Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung einer Dienstbeschädigungsausgleichsrente aufgrund einer bei der Nationalen Volksarmee der ehemaligen DDR erlittenen Schädigung auf eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Die Vorschrift des § 93 SGB 6 lässt sich angesichts ihres eindeutigen Wortlauts nicht dahingehend auslegen, dass eine Anrechnung der wegen der Folgen eines im Rahmen des NVA-Dienstes erlittenen Unfalls gewährten Verletztenrente unterbleibt.

2. Die Anrechnung der Verletztenrente ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken bestehen weder im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz noch auf die Eigentumsgarantie noch in rechtsstaatlicher Hinsicht (vgl BSG vom 31.3.1998 - B 4 RA 49/96 R = BSGE 82, 83 = SozR 3-2600 § 93 Nr 7).

3. Verfassungsrechtlich ist hierbei auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf die Verletztenrente eine Kürzung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vorsieht und nicht umgekehrt der Verletztenrente (vgl BSG vom 27.8.2009 - B 13 R 14/09 R = BSGE 104, 108 = SozR 4-2600 § 93 Nr 13).

4. Die in § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB 6 iVm § 84a BVG geregelte Differenzierung der Höhe des Freibetrags nach dem Wohnsitz oder ständigen Aufenthaltsort in den alten oder neuen Bundesländern ist verfassungsgemäß und verstößt insbesondere weder gegen Art 3 Abs 1 GG noch gegen Art 14 Abs 1 GG (Anschluss an BSG vom 13.11.2008 - B 13 R 129/08 R = BSGE 102, 36 = SozR 4-2600 § 93 Nr 12 sowie vom 23.10.2013 - B 5 RS 6/12 R und B 5 RS 25/12 R).

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Auslagen sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer höheren Altersrente ohne Anrechnung der von ihm bezogenen Verletztenrente.

Der 1941 geborene Kläger erlitt während seines Dienstes bei der Nationalen Volksarmee (NVA) vom 01. August 1961 (vgl. Beurteilung der NVA vom 02. Juli 1962) bis zum 25. Mai 1962 (vgl. Entlassungsschein der NVA vom 25. Mai 1962) am 02. November 1961 eine Schädelfraktur mit schwerer Gehirnerschütterung. Dieser Gesundheitsschaden wurde mit Bescheinigung der NVA vom 26. April 1962 als Dienstbeschädigung und als entschädigungspflichtig im Sinne der Sozialversicherung anerkannt. Wegen der Folgen des erlittenen Unfalls erhielt er von der Sozialversicherung der DDR eine Unfallteilrente zunächst nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 vom Hundert (v.H.) im ersten Jahr, von 30 v.H. im zweiten Jahr und von 20 v.H. ab dem dritten Jahr. Diese wurde nach den Vorgaben des Einigungsvertrags (EV) in die gesetzliche Unfallversicherung überführt und als Verletztenrente weitergeleistet, und zwar ab dem 01. Juli 2003 in Höhe von 215,78 € monatlich (vgl. Auskunft der Verwaltungsberufsgenossenschaft ≪VBG≫ vom 17. Januar 2006).

Der Kläger holte vor Beginn des eigentlichen Rentenverfahrens bei der Beklagten eine Auskunft vom 15. November 2005 ein, in welcher es u.a. heißt: “Ihr Dienstbeschädigungsausgleich steht einer Verletztenrente nicht gleich.„

Der Kläger stellte am 18. November 2005 einen Antrag auf Versichertenrente. Die Beklagte gewährte dem Kläger nach Einholung der Auskunft der VBG vom 17. Januar 2006 mit Bescheid vom 06. März 2006 für die Zeit ab dem 01. Mai 2006 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Hierbei rechnete sie (vgl. Anlage 1 und 7) die Verletztenrente von 215,78 € nach Abzug von 2/3 der Mindestgrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) in Höhe von 146,45 € an.

Der Kläger erhob mit Schreiben vom 10. März 2006 Widerspruch und wandte sich u.a. gegen die Anrechnung der Verletztenrente.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2006 als unbegründet zurück. Die Anrechnung einer Verletztenrente sei gesetzlich vorgesehen. Ein Anspruch auf Dienstbeschädigungsausgleich bestehe nicht.

Der Kläger hat mit der am 19. Oktober 2006 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage sein Begehren weiterverfolgt, ihm die Unfallteilrente als Dienstbeschädigungsausgleich anzuerkennen bzw. als solchen zu behandeln, die Altersrente neu zu berechnen und hiernach ausstehende Beträge nachzuzahlen. Soweit seine Verletztenrente bei der Rentenberechnung nicht wie ein Dienstbeschädigungsausgleich anrechnungsfrei bleibe, liege eine grundrechtswidrige und gegen den rechtsstaatlichen Vertrauensgrundsatz verstoßende Ungleichbehandlung vor. Davon abgesehen sei die Absenkung nach dem BVG verfassungswidrig. Insbesondere liege gegenüber denjenigen NVA-Soldaten eine Ungleichbehandlung vor, die aufgrund der Versorgungsordnung ab 1968 Dienstbeschädigungsrenten bekämen.

Ab dem 01. Juli 2011 rechnete die Beklagte bei der Rentengewährung von der zuletzt in Höhe von 228,99 € bezogenen Verletztenrente nach Abzug von 2/3 der Mindestgrundrente nach dem BVG 146,32 € an.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21. Februar 201...

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