Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeldanspruch. Fortdauer einer bereits festgestellten Arbeitsunfähigkeit. Fristablauf der bisherigen Attestierung. Fortbestehen der Mitgliedschaft
Orientierungssatz
1. § 46 S 1 Nr 2 SGB 5 gilt nicht, wenn es um die Fortdauer einer bereits festgestellten Arbeitsunfähigkeit geht und der Versicherte alles in seinem Verantwortungsbereich unternommen hat, um eine rechtzeitige Verlängerung seiner Krankschreibung zu erreichen. Endet der Arbeitsunfähigkeitszeitraum in solchen Fällen an einem Samstag, reicht es aus, wenn der Versicherte sich am darauf folgenden Montag zu einem Arzt begibt und dieser die weitere Arbeitsunfähigkeit bestätigt.
2. Die Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB 5 ist gegenüber einer Mitgliedschaft nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB 5 subsidiär, jedenfalls dann, wenn die ursprüngliche durch § 192 SGB 5 aufrechterhaltene Mitgliedschaft gegenüber § 5 Abs 1 Nr 11 SGB 5 vorrangig war, wie dies für die Mitgliedschaft nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB 5 zutrifft (§ 5 Abs 8 SGB 5) (vgl BSG vom 11.10.2001 - B 12 KR 11/01 R = SozR 3-2400 § 26 Nr 13).
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Februar 2005 sowie die Bescheide der Beklagten vom 11. Juni 2003 und 11. Juli 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2003 werden aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Krankengeld für die Zeit vom 1. Juni 2003 bis 5. Dezember 2003 zu gewähren.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Im Streit zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Krankengeld an den Kläger für die Zeit ab 1.6. 2003.
Der 1958 geborene Kläger war in dem Zeitraum vom 1. 7. 2002 bis 31. 5. 2003 als Arbeitnehmer bei dem Pflegedienst GmbH versicherungspflichtig beschäftigt. Er war in dieser Zeit Mitglied bei der Beklagten.
Seit dem 01. 03. 1997 bezieht der Kläger eine Rente wegen Berufsunfähigkeit von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA, jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund).
Der Kläger leidet seit Jahren an Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule. In den Unterlagen der Beklagten findet sich im Jahre 2001 eine Arbeitsunfähigkeit wegen Bandscheibenverlagerung, im Jahr 2002 wegen Radikulopathie und auch im Jahr 2003 wurde vom 04. 04. 2003 bis 18. 04.2003 Arbeitsunfähigkeit wegen Radikulopathie und Zervikalneuralgie durch die Ärzte S bzw. H attestiert. Ein Bericht vom 16. 08. 2002 über eine durchgeführte Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule, der sich ebenfalls in den Akten der Beklagten befindet, spricht davon, dass bei LWK 3/4 ein flacher medialer Bandscheibenvorfall vorgefunden wurde und dass zusätzlich der Spinalkanal hier verengt sei auf einen Durchmesser von unter einem Zentimeter.
Vom 22. 04. 2003 bis 31. 05. 2003 wurde die Arbeitsunfähigkeit durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H bescheinigt. Als Diagnosen wurden Somatisierungsstörungen und Radikulopathie genannt. Bei einer am 23. 05. 2003 auf Veranlassung des Arbeitgebers durchgeführten Kurz-Untersuchung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) wurde Arbeitsunfähigkeit wegen Lumboischialgie links und rez. leichter depressiver Episode bestätigt.
Entgeltfortzahlung wurde dem Kläger bis 31. 05. 2003 gewährt. Dabei beruhte dies auf der Mitteilung der Beklagten an den Arbeitgeber, es handele sich bei der Erkrankung ab 22. 04. 03 um eine neue Erkrankung.
Nach den Angaben des Klägers bemühte er sich am 30.05.2003, einem Freitag, bei Dr. H um einen neuen Termin, um die Krankschreibung verlängern zu lassen. Es konnte ihm jedoch ein zeitnaher Termin nicht gegeben werden. Am Montag, dem 2. Juni 2003 suchte der Kläger den Neurologen und Psychiater S auf, der den Kläger rückwirkend ab 01. Juni 2003 krankschrieb. Als Diagnose gab der Arzt Spinalkanalstenose an. Die Folgebescheinigungen dieses Arztes bestätigten Arbeitsunfähigkeit des Klägers bis einschließlich 05. Dezember 2003.
Am 04. 06. 03 ging bei der Beklagten eine Kopie der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch den Arzt S vom 02. 06. 03 ein. Am 06. 06. 03 schilderte der Kläger der Dipl. Psychologin E in einem von der Beklagten anberaumten Beratungsgespräch sein Leiden und machte darauf aufmerksam, dass im Vordergrund die Beschwerden seitens des Rückens gestanden hätten und auch jetzt noch stünden.
Mit Schreiben vom 11. 06. 03 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sein behandelnder Arzt Dr. habe im Anschluss an die Untersuchung durch den MDK bestätigt, dass die Arbeitsunfähigkeit definitiv mit dem 31. 05. 03 beendet sei. Damit entfalle die Zahlung von Krankengeld, da bis 02.06. Anspruch auf Entgeltzahlung durch den Arbeitgeber bestanden habe.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 17. 06. 03, eingegangen bei der Beklagten am 19. 06. 03, und verwies darauf, dass das Arbeitsverhältnis zum 31. 05. 03 beendet worden sei. Dem Schreiben beigefügt war die Arbeitsunfähigke...