Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. kurzfristiger Antrag auf Aufhebung des Verhandlungstermins. Darlegung der Verhinderungsgründe. vertragsärztliche Vergütung. Anfechtbarkeit eines RVL-/QVZ-Bescheids. nicht bei bestandskräftigem Quartalshonorarbescheid
Leitsatz (amtlich)
1. Im Falle eines erst kurzfristig vor dem anberaumten Verhandlungstermin gestellten Aufhebungsantrags müssen die Verhinderungsgründe zusätzlich so dargelegt und untermauert werden, dass das Gericht ohne weitere Nachforschungen selbst beurteilen kann, ob Verhandlungs- bzw Reiseunfähigkeit besteht (Anschluss an BSG vom 13.10.2010 - B 6 KA 2/10 B = SozR 4-1500 § 110 Nr 1 = juris RdNr 12 und vom 7.11.2017 - B 13 R 153/17 B = juris RdNr 9).
2. Ein RVL-/QVZ-Bescheid ist als Vorfrage zur Bestimmung des vertragsärztlichen Honorars nur solange anfechtbar, wie der Quartalshonorarbescheid noch nicht bestandskräftig ist (Anschluss an BSG vom 15.8.2012 - B 6 KA 38/11 R = SozR 4-2500 § 87b Nr 1).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 16. November 2020 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht ein höheres Honorar allein für das Quartal IV/2016, wobei der Kläger der Meinung ist, das zugewiesene Regelleistungsvolumen ≪RVL≫ als auch das Qualifikationsgebundene Zusatzvolumen ≪QVZ≫ seien wie schon in den vorangegangenen Quartalen aufgrund rechtswillkürlicher Manipulationen des Vorstands der Beklagten zu niedrig angesetzt.
Der Kläger nimmt als Allgemeinmediziner seit dem 1. August 1994 an der vertragsärztlichen, hausärztlichen Versorgung im Bezirk Berlin- der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung ≪KÄV≫ teil. Mit Gerichtsbescheid (§ 105 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) vom 13. Juni 2018 hat das Sozialgericht ≪SG≫ Berlin die bereits am 12. Oktober 2016 vom Kläger erhobene frühere Klage mit der Begründung abgewiesen, dem Kläger stehe für die Quartale II/2013 bis II/2016 kein Anspruch auf ein höheres Honorar unter Neufestsetzung höherer RLV bzw QVZ zu. Die Beklagte habe rechtsfehler- und willkürfrei von den gesetzlichen Grundlagen in § 87b Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB V≫ Gebrauch gemacht und die Honorarverteilung aufgrund einer arztindividuellen Steuerung über RVL und QVZ korrekt berechnet. Gegen diese Entscheidung ist ein Berufungsverfahren vor dem erkennenden Senat anhängig (Az: L 7 KA 30/18 -Termin zur mündlichen Verhandlung ebenfalls am 6. April 2022).
Mit Bescheid vom 31. August 2016 wies die Beklagte dem Kläger für das Quartal IV/2016 im hausärztlichen Versorgungsbereich ein RLV-/QVZ-Volumen von 56.446,66 € zu. Der hiergegen vom Kläger am 29. September 2016 (Eingang bei der Beklagten am 4. Oktober 2016) eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21. November 2017, ausgefertigt am 14. Februar 2018).
Mit seiner am 14. März 2018 vor dem SG Berlin erhobenen Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, der RLV-/QVZ-Bescheid der Beklagten für das IV. Quartal 2016 sei aufgrund von Rechtsverstößen des Vorstands der Beklagten „durch massive rechtswidrige Manipulationen des Honorarverteilungsmaßstabes ≪HVM≫“ rechtswidrig zu niedrig. Demzufolge seien „auch alle auf diesen Bescheid abgeleiteten bzw gestützten weiteren Bescheide (zB der Honorarbescheid für das Quartal IV/2016) rechtswidrig und aufzuheben“.
Mit dem, dem Kläger am 23. Mai 2017 (Zustellungsurkunde vom selben Tag) zugestellten Honorarbescheid für das Quartal IV/2016 hat die Beklagte dem Kläger die Honorarunterlagen für das Quartal IV/2016 übersandt und dessen Gesamthonorar für das Quartal IV/2016 auf 94.073,62 € festgesetzt. Das ausdrücklich als Bescheid bezeichnete Schreiben enthielt eine durch Unterstreichung deutlich hervorgehobene Rechtsbehelfsbelehrung. Ein Widerspruch gegen diesen Bescheid ist bei der Beklagten nicht eingegangen.
Der Kläger hat erstinstanzlich keinen konkreten Klageantrag gestellt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Gerichtsbescheid vom 16. November 2020 hat das SG die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Klage sei bereits unzulässig, da der Honorarbescheid für das Quartal IV/2016 in Bestandskraft erwachsen sei. Damit sei der Kläger an die Feststellungen des Honorarbescheids für dieses Quartal gebunden und könne im Nachhinein nicht mehr die Rechtmäßigkeit der RLV-/QVZ-Zuweisung rügen. Insoweit fehle der Klage gegen den RVL-/QZV-Bescheid vom 31. August 2016 bereits das notwendige Rechtsschutzbedürfnis.
Gegen diese, ihm am 24. November 2020 (Zustellungsurkunde vom selben Tag) zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 21. Dezember 2020 vor dem erkennenden Gericht unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens Berufung erhoben. Ergänzend hat er ohne Vorlage entsprechender Nachweise behauptet, er habe auch gegen den Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal IV/2016 Widerspruch eingelegt....