Tenor
Die Beschwerde der ersuchenden Behörde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 10.03.2022 wird zurückgewiesen.
Die ersuchende Behörde trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
Streitig ist ein Ersuchen auf Vernehmung des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. H. durch das SG Duisburg.
Am 13.08.2021 beantragte der im Wesentlichen unter einem Harnblasenkarzinom leidende Antragsteller die Feststellung eines GdB. Unter dem 17.08.2021 erbat die ersuchende Behörde von Dr. H. einen Befundbericht. Nachdem Erinnerungen vom 14.09.2021 und 12.10.2021 erfolglos geblieben waren, schaltete die ersuchende Behörde unter dem 10.11.2021 die Ärztekammer Nordrhein ein und übermittelte gleichzeitig ein Ersuchen auf Vernehmung von Dr. H. an das SG Duisburg. Auf eine Befundberichtsanforderung des SG hat Dr. H. ebenfalls nicht reagiert.
Durch Beschluss vom 10.03.2022 hat das SG den Antrag auf Vernehmung abgelehnt. Das Ersuchen sei bereits deshalb abzulehnen, weil Dr. H. als Zeuge die Aussage nicht verweigert, sondern lediglich auf eine schriftliche Befragung nicht geantwortet habe. Die ersuchende Behörde habe nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden gehabt, Dr. H. entweder zu einer Vernehmung zu laden oder von ihm eine schriftliche Äußerung einzuholen. § 22 SGB X ermächtige jedoch nicht dazu, jedwede Art von Ermittlungen, die in dem (nicht abschließenden) Katalog des § 21 Abs. 1 SGB X aufgeführt seien, durch Einschaltung des Gerichts zu erzwingen. Zunächst habe die Verwaltungsbehörde sämtliche ihr möglichen und zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts zu unternehmen. Hierzu gehöre auch und gerade, einen Arzt, der die von ihm geforderte schriftliche Auskunft nicht erteile, zunächst zu einer mündlichen Vernehmung zu laden. Dies sei hier jedoch nicht erfolgt. Offen bleiben könne, ob das Ersuchen auch deshalb abzulehnen sei, weil der Bericht für die Feststellung eines GdB nicht erforderlich sei. Ein solches Erfordernis werde von der ersuchenden Behörde, wie in ihren weiteren 31 Ersuchen, die der Kammer im Jahr 2021 zur Bearbeitung zugewiesen worden seien, lediglich behauptet, nicht aber begründet.
Gegen den ihr am 15.03.2022 zugestellten Beschluss hat die ersuchende Behörde am 07.04.2022 Beschwerde erhoben.
Obwohl sie - die ersuchende Behörde - bei dem Antragsteller zwischenzeitlich auch ohne den Bericht des Dr. H. einen GdB von 50 festgestellt habe, sei das Ersuchen aus ihrer Sicht nicht erledigt. Sofern der noch ausstehende Bericht des Dr. H. weitere Erkenntnisse zu Tage fördere, werde der GdB von Amts wegen korrigiert. Entgegen der vom SG vertretenen Auffassung bestehe keine behördliche Verpflichtung, einen Zeugen vor Übermittlung eines Vernehmungsersuchens zu einer mündlichen Anhörung zu laden. Dies insbesondere deshalb, weil - wie die Erfahrung zeige - nicht zu erwarten sei, dass Zeugen behördlichen Ladungen Folge leisteten. Auch wenn die erkennende Kammer des SG Duisburg im Jahr 2021 mit zahlreichen Vernehmungsersuchen konfrontiert gewesen sei, seien diese erforderlich, um eine bestmögliche Entscheidung im Sinne der Antragsteller treffen zu können.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat die Vernehmung des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. H. mit dem angefochtenen Beschluss zu Recht abgelehnt.
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB X kann eine Behörde je nach dem gegebenen Rechtsweg das für den Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Zeugen oder des Sachverständigen zuständige Sozial- oder Verwaltungsgericht um Vernehmung ersuchen, wenn ein Zeuge oder Sachverständiger in Fällen des § 21 Abs. 3 SGB X ohne Vorliegen eines der in §§ 376, 383 bis 385 und 408 ZPO bezeichneten Gründe die Aussage oder die Erstattung eines Gutachtens verweigert. Nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB X hat die Behörde im Ersuchen den Gegenstand der Vernehmung darzulegen sowie Namen und Anschrift der Beteiligten anzugeben.
Der Senat lässt offen, ob sich § 21 Abs. 3 Satz 1 SGB X mit der dort geregelten Pflicht zur Aussage ausschließlich auf die Vernehmung in einem (von der jeweiligen Behörde anberaumten) mündlichen Termin (so SG Neuruppin, Beschlüsse v. 28.04.2016 - S 35 SF 53/16 RH, juris Rn. 5 und v. 23.03.2016 - S 35 SF 37/16 RH, juris Rn. 5; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 30.07.2016 - L 13 SF 141/16 B, juris Rn. 2; Siefert, in: Schütze, SGB X, 9. Aufl. 2020, § 22, Rn. 3) oder auch auf die Einholung einer schriftlichen oder elektronischen Äußerung des Zeugen i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB X bezieht (so LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 20.11.2020 - L 1 SF 3593/20 RH, juris Rn. 11). Jedenfalls muss eine Behörde im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB X) vor einem Ersuchen auf Zeugenvernehmung durch das Gericht sämtliche ihr zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts - also zur Erlangung der Aussage oder Äußerung - unternommen haben. Das Vernehmungsersuchen stellt sich mithin als Ultima Ratio dar (vgl. Siefert, in: Schütze, SGB X, 9. Aufl. 2020, § 22, Rn. 3 ff.; Weber, in: BeckOK SozR, § 22 ...