Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Klage gegen eine Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 SGB 12. unvorhersehbare wesentliche Veränderung iS des § 77 Abs 3 S 1 SGB 12. Pachterhöhung. Festsetzung der Investitionskostenvergütung. "externer Vergleich"

 

Leitsatz (amtlich)

1. In der Erhöhung der Pacht liegt keine unvorhersehbare wesentliche Veränderung im Sinne des § 77 Abs 3 SGB XII, wenn im Pachtvertrag eine Wertsicherungsklausel vereinbart wurde und auf Grund dieser die Pacht erhöht wird.

2. Bei der Festlegung der Investitionskostenvergütung ist nicht allein auf die Gestehungskosten abzustellen.

3. Die Schiedsstelle ist berechtigt, einen "externen Vergleich" vorzunehmen.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine Entscheidung der Schiedsstelle, die die Investitionskosten für die Pflegeeinrichtung Haus C in N für die Zeit ab dem 1. Februar 2013 auf 18,16 Euro je Berechnungstag festgelegt hat, statt, wie begehrt, auf 20,29 Euro je Berechnungstag (18,19 Euro/Tag im Doppelzimmer und 21,19 Euro/Tag im Einzelzimmer).

Die Klägerin, die ihren Sitz in B hat, betreibt die - nicht öffentlich geförderte - Pflegeeinrichtung KDNHC (im Folgenden: die Einrichtung) in N (Landkreis Esslingen). Die Einrichtung verfügt über 120 Plätze für vollstationäre Pflege, hiervon eingestreute Kurzzeitpflege: 8. Die Einrichtung hat zum 1. November 2001 ihren Betrieb aufgenommen. Die Klägerin hatte Grundstück und Gebäude zunächst von der K GmbH gepachtet, inzwischen gehört die Anlage der F GmbH & Co. KG in L. Laut deren Internetauftritt besteht ihre Tätigkeit im Halten und Verwalten von Beteiligungen an Seniorenheimen. Die Klägerin ist in den vorher mit der H GmbH (die von der Klägerin zum 1. Januar 2005 übernommen worden war) geschlossenen Pachtvertrag eingetreten. Das gepachtete Grundstück hat laut Pachtvertrag eine Fläche von ca. 2.750 m2, wobei die Hauptnutzflächen (Bewohnerzimmer inklusive Nasszellen, Aufenthaltsbereiche, Therapieräume, Pflegebäder, Dienstzimmer) 5.436,22 m2 beträgt, die Fläche pro Platz beträgt 45,3 m2. Die H GmbH zahlte gemäß § 5 - 2. des Pachtvertrages einen Organisationszuschuss in Höhe von 676.650 DM (345.965,65 Euro), der Pachtzins (§ 8 des Pachtvertrages) wurde auf 112.775 DM (57.660,94 Euro) monatlich festgelegt und setzte sich wie folgt zusammen: 347 Tage mal 120 Betten mal 32,50 DM (= 16,62 Euro) Bettenpreis geteilt durch 12 Monate. Der Pachtzins wurde zum 1. Juli 2007 auf 61.589,38 Euro monatlich erhöht.

Am 31. Oktober 2001 bzw. 1. November 2001 schlossen der Landeswohlfahrtsverband Württemberg Hohenzollern und die H GmbH für die Einrichtung eine Vereinbarung über die betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen für die Zeit ab dem 1. November 2001. Es wurde festgelegt, dass betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen in Höhe von täglich 29,47 DM (15,07 Euro) abgerechnet werden konnten. Mit Vereinbarung vom 4. März 2008 wurden die Investitionskosten für die Zeit ab dem 1. April 2008 auf 17 Euro pro Tag festgelegt. § 3 Satz 2 der Vereinbarung lautet: “Die Vereinbarung ist frühestens kündbar zum 31. 03. 2011„.

Mit Schreiben vom 18. Juli 2012 forderte die Klägerin den Beklagten zum Abschluss einer Vereinbarung nach § 75 Sozialgesetzbuch/Zwölftes Buch (SGB XII) ab dem 1. September 2012 für die Einrichtung auf. Die bisherige Vereinbarung über 17 Euro Pflege täglich befinde sich seit dem 1. April 2011 in der Nachwirkung. Es wurde eine Kalkulation zum Abschluss einer Vereinbarung vorgelegt, die einen Tagesbetrag der gesondert berechenbaren Aufwendungen in Höhe von 19,89 Euro vorsah, davon 17,79 Euro im Doppelzimmer und 20,79 Euro im Einzelzimmer. Sie legte eine Rechnung der Firma S über 454,74 Euro für einen Feuerwehranschluss und eine der Firma R über monatlich 208,81 Euro für ein Multifunktionsgerät vor.

Mit E-Mail vom 1. August 2012 teilte der Beklagte, vertreten durch den Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS), der Klägerin mit, dass ein Antrag auf Neukalkulation eine Erhöhung der Investitionsvergütung beinhalte. § 76 Abs. 2 Satz 4 SGB XII regele, dass einer verlangten Erhöhung der Vergütung aufgrund von Investitionsmaßnahmen der Träger der Sozialhilfe nur zuzustimmen brauche, wenn er der Maßnahme zuvor zugestimmt habe. Der Beklagte bat zur weiteren Prüfung des Antrages um Vorlage der dem Antrag zugrunde liegenden schriftlichen vorherigen Zustimmung des zuständigen Sozialhilfeträgers Landkreis Esslingen zu den getätigten Investitionsmaßnahmen.

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2012 widersprach die Klägerin der Auffassung des Beklagten, dass eine Neuverhandlung nur bei neuen Investitionen und deren vorheriger Zustimmung durch den entsprechenden Sozialhilfeträger zulässig sei. Zuletzt sei mit Wirkung ab dem 1. April 2008 eine Vereinbarung über die Investitionskosten über einen pflegetäglichen Betrag von 17 Euro getroffen worden. Schon seinerzeit habe es sich um einen Kompromis...

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