläufig erhalten, aber nicht neue begründet werden könnten.
Mit seinem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat der Antragst...