Entscheidungsstichwort (Thema)

Übernahme von Schulden aus rückständigen Stromzahlungen durch den Sozialhilfeträger im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes

 

Orientierungssatz

1. Zur Bewilligung von einstweiligem Rechtsschutz sind Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.

2. Nach § 34 Abs. 1 SGB 12 sollen Schulden eines Hilfebedürftigen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht.

3. Die Übernahme von Schulden ist nur dann gerechtfertigt, wenn eine mit drohender Obdachlosigkeit vergleichbare Notlage vom Leistungsberechtigten nicht selbst beseitigt werden kann. Handelt es sich um Stromschulden, so muss er hierzu glaubhaft machen, dass er sich bei den zur Verfügung stehenden Stromanbietern um den Abschluss eines Stromversorgungsvertrags bemüht hat, um die vorgebrachte Notlage zu beenden.

4. Am erforderlichen Anordnungsgrund fehlt es u. a. dann, wenn es der Hilfebedürftige unterlässt, einen Zahlungspflichtigen zur Verringerung seiner Schulden in Anspruch zu nehmen.

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme von Schulden aus rückständigen Stromzahlungen.

Der Antragsteller bezieht seit 01. Januar 2005 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II - des JobCenter Berlin-Mitte, bis einschließlich April 2005 wurden vom JobCenter Berlin Mitte bis zu 27,50 Euro monatlich an den Stromversorger B gezahlt, der den Antragsteller mit Strom versorgte. Der Antragsteller beantragte beim JobCenter Berlin Mitte die Übernahme der Stromschulden, die mit Schreiben der B vom 12. Juni 2005 für den Zeitraum vom 23. März 2005 bis 02. Juni 2005 in Höhe von 498,48 Euro geltend gemacht worden sind. Er machte geltend, dass über die Stromversorgung in seiner Wohnung auch die Warmwasserzubereitung erfolge.

Das JobCenter Berlin-Mitte lehnte mit Bescheid vom 13. Juli 2005 die Begleichung der B-Nachforderung mit der Begründung ab, dass der Träger der Sozialhilfe zuständig sei. Ein gegen das JobCenter Berlin Mitte geführtes einstweiliges Anordnungsverfahren vor dem Sozialgericht Berlin/Landessozialgericht Berlin-Brandenburg blieb erfolglos (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. August 2005, Aktenzeichen L 5 B 1062/05 AS ER). Mit Schreiben vom 27. September 2005 übersandte das JobCenter Berlin Mitte dem Antragsgegner die Anträge des Antragstellers auf Übernahme der Stromschulden. Dieser lehnte mit Bescheid vom 22. September 2005 die Übernahme der Stromschulden mit der Begründung ab, das SGB II biete im Rahmen des § 23 SGB II für die Begleichung von Stromschulden im Rahmen eines unabweisbaren Bedarfs eine ausreichende Grundlage für die Übernahme von Stromschulden.

Am 10. Oktober 2005 hat der Antragsteller vor dem Sozialgericht Berlin beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, Kosten für eine Stromkostennachzahlung in Höhe von 498,00 Euro zuzüglich 40 Euro für Auslagen (Fax, Kopien, Internet etc. ), inklusive 10 Euro Anwaltsgebühren zu verpflichten und geltend gemacht, der Energieversorger habe eine Ratenzahlung abgelehnt. Eine Freischaltung des seit dem 02. Juni 2005 gesperrten Stromanschlusses erfolge nur nach Zahlungseingang bei der B. Es liege eine Härte vor. Er hat eine Einzelaufstellung zur Rechnung der B vom 30. März 2005 zur Gerichtsakte gereicht.

Der Antragsgegner hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, bereits im April 2005 sei beim JobCenter Berlin-Mitte die Übernahme einer geforderten Nachzahlung beantragt worden. Den am 14. Juni 2005 fälligen Teilbetrag von 109,00 Euro habe der Antragsteller nicht an die B gezahlt. Weitere Teilbeträge seien wegen der Sperrung ab 02. Juni 2005 nicht angefallen. Der Antragsteller habe trotz laufenden Bezuges von Arbeitslosengeld II keinerlei Zahlungen auf den Rückstand geleistet. Die Übernahme von Schulden zur Behebung einer Notlage nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB XII stehe im Ermessen des Sozialhilfeträgers. Der Antragsteller müsse nachweisen, dass er seine Notlage nicht selbst beseitigen könne, etwa durch den Wechsel zu einem anderen Stromanbieter. Der Antragsteller hat hierzu eine Liste mit Stromanbietern in Berlin zur Gerichtsakte gereicht.

Mit Beschluss vom 31. Oktober 2005 hat das Sozialgericht den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht worden sei. Der Anspruch könne sich nicht aus § 34 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB XII ergeben, denn die geltend gemachte Übernahme der Schulden sei nicht gerechtfertigt. Der Antragsteller müsse sich entgegenhalten lassen, dass gemäß § 2 Abs. 1 SGB XII zunächst von ihm zu verlangen sei, alle zur Verfügung stehenden Selbsthilfemöglichkeiten auszuschöpfen. Er habe nicht glaubhaft gemacht, dass etwaige Bemühungen um eine angemessene Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Gläubiger unter Aufrechterhaltung der Stromversorgung...

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