Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflegungsmehraufwand, der nicht zusätzlich zum Arbeitsentgelt gewährt wird, ist beitragspflichtig
Orientierungssatz
1. Verpflegungsmehraufwand (hier in einem Personenbeförderungsunternehmen) ist nur dann nach §§ 14 Abs. 1 und 17 SGB 4, §§ 1 und 2 ArEV nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen und nicht beitragspflichtig, wenn er zusätzlich zum Arbeitsentgelt gewährt wird. Das ist nicht der Fall, wenn er nach dem Arbeitsvertrag vom vereinbarten Gehalt abgezogen wird.
2. § 1 ArEV verstößt , soweit dort die Zurechnung von Einnahmen zum Einkommen von der Zusätzlichkeit abhängig gemacht wird, nicht gegen höherrangiges Recht, da bereits die Ermächtigungsnorm des § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB 4 das Erfordernis der Zusätzlichkeit enthält.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. September 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Beitragsnachforderung für einen Verpflegungsmehraufwand.
Der Kläger betreibt ein Personenbeförderungsunternehmen mit mehreren Beschäftigten. Die zwischen dem Kläger und diesen Beschäftigten bestehenden Arbeitsverträge änderten die Vertragsparteien durch eine im Oktober 1996 geschlossene Vereinbarung ab. Danach waren sich die Vertragsparteien darüber einig, dass der Arbeitsvertrag hinsichtlich des Gehaltes geändert werde. Der Verpflegungsmehraufwand für Abwesenheit zwischen 8 und 14 Stunden pro Tag werde mit 10,00 DM abgerechnet und vom im Arbeitsvertrag vereinbarten Gehalt abgezogen. Das sich nach Abzug ergebende Gehalt sei das Bruttogehalt in der Gehaltsabrechnung des Arbeitnehmers. Für den danach errechneten Abzugsbetrag führte der Kläger keine Sozialversicherungsbeträge ab.
Die Beklagte führte 2002 beim Kläger eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2001 durch. Sie sah in den Vereinbarungen vom Oktober 1996 eine unzulässige Gehaltsumwandlung und forderte für die Beschäftigten des Klägers mit Bescheid vom 18. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2003 für Zahlungen für “Verpflegungsmehraufwand/Kraftfahrer„ im Prüfungszeitraum Beiträge zu allen Zweigen der Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 66.517,33 € nach. Zuwendungen wegen eines Verpflegungsmehraufwandes seien nur dann beitragsfrei, wenn es sich um Zahlungen des Arbeitgebers handele, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht würden. Würden solche Leistungen hingegen an Stelle des geschuldeten Arbeitslohnes gezahlt, wie dies hier der Fall sei, so handele es sich nicht um eine zusätzliche Leistung, da der Bruttolohn des Arbeitnehmers im Ergebnis unverändert bleibe. Der nach einer solchen Gehaltsumwandlung als Zuschuss bezeichnete Teil des Arbeitslohnes sei deshalb beitragspflichtig.
Die hiergegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 30. September 2003 mit der Begründung abgewiesen, dass die vom Kläger angesetzten Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand weder nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch/Viertes Buch (SGB IV) noch nach § 1 Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) von der Beitragspflicht ausgenommen seien. Zu den in § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten steuerfreien Aufwandsentschädigungen gehörten nur solche Zahlungen, die im Einkommensteuergesetz ausdrücklich als solche bezeichnet seien. Andere Entschädigungen für berufliche Aufwendungen - wie der Verpflegungsmehraufwand - würden von dieser Vorschrift nicht erfasst. Nach § 1 ArEV sei ein Zuschuss des Arbeitgebers nur dann beitragsfrei, wenn es sich um eine erkennbare und im Voraus feststehende Leistung neben dem geschuldeten Lohn handele und sie nicht - wie hier - eindeutig anstatt des geschuldeten Lohns vereinbart sei.
Gegen das ihm am 6. November 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. Dezember 2003 Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, dass der zwischen ihm und seinen Beschäftigten vereinbarte Pauschbetrag für Verpflegungsmehraufwand beitragsfrei sei. Dies entspreche der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zur Steuerfreiheit entsprechender Vereinbarungen, die nach § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB IV auch im Sozialversicherungsrecht Berücksichtigung finden müsse. Soweit dem § 1 ArEV entgegenstehe, weil er über die Regelungen des Steuerrechts hinaus eine “Zusätzlichkeit„ der Leistung des Arbeitgebers zum Arbeitslohn als Tatbestandsvoraussetzung fordere, sei diese Vorschrift nichtig, da sie gegen höherrangiges Recht verstoße.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. September 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für rechtmäßig.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bez...