Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Beitragsrecht. Rechtmäßigkeit eines Veranlagungsbescheides. Gefahrtarif. Gewerbezweigprinzip. keine gesonderte Gefahrklasse. Beherbergungsbetrieb. Low-Budget-Hotel. Bürobereich. Hausleiter und Rezeptionspersonal

 

Orientierungssatz

1. Ein gesetzlicher Unfallversicherungsträger ist nicht verpflichtet, bei der Bildung von Gefahrklassen nach dem Gewerbezweigprinzip für Gaststätten und Beherbergungsbetriebe eine gesonderte Gefahrenklasse für sog Low-Budget-Hotels (hier: Beherbergungsunternehmen ohne Nahrungszubereitung, Reinigung und Wäscherei) zu bilden.

2. Die Zuordnung einer Tätigkeit eines Hausleiters oder des Rezeptionspersonals zum Gefahrtarif Büro in der gesetzlichen Unfallversicherung kommt bei einem Beherbergungsbetrieb nur für solche Betätigungen in Frage, die in räumlich vom übrigen Bereich abgegrenzten Büros stattfinden und tatsächlich ausschließlich interne Verwaltungsaufgaben umfassen.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. August 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Beitragsbescheide für die Jahre 2006 und 2007, denen der bestandskräftige Veranlagungsbescheid vom 20. August 2005 zugrunde liegt, sowie über die Veranlagung der Klägerin zu den Gefahrtarifen der Beklagten ab 1. Januar 2008 (gültig bis 31. Dezember 2013).

Mit Tätigkeitsbeginn 1. Juni 2004 hatte die Klägerin mit Betriebsstätte K Straße in B einen Beherbergungsbetrieb mit Schank- und Speisewirtschaft mit der besonderen Betriebsart Backpacker Hotel als Gewerbe angemeldet. Sie bezeichnet ihr Hotel, das sie seit Juni 2010 zusätzlich an dem Standort L Straße in B betreibt, als sog. Low-Budget-Hotel.

Mit Bescheid vom 29. Oktober 2004 stellte die Beklagte ihre Zuständigkeit fest.

Mit bestandskräftigem Veranlagungsbescheid vom 20. August 2005 veranlagte die Beklagte die Klägerin zu der Gefahrtarifstelle 3 (Gewerbezweig: Gaststätten, Beherbergungsunternehmen) mit der Gefahrklasse 4,5 und der Gefahrtarifstelle 18 (Gewerbezweig: Bürobereiche) mit der Gefahrklasse 0,8.

Mit Bescheid vom 4. April 2007 erhob die Beklagte von der Klägerin den Beitrag zur Eigenumlage für das Jahr 2006 nach einem geschätzten Arbeitsentgelt der Arbeitnehmer in Höhe von 224.400,00 Euro und unter Berücksichtigung der Gefahrklasse 4,5 mit einem Beitragsnachlass von 7 %.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit der Begründung, der Leiter ihres Hotels und Hostels M habe ein separates Büro, in dem er keiner Gefahrenquelle ausgesetzt sei, Widerspruch ein. Sie bitte daher um Einstufung des entsprechenden Arbeitsentgelts in den Bürobereich.

Daraufhin überprüfte die Beklagte für den Zeitraum 2004 bis 2006 das beitragspflichtige Arbeitsentgelt im Betrieb der Klägerin sowie die Veranlagung und die Zuordnung zu den Gefahrklassen. In der Verfügung zum Prüfbericht vom 26. Juni 2007 findet sich die Bemerkung, dass für das Jahr 2004 ein relativ hoher Büroanteil bestehe, da die Verwaltung (Marketing, Buchhaltung, Verkauf) noch im Betrieb integriert gewesen sei. Ab 2005 seien diese Personen im Rahmen einer Holding ausgelagert worden. Für das Jahr 2006 ergaben sich Arbeitsentgelte in Höhe von 190.900,00 Euro in der Gefahrklasse 4,5. Die Voraussetzungen für eine gesonderte Veranlagung eines Bürobereichs wurden nicht festgestellt.

In den Beitragsbescheiden für das Jahr 2006 vom 9. November 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11. November 2010 und für das Jahr 2007 vom 3. April 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11. November 2010 ordnete die Beklagte sämtliche Arbeitsentgelte der Klägerin der Gefahrklasse 4,5 zu und gewährte wegen geringer Eigenbelastung einen Beitragsnachlass von 6 bzw. 7 %.

Mit Bescheid vom 22. März 2008 veranlagte die Beklagte die Klägerin nach ihrem seit dem 1. Januar 2008 gültigen Gefahrtarif zur Gefahrtarifstelle 3, Gewerbegruppe 16, Gewerbezweig Gaststätten, Beherbergungsunternehmen mit der Gefahrklasse 3,7. Mit Bescheid vom 9. November 2010 wiederholte die Beklagte die bereits mit Bescheid vom 22. März 2008 getroffene Veranlagung nach der mitgeteilten Betriebserweiterung.

Den Widerspruch der Klägerin gegen die Beitragsbescheide für die Jahre 2006 und 2007 und die Veranlagung ab Januar 2008 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2010 zurück.

Die hiergegen erhobene Klage, gerichtet auf Kassation der Beitragsbescheide für die Jahre 2006 und 2007 sowie der Veranlagungsbescheide ab Januar 2008, hilfsweise auf Veranlagung zu einem gesonderten Gewerbezweig mit Gefahrklasse 1,0, hilfsweise auf Gewährung eines Beitragsnachlasses von 10% hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 14. August 2014 abgewiesen.

Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, die Klägerin könne nicht die vollständige Zuordnung zu der für die Bürobereiche geltenden Gefahrtarifstelle verlangen. Insoweit bedürfe es keiner weiteren Erörterung,...

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