Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung erstatteter Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung. Fremdgeschäftsführer einer GmbH. Begriff des Arbeitnehmers. arbeitsrechtliche Einordnung. vom BSG entwickelte Kriterien für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von GmbH-Geschäftsführern nicht von Relevanz
Leitsatz (amtlich)
1. Der Begriff des Arbeitnehmers im AAG (juris: AufAG) wird nach den Grundsätzen des Arbeitsrechts bestimmt.
2. Der Fremdgeschäftsführer einer GmbH ist grundsätzlich kein Arbeitnehmer iSd AAG.
3. Auf die vom Bundessozialgericht für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von GmbH-Geschäftsführern entwickelten Kriterien kommt es im Rahmen der arbeitsrechtlichen Einordnung des Geschäftsführers nicht an.
4.Erstattungsleistungen nach § 1 AAG sind unabhängig davon zurückzufordern, ob einer der in § 4 Abs 2 S 1 AAG ausdrücklich aufgeführten Fälle vorliegt.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Januar 2023 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rückforderung erstatteter Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (U1-Verfahren) an den Geschäftsführer der Klägerin.
Die Klägerin ist eine im Jahr 2017 errichtete GmbH mit Sitz in B. Alleinige Gesellschafterin ist Frau N Ö. Gegenstand des Unternehmens sind der Garten- und Landschaftsbau, Winterdienst und die Erbringung von Bauleistungen aller Art.
Zum alleinigen Geschäftsführer der Klägerin ist Herr R Ö bestellt. Er ist nach Ziffer IV des Gesellschaftsvertrags vom 14. März 2017 von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit und berechtigt, die Gesellschaft allein zu vertreten. Der mit Herrn Ö am 4. Mai 2017 geschlossene Geschäftsführervertrag enthält folgende Regelungen:
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§ 1 Bestellung zum Geschäftsführer, Dienstaufgaben, Ort der Tätigkeit |
(1) Der Geschäftsführer wurde durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 14.03.2017 mit Wirkung zum 23.05.2017 zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. Dieser Vertrag regelt allein die dienstvertraglichen Beziehungen zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer. |
(2) Der Geschäftsführer führt die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrags sowie der Weisungen der Gesellschafterversammlung. Er arbeitet in der Anfangsphase auch vor Ort mit und betreut als Bauleiter die Projekte. |
(3) Der Geschäftsführer übt seine Tätigkeit in erster Linie in B aus. Soweit es die Erfüllung seiner Aufgaben erfordert oder falls entsprechende Weisungen der Gesellschafterversammlung vorliegen, verpflichtet sich der Geschäftsführer dazu, vorübergehend oder auch dauerhaft an anderen Orten, auch im Ausland, tätig [zu] sein. |
(4) Zustimmungsbedürftige Geschäfte / Keine Befreiung von § 181 BGB |
4.1 Die Befugnis zur Geschäftsführung umfasst die Vornahme aller Maßnahmen im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes der Gesellschaft. |
4.2 Zur Vornahme von Rechtsgeschäften, welche über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen, bedarf es stets der vorherigen Zustimmung des Gesellschafters. |
- Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken; |
- Aufnahme neuer und Aufgabe bestehender Geschäftszweige; |
- Errichtung und Aufhebung von Zweigniederlassungen und Zweigbetrieben; |
- Erwerb und Veräußerung von Betrieben und dauernden Beteiligungen; |
- Abschluss, Änderung und Aufhebung von Betriebsüberlassungsverträgen und Ergebnisübernahmeverträgen; |
- Aufnahme und Rückzahlung von Krediten; |
- Vereinbarung von Kreditlinien für Kontokorrent- und Wechselkredite sowie Änderungen einer solchen Vereinbarung; |
- Gewährung von Krediten; |
- Gewährung von Sicherheiten für Dritte, insbesondere Übernahme von Bürgschaften und Garantien; |
- Erteilung und Widerruf von Prokuren und Handlungsvollmachten; |
- Abschluss, Änderung und Beendigung von Dienstverträgen mit Prokuristen, Handlungsbevollmächtigten und Angestellten in vergleichbaren Positionen sowie allgemein der Abschluss befristeter oder unbefristeter Arbeitsverträge. |
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§ 2 Vertragsdauer, Kündbarkeit, Rentenaltersklausel, dauernde Arbeitsunfähigkeit, Tod |
(1) Das Dienstverhältnis beginnt zum 23.05.2017 und ist unbefristet. Es verlängert sich automatisch um ein Jahr, wenn das Auslaufen des Vertrags nicht spätestens sechs Monate vor Vertragsbeendigung schriftlich von einer der Vertragsparteien bestätigt wird. |
(2) Das Dienstverhältnis ist ordentlich nicht kündbar. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt unberührt. |
(3) Das Dienstverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, spätestens mit Ablauf des Monats, in dem der Geschäftsführer die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht. |
(4) Ist der Geschäftsführer entsprechend einer ärztlichen Bescheinigung dauerhaft nicht mehr in der Lage, seine Dienstpflichten aus diesem Vertrag zu erfüllen, endet das Dienstverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem ein Arzt diese F... |