Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz. aufschiebende Wirkung. Asylbewerberleistung. Dauerverwaltungsakt. keine Ausnahmeregelung
Orientierungssatz
1. Das Gericht kann auf Antrag in entsprechender Anwendung des § 86b Abs 1 SGG durch Beschluss aussprechen, dass ein Widerspruch oder eine Klage nach § 86a Abs 1 S 1 SGG aufschiebende Wirkung hat, wenn zweifelhaft ist, ob eine aufschiebende Wirkung eingetreten ist.
2. Leistungen nach dem AsylbLG werden grundsätzlich in Abhängigkeit von der Bedarfssituation nur für den nächstliegenden Zahlungszeitraum bewilligt. Trifft der Sozialhilfeträger eine Regelung zur Höhe der Leistung über den nächstliegenden Zeitraum hinaus für einen längeren Zeitraum, muss sich dieser daran festhalten lassen. Änderungen greifen dann in eine zuerkannte (Dauer-)Leistung ein. Die Vornahme von Änderungen im Leistungsbezug hat dann nach den Regeln des sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrens über die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung gem § 48 SGB 10 zu erfolgen.
3. Werden nach § 48 SGB 10 zuerkannte Leistungen teilweise entzogen, hat ein dagegen erhobener Widerspruch aufschiebende Wirkung gem § 86a Abs 1 S 1 SGG. Diese Wirkung ist nicht nach § 86a Abs 2 Nr 1 bis 5 SGG ausgeschlossen.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. Oktober 2008 aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des Antragstellers vom 04. September 2008 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 02. September 2008, in der Fassung vom 16. September 2008, aufschiebende Wirkung hat.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das sozialgerichtliche Verfahren und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren werden als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten für das PKH-Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der 1990 geborene, aus der russischen Föderation stammende Antragsteller erhielt laufende Leistung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz - AsylbLG -, zuletzt gemäß § 2 AsylbLG entsprechend dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - SGB XII. Er war zunächst im Besitz einer Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens. Am 2. September 2008 wurde ihm mit Gültigkeit bis zum 02. März 2009 eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Aufenthaltsgesetz - AufenthG - erteilt. Die Duldung erhält den Vermerk “Die Personalangaben beruhen auf den eigenen Angaben des Inhabers„ sowie die Nebenbestimmung “Erlischt bei Besitz eines zur Ausreise in den Herkunftsstaat berechtigenden Dokumentes„.
Mit Bescheid vom 16. Juni 2008 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller auf dessen Antrag vom selben Tag Leistungen nach dem AsylbLG “für dem 10.07.08„ in Höhe von 275,69 €. Weiter heißt es in dem Bescheid: “Den Betrag für den laufenden Monat habe ich bereits ihrer Mutter ausgezahlt. Die Beträge für die Folgemonate werde ich jeweils monatlich im voraus an die in der Anlage aufgeführten Zahlungsempfänger überweisen, solange sich Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht geändert haben.„ In der Folge wurde dem Antragsteller für die Monate Juli und August 2008 - wie auch bereits für Juni 2008 - laufende Hilfe zum Lebensunterhalt analog SGB XII geleistet.
Nach Vorlage der Duldung durch den Antragsteller erließ der Antragsgegner am 02. September 2008 einen “Bescheid über Änderung von laufenden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)„ und gewährte dem Antragsteller für den Monat September 2008 - nur noch - Leistungen gemäß § 3 AsylbLG. Auch in den Folgemonaten erhielt der Antragsteller jeweils Leistungen nach § 3 AsylbLG, ohne dass weitere schriftliche Bescheide aktenkundig wären.
Gegen den Bescheid vom 02. September 2008 legte der Antragsteller am 04. September 2008 Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 16. September 2008 begründete der Antragsgegner den Bescheid vom 02. September 2008 damit, dass ein weiterer Anspruch nach § 2 Abs. 1 AsylbLG nur bestehen könne, wenn der Antragsteller die Dauer seines Aufenthaltes nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusse und Bemühungen zur Passbeschaffung schriftlich nachweise. Am 24. September 2008 reichte die Bevollmächtigte des Antragstellers bei dem Antragsgegner zum Beleg für Passbemühungen ihres Mandanten Kopien Ihrer Schreiben an die Ausländerbehörde vom 17. Juni und 26. August 2008 ein.
Am 17. Oktober 2008 hat der Antragsteller unter Hinweis auf seinen am 04. September 2008 gegen den Bescheid vom 02. September 2008 eingelegten Widerspruch vor dem Sozialgericht Berlin einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt und beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller Leistungen nach § 2 AsylbLG zu gewähren, sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.
Mit Beschluss vom 23. Oktober 2008 hat das Sozialgericht Berlin die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und Bewillig...