Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines Rechtsanwalts im Verfahren der Prozesskostenhilfe. Statthaftigkeit der Beschwerde. Beschränkung der Beiordnung. Gerichtsort. Bezirk des Prozessgerichts
Orientierungssatz
1. Nach § 121 Abs. 3 ZPO kann ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Damit steht der Beiordnung eines Rechtsanwalts, der seinen Sitz im Bezirk des Sozialgerichts hat, die Bestimmung nicht entgegen.
2. Somit kommt eine Beschränkung der Beiordnung zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts nicht in Betracht.
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 16. Oktober 2009 geändert.
Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Cottbus mit Wirkung vom 20. April 2009 Prozesskostenhilfe ohne Bestimmung einer Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwältin F L, Sch Straße, E, beigeordnet.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Cottbus vom 16. Oktober 2009 ist zulässig.
Mit Beschluss vom 16. Oktober 2009 hat das SG dem Kläger für das Verfahren vor dem SG Cottbus Rechtsanwältin L im Wege der Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Bestimmung einer Ratenzahlung mit Wirkung vom 20. April 2009 zu den Bedingungen einer ortsansässigen Anwältin beigeordnet. Gegen den ihm am 19. Januar 2010 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 1. Februar 2010 bei dem SG Beschwerde gegen den Ausspruch der Beiordnung “zu den Bedingungen einer ortsansässigen Anwältin„ eingelegt.
Die innerhalb der Frist des § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegte Beschwerde ist gemäß § 172 Abs. 1 SGG zulässig und auch nicht durch § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung ausgeschlossen. Denn das SG hat nicht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH verneint, sondern PKH ohne Festsetzung von Raten bewilligt. Es fehlt somit bereits an der Eingangsvoraussetzung des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG.
Die Beschwerde ist auch begründet.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 114 ff Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen hat das SG bejaht und dementsprechend die beantragte PKH unter Beiordnung der Prozessbevollmächtigten (§ 121 Abs. 2 ZPO) bewilligt.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist allein die Frage der Zulässigkeit der Beschränkung der Beiordnung des Bevollmächtigten zu den Bedingungen eines am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts. Insoweit bestimmte § 121 Abs. 3 ZPO in der bis zum 31. Mai 2007 geltenden Fassung (Gesetz vom 5. Dezember 2005, BGBl. I 3202), dass ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden kann, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Bereits zu dieser Bestimmung wurde vertreten, dass diese auf die Sozialgerichtsbarkeit zwar nicht unmittelbar anwendbar sei, weil es keine Zulassung von Rechtsanwälten zu einem SG gebe; die entsprechende Anwendung von § 121 Abs. 3 ZPO auf das sozialgerichtliche Verfahren erlaube aber die Beiordnung eines Rechtsanwalts, der im Sozialgerichtsbezirk seinen Sitz habe, ohne Beschränkung auf die Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 29. September 2008, L 9 B 242/08 AS, mwN, juris).
Spätestens aber mit Inkrafttreten der Neuregelung des § 121 Abs. 3 ZPO zum 1. Juni 2007 (Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes vom 26. März 2007, BGBl. I 358) kommt eine Beschränkung der Beiordnung bei in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Bevollmächtigten nicht mehr in Betracht. § 121 Abs. 3 ZPO bestimmt jetzt, dass ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden kann, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Die Bestimmung sieht also eine Beschränkung der Beiordnung nur noch bei außerhalb des Prozessgerichtsbezirks niedergelassenen Rechtsanwälten vor. Für diese kommt eine Beiordnung nur in Betracht, wenn dadurch Mehrkosten nicht entstehen. Der Beiordnung eines Bevollmächtigten, der seinen Sitz in dem Bezirk des Prozessgerichts hat, steht die Bestimmung nicht entgegen (vgl. Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 10. Februar 2010, L 8 B 195/09 R PKH, juris; Hessisches LSG, Beschluss vom 29. September 2008, L 9 B 242/08 AS, aaO).
Hiernach kommt eine Beschränkung der Beiordnung “zu den Bedingungen einer ortsansässigen Anwältin„ nicht in Betracht, denn die Kanzlei der beigeordneten Rechtsanwältin in E liegt - wie auch der Wohnsitz des Klägers - im Landkreis Dahme-Spreewald, der zum Gerichtsbezirk des SG Cottbus gehört.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO.
Dies...