Entscheidungsstichwort (Thema)
BK 2108. bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS. bisegmentaler Schaden. korrelierendes Beschwerdebild. Konsensempfehlungen. Konstellation B2/B4. Gesetzliche Unfallversicherung: Anerkennung einer Berufskrankheit. Voraussetzung der Anerkennung eines Wirbelsäulenschadens als Berufskrankheit
Orientierungssatz
1. Ein Bandscheibenschaden kann jedenfalls dann als Berufskrankheit anerkannt werden, wenn eine gesicherte bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vorliegt, die sich als altersuntypisch darstellt und für die eine zeitliche Korrelation zu einer beruflichen Belastung gegeben ist, für die zudem wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren neben einer nachgewiesenen beruflichen Belastungen nicht bestehen und die zu einer vollständigen Aufgabe der bisher ausgeübten Tätigkeit zwingt.
2. Soweit die Konsensempfehlungen zur Bewertung des Zusammenhangs eines Bandscheibenschadens mit einer beruflichen Belastung von der Betroffenheit mehrerer Bandscheiben ausgehen, sind damit mindestens zwei, nicht mindestens drei Bandscheiben gemeint.
3. Einzelfall zur Annahme eines berufsbedingt entstandenen Bandscheibenschadens.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. September 2007 geändert. Es wird festgestellt, dass bei dem Kläger eine BK 2108 der Anlage 1 zur BKV vorliegt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Berufung wird im Übrigen zurückgewiesen.
Die Beklagte erstattet dem Kläger zwei Drittel der Kosten des gesamten Rechtsstreits.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Feststellung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können - (BK 2108) sowie die Gewährung von Verletztenrente.
Der 1953 geborene Kläger erlernte vom 01. September 1970 bis zum 30. Juni 1972 den Beruf des Baufacharbeiters beim VE W B (VEB W). Anschließend war er nach den Eintragungen im Sozialversicherungsausweis (SVA) sowie nach eigenen Angaben und Bestätigungen der Krankenkassen mit Unterbrechung durch den Grundwehrdienst vom 03. Mai 1973 bis zum 30. Oktober 1974 sowie Zeiten der Arbeitslosigkeit wie folgt beschäftigt:
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01. Juli 1972 bis 02. Mai 1973 |
Baufacharbeiter beim VEB W |
13. November 1974 bis 11. September 1975 |
Baufacharbeiter beim VEB W |
15. September 1975 bis 31. Dezember 1989 |
Maurer beim Ministerium des Innern der DDR |
01. Januar 1990 bis 31. März 1990 |
Maurer beim VEB G B |
01. April 1990 bis 30. Juni 1990 |
Maurer beim VEB B H |
02. Juli 1990 bis 26. April 1991 |
Beton-, Bohr-, Sägemonteur bei der Firma D Betonspezialabbruch |
29. April 1991 bis 31. August 2002 |
Beton-, Bohr-, Sägemonteur bei der Firma B Betondemontagetechnik GmbH |
Januar 2003 bis Dezember 2007 |
Führer eines Begleitfahrzeugs für Schwertransporte bei der Fa. P |
Seit Januar 2008 |
Führer eines Begleitfahrzeugs für Schwertransporte bei der Fa. N GmbH Schwertransportservice |
Ab dem 15. März 2000 bis zum 30. September 2001 war der Kläger u. a. wegen Lumboischialgie rechts arbeitsunfähig erkrankt. Am 29. April 2002 erhielt er die Kündigung zum 31. August 2002.
Vom 09. Dezember bis zum 20. Dezember 1991 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung im Universitätsklinikum S. Der Kläger berichtete dort über seit 14 Tagen bestehende Lumbalgien und eine seit 12 Tagen bestehende Schmerzausstrahlung in das linke Bein, dem Dermatom L5 bis zum Fußrücken folgend. Ein mitgebrachtes ambulant gefertigtes Computertomogramm (CT) der Lendenwirbelsäule (LWS) zeigte einen ausgeprägten Bandscheibenvorfall bei L4/5 links-paramedian (vgl. den Entlassungsbericht des Universitätsklinikums S vom 20./27. Dezember 1991). Am 10. Dezember 1991 erfolgte die interlaminäre Fensterung in Höhe L4/5 von links mit Entfernung eines subligamentären Sequesters und Ausräumung des Zwischenwirbelraums. Nach der Operation waren die Beschwerden stark rückläufig. Im März 2000 kam es zu verstärkten Rückenschmerzen unter Belastung mit Muskelverhärtungen der Rückenmuskulatur, Druckschmerz über dem rechten Iliosakralgelenk und einer Bewegungseinschränkung der LWS ohne neurologische Ausfälle (Befundbericht der Allgemeinmedizinerin Dr. G vom 23. Juni 2000). Ein CT der LWS vom 19. April 2000 zeigte in Höhe L4/5 eine hochgradige Chondrose mit kleinem umschriebenem dorsomedianem Bandscheibenvorfall und in Höhe L5/S1 eine Chondrose ohne Nachweis einer Bandscheibenvorwölbung oder eines Bandscheibenvorfalls (Befund vom 04. Mai 2000).
Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom 19. Mai 2000 an die Beklagte in Gestalt der damaligen Bau-BG und meldete einen Verdacht auf Bestehen einer BK der Wirbelsäule. Die Beklagte zog die beim Universitätsklinikum S archivierten Be...