Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Zulassung der Berufung gegen die isolierte Aufhebung eines ablehnenden Sozialleistungsbescheides. Klärungsfähigkeit von Rechtsfragen zum Bestehen des Sozialleistungsanspruchs
Orientierungssatz
Die isolierte Aufhebung eines Bescheides über die Nichtgewährung einer Sozialleistung durch das Sozialgericht beinhaltet noch keine Entscheidung über das tatsächliche Bestehen des Leistungsanspruchs. Deshalb fehlt es in der Rechtsmittelinstanz bezüglich Rechtsfragen, die das Bestehen des Leistungsanspruchs betreffen, an der Klärungsfähigkeit.
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 03. Juli 2009 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren.
Gründe
I.
Der Kläger hatte nach dem Ende seines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses am 31. Dezember 2007 noch einen Anspruch gegen seinen Arbeitgeber auf Urlaubsabgeltung für 14 Kalendertage. Er war vom 03. Dezember 2007 bis 28. März 2008 arbeitsunfähig krank und bezog in dieser Zeit Krankengeld von der Allgemeinen Ortskrankenkasse Berlin. Auf seine Arbeitslosmeldung zum 02. April 2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 08. April 2008 Arbeitslosengeld (Alg) vorläufig ab 02. April 2008 in Höhe von 40,82 € täglich.
Mit Bescheid vom 18. Juni 2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alg für die Zeit vom 02. April 2008 bis 17. April 2008 wegen des Anspruchs des Klägers auf Urlaubsabgeltung ab mit der Begründung, der Ruhenszeitraum nach § 143 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) schließe sich an die Zeit der Arbeitsunfähigkeit an. Mit - weiterem - Bescheid vom 18. Juni 2008 forderte die Beklagte von dem Kläger die Erstattung des für die Zeit vom 02. April bis 17. April 2008 vorläufig gezahlten Alg nach § 328 Abs. 3 SGB III und erklärte gleichzeitig die Aufrechnung gegen Ansprüche des Klägers. Der Widerspruch des Klägers gegen beide Bescheide blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 12. August 2008).
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat mit Urteil vom 03. Juli 2009 antragsgemäß die Bescheide vom 18. Juni 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2008 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klage sei begründet. Die Abänderung der vorläufigen Bewilligung und die daraus resultierende Erstattung des Alg seien fehlerhaft. Dem Kläger stehe ab 02. April 2008 Alg zu. Schon nach dem eindeutigen Wortlaut von § 143 Abs. 2 SGB III beginne der Ruhenszeitraum “mit dem Ende des die Urlaubsabgeltung begründenden Arbeitsverhältnisses„. Das Arbeitsverhältnis habe am 31. Dezember 2007 geendet, der Ruhenszeitraum für die 14 Tage abgegoltenen Urlaubs habe folglich am 01. Januar begonnen und am 21. Januar 2008 geendet. Eine Verschiebung des Ruhenszeitraums auf die Zeit nach Ende der Erkrankung erfolge im Rahmen des § 143 Abs. 2 SGB III nicht. Es handele sich um eine reine Berechnungsvorschrift, die nicht nach den Verhältnissen, wie sie sich bei tatsächlichem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses auf den Urlaubsanspruch ausgewirkt hätten, geändert werde. So habe beispielsweise das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass sich Feiertage, die in den Berechnungszeitraum nach § 143 Abs. 2 SGB III fielen, nicht auf den Lauf des Ruhenszeitraums auswirkten, obwohl ein Feiertag bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nicht zum Verbrauch des Urlaubs führe (Urteil vom 29. März 2001 - B 7 AL 14/00 R -). Umgekehrt führe auch eine Abgeltung für verfallenen Urlaub, wenn sie dennoch gewährt werde, zu einem Ruhen (BSG, Urteil vom 29. Juli 1993 - 11 RAr 17/92 -). Nach der Rechtsprechung des BSG zur Auswirkung einer Urlaubsabgeltung auf das Krankengeld werde ausgeführt, dass die Urlaubsabgeltung mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehe und bei unterbliebener Nutzung für einen Erholungsurlaub, z. B. wegen Krankheit bis zum Verfall des Urlaubsanspruchs, einen Entschädigungscharakter habe (BSG, Urteil vom 30. Mai 2006 - B 1 KR 26/05 R -). Es entspreche daher dem pauschalierenden Charakter der Alg-Bewilligung, nach Eintritt von Beschäftigungslosigkeit die Urlaubsabgeltung nach einer einheitlichen Berechnungsregel an das rechtliche Ende des Arbeitsverhältnisses anzuhängen. Gründe für die Zulassung der Berufung sehe das Gericht nicht.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt die Beklagte, die Berufung gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Es stelle sich die Rechtsfrage, ob eine Urlaubsabgeltung, die wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt worden sei, im Anschluss an die Arbeitsunfähigkeit zum Ruhen des Anspruchs auf Alg gemäß § 143 Abs. 2 SGB III führe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Die Akte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.
II.
Die ...