Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung des Krankengeldanspruchs des Versicherten unter Berücksichtigung einer hinzugetretenen Krankheit

 

Orientierungssatz

1. Tritt innerhalb der Blockfrist zu der den Krankengeldanspruch begründenden Krankheit des Versicherten eine weitere Krankheit hinzu, so führt die hinzugetretene Erkrankung gemäß § 48 Abs. 1 S. 2 SGB 5 nicht zu einer Verlängerung des Krankengeldbezugs.

2. Unter einer hinzugetretenen Krankheit ist ein Krankheitsgeschehen zu verstehen, bei dem eine medizinische Ursache feststellbar ist, die sich von der bislang die Arbeitsunfähigkeit begründenden Erkrankung unterscheidet. Zeitgleich mit dem Vorliegen einer zur Arbeitsunfähigkeit führenden ersten Erkrankung muss unabhängig von dieser eine weitere Krankheit die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten bedingen.

3. Eine weitere Krankheit tritt dann nicht hinzu, wenn diese erst am Tag nach der Beendigung der bisherigen Arbeitsunfähigkeit oder noch später auftritt (BSG Urteil vom 21. 6. 2011, B 1 KR 15/10 R).

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. Juni 2019 geändert. Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 6. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2017 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 7. Juni 2016 bis 12. September 2016 Krankengeld zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat 4/5 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 17. Mai 2016 bis 12. September 2016.

Die 1960 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin war mit Unterbrechungen seit dem 7. Juni 2010 zunächst bis zum 23. September 2015 arbeitsunfähig an einem Zervikobrachialsyndrom (M 53.1) erkrankt. Arbeitsunfähig war die Klägerin deswegen ausweislich der von dem behandelnden Orthopäden Dr. U ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen u.a. vom 16. August 2013 bis 6. September 2013, vom 4. Februar 2014 bis 28. Februar 2014 und vom 7. Oktober 2014 bis 23. September 2015. Krankengeld bezog sie wegen dieser Erkrankung zunächst in der Zeit vom 17. November 2014 bis 23. September 2015. Nachdem die Klägerin ab 24. September 2015 ihre Tätigkeit als Sachbearbeiterin beim Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf kurzzeitig wieder aufgenommen hatte, attestierte der behandelnde Orthopäde Dr. U für den Zeitraum vom 28. September 2015 bis zum 4. April 2016 in entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erneut durchgehende Arbeitsunfähigkeit wegen eines Zervikobrachialsyndroms (M 53.1 G).

In der Zeit vom 22. Februar 2016 bis 22. März 2016 war die Klägerin, ohne dass das Beschäftigungsverhältnis endete, bei der Beklagten freiwillig krankenversichert und vom 23. März 2016 bis 16. Mai 2016 versicherungspflichtig als Bezieherin von Arbeitslosengeld. Vom 17. Mai 2016 bis 12. September 2016 war sie bei der Beklagten wiederum freiwillig ohne Anspruch auf Krankengeld krankenversichert. Ab 13. September 2016 nahm sie ihre Beschäftigung als Sachbearbeiterin wieder auf und war von da an wieder als Beschäftigte versicherungspflichtig.

Die Beklagte zahlte der Klägerin Krankengeld vom 28. September 2015 bis zum 21. Februar 2016 mit Unterbrechung vom 15. Dezember 2015 bis 5. Januar 2016 wegen Bezugs von Übergangsgeld während einer stationären Rehamaßnahme.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 13. Januar 2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der seit dem 28. September 2015 bestehende Anspruch auf Krankengeld spätestens am 21. Februar 2016 ende, weil die maximale Bezugsdauer erreicht sei. Innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren könne sie (die Klägerin) bis zu 78 Wochen Krankengeld wegen derselben Krankheit beziehen. Der Dreijahreszeitraum beginne am 7. Juni 2013. In diesem Zeitraum sei sie vom 7. Oktober 2014 bis 23. September 2015, vom 4. Februar 2014 bis 28. Februar 2014 sowie vom 16. August 2013 bis 6. September 2013 wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig gewesen. Diese Zeiten würden auf die maximale Bezugsdauer angerechnet, so dass der Krankengeldanspruch spätestens am 21. Februar 2016 ende.

Am 4. April 2016 attestierte der behandelnde Orthopäde der Klägerin Arbeitsunfähigkeit ab dem 5. April 2016 bis voraussichtlich 19. April 2016, erstmals und ausschließlich aufgrund einer Meniskusschädigung (M 23.39GR). In mehreren Folgebescheinigungen stellte er die fortdauernde Arbeitsunfähigkeit wegen einer Meniskusschädigung (M 23.39GR) bis einschließlich 12. September 2016 fest.

Mit Schreiben vom 16. August 2016 beantragte die Klägerin bei der Beklagten rückwirkend ab dem 17. Mai 2016 Krankengeld.

Auf Nachfrage der Beklagten, ob bei der Klägerin Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Rückenerkrankung (ICD M 53.1) vom 28. September 2015 über den 14. März 2016 fortbestanden habe, erklärte Dr. U, dass die Erkrankung der Wirbelsäule über den 14. März 2016 hinaus bestanden habe, Arbeitsunf...

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