Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenhilfe. Bedürftigkeitsprüfung. Zumutbarkeit der Vermögensverwertung. Aktienvermögen. offensichtliche Unwirtschaftlichkeit. Bewertung nach dem aktuellen Kurswert unabhängig vom Anschaffungswert

 

Orientierungssatz

Im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung nach § 193 Abs 2 SGB 3 ist Aktienvermögen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Leistungsbeginns mit dem aktuellen Kurswert zu berücksichtigen. Dabei kommt es für die Beurteilung der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit iS von § 6 Abs 3 S 1 AlhiV nicht auf den strikt monetären Vergleich des aktuell erzielbaren Verkaufserlöses mit den Erwerbskosten an (vgl BSG vom 27.8.2008 - B 11 AL 9/07 R).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 09.02.2011; Aktenzeichen B 11 AL 71/10 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juli 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum vom 21. März 2001 bis zum 31. Dezember 2004.

Der ... 1946 geborene Kläger ist nach seinen eigenen Angaben seit 1976 als selbständiger Rechtsanwalt tätig.

Ab dem 1. Juni 1991 war er zudem als Angestellter des Bundesministeriums des Innern beschäftigt und erzielte dort ausweislich einer Arbeitsbescheinigung vom 26. Mai 1997 in dem Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Mai 1995 ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 7.700,43 DM monatlich und im Juni 1995 ein Bruttoarbeitsentgelt (einschließlich Ausgleichszahlung) in Höhe von 8137,87 DM; dieses Arbeitsverhältnis wurde durch eine Kündigung des Klägers zum 30. Juni 1995 beendet. Am 29. April 1997 meldete er sich arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Antragsgemäß gewährte ihm die Beklagte Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 26. April 1999, zuletzt in Höhe von 555,87 DM wöchentlich (täglich 79,41 DM Bemessungsentgelt 1870 DM wöchentlich, Leistungsgruppe A, Leistungssatz 60 v. H., SGB III-LeistungsentgeltVO 1999).

Am 3. Mai 1999 sprach der Kläger bei der Arbeitsvermittlung der Beklagten vor und es wurde folgender BewA-Vermerk gefertigt:

“Pers.; hat A-Alhi bisher nicht beantragt; will dies noch nachholen; denkt an Selbständigkeit; Vorauss. besprochen; Antragsunterlagen und Info-Mat. mitgegeben; Termin steht noch nicht fest; gibt Bescheid. AA B SW ...„.

Anschließend meldete er sich ausweislich von BewA-Vermerken der Jahre 1999 bis 2001 wiederholt bei der Beklagten, beantragte jedoch zunächst keine Arbeitslosenhilfe ...

Am 21. März 2001 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte Arbeitslosenhilfe. Bei Antragstellung gab er als Vermögen insbesondere Wertpapiere mit einem damaligen Kurswert von 159.411,89 DM und einem Ertrag in Höhe von rund 1950 DM an. Zum Nachweis legte er Bescheinigungen der B Volksbank über die Dividendengutschriften aus seinem Depot (Nr. ...) vor. Aus diesen Unterlagen ist ersichtlich, dass der Kläger Aktien der Firmen M AG, Deutsche T AG, V AG, S AG, D AG und M AG hielt. Er gab hierzu an, dass das Aktienvermögen seiner Alterssicherung diene. Außerdem legte er in Kopie den Bescheid des Finanzamtes W über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für 1999 vom 8. November 2000 und eine eigene Einnahmen-Ausgaben-Überschussrechnung für das Jahr 1999 vor.

Mit Bescheid vom 13. September 2001 lehnte die Beklagte sowohl die Gewährung von Arbeitslosengeld als auch von Arbeitslosenhilfe ab. Für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld habe der Kläger die Anwartschaftszeit nicht erfüllt, weil er innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 21. März 2001 nicht mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe erfülle er ebenfalls nicht, da er nicht innerhalb der Vorfrist von einem Jahr vor dem 21. März 2001 Arbeitslosengeld bezogen habe.

Hiergegen erhob der Kläger am 8. Oktober 2001 mit der Begründung Widerspruch, er habe nicht Arbeitslosengeld, sondern Arbeitslosenhilfe beantragt. Auf Arbeitslosenhilfe habe er auch einen Anspruch, weil sich die Vorfrist nach § 192 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) um Zeiträume verlängere, in denen der Arbeitslose nur deshalb einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nicht gehabt habe, weil er nicht bedürftig gewesen sei. Dies sei bei ihm der Fall gewesen. Zum Zeitpunkt der Erschöpfung seines Arbeitslosengeldanspruches habe er über ein Vermögen von mehr als 300.000 DM verfügt, darunter allein 108.403,65 US-Dollar mit einem Kurswert von 199.510,27 DM. Hierzu legte er einen Kontoauszug der Gbank eG (GKB) vom 26. April 1999 über ein USD-Währungskonto (Kontonummer ...) mit dem vom Kläger angegebenen Kontostand (108.403,65) vor. Außerdem legte er einen weiteren Kontoauszug der GKB vom 21. April 1999 von einem Kontokorrentkonto (Kontonummer ...) mit einem ausgewiesenen Guthaben von 36.090,79 DM und diverse Wertpapierabrechnungen der GKB über den Erwerb von Aktien mit einem Gesamtkurswert von ...

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