Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtliche Vernehmung eines Zeugen bei dessen Aussageverweigerung gegenüber der Behörde. Schriftliche Äußerung eines Zeugen
Orientierungssatz
Ein wirksames Vernehmungsersuchen der Behörde gegenüber dem Sozialgericht setzt nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB 10 voraus, dass der Zeuge die Aussage verweigert. In der bloßen Nichterstattung einer schriftlichen Äußerung liegt noch keine Aussageverweigerung. Lediglich bei der Weigerung der Aussage im Rahmen einer Vernehmung nach § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB 10 kann die Behörde das Sozialgericht ersuchen, die Vernehmung durchzuführen und dabei die Aussage des Zeugen herbeizuführen.
Normenkette
SGB X § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 22 Abs. 1 S. 1
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 28. April 2016 wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Beschwerdegegner dessen notwendige außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG), sie ist jedoch nicht begründet. Der Senat weist die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht diesbezüglich gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Gründe ab.
Auch das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren vermag nicht zu einer anderen Entscheidung zu führen. Ein wirksames Vernehmungsersuchen gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch (SGB X) setzt voraus, dass der Zeuge die Aussage verweigert. In der bloßen Nichterstattung einer schriftlichen Äußerung liegt indessen schon begrifflich keine Aussageverweigerung. Dies folgt u.a. bereits aus der Vorschrift des § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X. Hiernach kann die Behörde Zeugen vernehmen oder die schriftliche Äußerung von Zeugen einholen. Dies macht deutlich, dass der Gesetzgeber hier streng zwischen der Vernehmung des Zeugen auf der einen Seite und seiner bloßen schriftlichen Äußerung auf der anderen Seite unterscheidet. Lediglich bei der Verweigerung der Aussage im Rahmen einer Vernehmung kann die Behörde - das Sozialgericht - ersuchen, seinerseits die Vernehmung durchzuführen und dabei die Aussage des Zeugen herbeizuführen. Eine sonstige schriftliche Äußerung des Zeugen hingegen besitzt eine andere rechtliche Qualität, ihr Unterbleiben stellt nicht das Verweigern einer Aussage dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.
Fundstellen
Dokument-Index HI10161108 |