Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Sachverständigenvergütung. objektivierender Maßstab bei der Vergütungsfestsetzung im Zuständigkeitsbereich des LSG Berlin-Brandenburg. Kürzung der Vergütung. erforderliche Zeit. erhebliche Überschreitung der durchschnittlichen Vergütung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu dem objektivierenden Maßstab bei der Festsetzung der Vergütung eines medizinischen Sachverständigen im Zuständigkeitsbereich des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg.

2. Zu den Voraussetzungen einer Kürzung der geltend gemachten Vergütung bei erheblicher Überschreitung der durchschnittlich gewährten Vergütung.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. August 2009 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die am 20. Oktober 2009 eingelegte Beschwerde gegen den am 23. September 2009 abgesandten Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. August 2009, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Vermerk vom 11. Januar 2010), ist zulässig, aber unbegründet. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit ist über die Beschwerde nach der Übertragung durch den Einzelrichter (§ 4 Abs. 7 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz - JVEG -) in Senatsbesetzung zu entscheiden.

Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass das Land Berlin, Sozialgerichtsfiskus, auch in Beschwerdeverfahren allein Berlin betreffend von der Bezirksrevisorin bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg vertreten wird. Soweit der Senat die Auffassung vertreten hatte, dass die ein anderes Ergebnis nahe legende Fassung des § 7 Abs. 2 der Anordnung über die Vertretung des Landes Berlin im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Justiz vom 5. September 2003 (ABl. S. 3916) ab 1. Juli 2005 wegen der Zusammenlegung der Landessozialgerichte der Länder Berlin und Brandenburg wegen einer Regelungslücke auf die fragliche Fallgestaltung nicht mehr anwendbar war, ist diese Rechtsauffassung durch die Anordnung vom 20. September 2007 (ABl. S. 2641ff) überholt. Da nunmehr in § 4 als auch in § 7 Abs. 2 der Anordnung die Formulierung “in allen Rechtszügen„ entfallen ist, zeigt sich für den Senat ausreichend deutlich, dass die Vertretung durch den Bezirksrevisor des jeweils betroffenen Gerichts angeordnet wurde.

Zu Recht hat das Sozialgericht Berlin im angefochtenen Beschluss die Entschädigung des Antragstellers und Beschwerdeführers für das fachärztliche Gutachten auf dem Gebiet der internistischen Rheumatologie vom 2. Februar 2009 auf 2.947,25 € festgesetzt und den weiteren, auf eine Vergütung von 6.178,03 € gerichteten Antrag zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage der Vergütung sind die § 8 ff. JVEG. Das Honorar des Sachverständigen richtet sich nach §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 2 JVEG nach der erforderlichen Zeit. Maßstab der festzusetzenden Vergütung ist daher der Zeitaufwand eines Sachverständigen mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung und durchschnittlicher Arbeitsintensität (Allgemeine Meinung, vgl. z. B. Meyer/Höver/Bach, Die Vergütung und Entschädigung von Sachverständigen, Zeugen, Dritten und von ehrenamtlichen Richtern nach dem JVEG, Kommentar, 24. Auflage 2007 § 8 Rdnr. 8.48; Hartmann, Kostengesetze, 35. Auflage, JVEG, § 8, Rdnr. 35; Bundesgerichtshof - BGH - Beschluss vom 16. Dezember 2003, Az. X ZR 206/98; Landessozialgericht - LSG - Thüringen, Beschluss vom 20. Februar 2008, Az. L 6 B 186/07 SF, beide zitiert nach juris.de). Maßgeblich ist danach nicht die tatsächlich vom Sachverständigen aufgewandte Zeit. In Anwendung eines objektivierenden Maßstabes erfolgt die Festsetzung der Vergütung im Zuständigkeitsbereich des erkennenden LSG Berlin-Brandenburg nach ständiger Rechtssprechung nach folgenden Grundsätzen (vgl. z. B. Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 17. November 2005, Az. L 2 B 1007/05 SF und Beschluss vom 15. März 2007, Az. L 2 B 3/07 SF):

BY-EZAnfang1. Aktenstudium: 100 Blatt pro Stunde für mit medizinischen Befunden durchsetztes  Aktenmaterial

2. Untersuchung: Für die ambulante Untersuchung wird grundsätzlich der angegebene Zeitaufwand angesetzt, wobei zwei Stunden im Durchschnitt ausreichend sein dürften.

3. Anamnese und Wiedergabe der Befunde: Die Abfassung des Gutachtens für diesen Teil wird mit drei Seiten pro Stunde berücksichtigt.

4. Diskussion der Untersuchungsergebnisse und Beantwortung der Beweisfragen:

Für diese eigentliche Arbeit des Sachverständigen wird ein Zeitaufwand von zwei Seiten pro Stunde anerkannt.

5. Für Diktat und Durchsicht: Hier erscheinen fünf Seite pro Stunde angemessen.BY-EZEnde

Durch diese Art der objektivierten Vergütung wird sichergestellt, dass sich der im Gutachten niederschlagende Zeitaufwand, gemessen am Grundsatz der Erforderlichkeit, in der Vergütung spiegelt.

Trotz dieser objektivierten Vergütungsberechnung ist in Einzelfällen anerkannt, dass eine Plausibilitätsprüfung und in der Folge ggf. eine Kürzung zu erfolgen hat, wenn eine erhebliche Überschreitung der durchschnittlich gewährten Vergütung für vergleich...

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