Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einem für eine Kommune tätigen Familienhelfer
Orientierungssatz
1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
2. Orientiert sich die vertraglich vereinbarte Vergütung des für eine Kommune in deren Kinder- und Jugendhilfe tätigen Familienhelfers an einem bestimmten Stundensatz, der sich nicht an einem besonderen unternehmerischen Erfolg, sondern an der Dauer der erbrachten Dienstleistung orientiert, ist der Familienhelfer als allein Arbeitender nicht in einen betrieblichen, arbeitsteiligen Prozess eingebunden, ist er bei der Gestaltung seiner Tätigkeit im Wesentlichen frei und ist eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bzw. ein Urlaubsentgelt nicht vereinbart, so ist von dem Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit auszugehen.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der der Beigeladenen zu 1) zu tragen. Die übrigen Beigeladenen müssen ihre Kosten selbst tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht der sozialversicherungsrechtliche Status der Beigeladenen zu 1) (nachfolgend nur noch: “die Beigeladene„) in ihrer Tätigkeit als Familienhelferin für den Kläger in der Zeit vom 22. Juli 2008 bis 20. Januar 2009.
Der Kläger ist ein anerkannter gemeinnütziger Träger der Kinder- und Jugendhilfe in Berlin. Die Berliner Jugendämter beauftragen ihn gemäß § 4 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) mit ambulanten Hilfen zur Erziehung und mit Eingliederungshilfe für behinderte junge Menschen. Die Beigeladene ist Diplompsychologin und Familientherapeutin. Sie war und ist auch in einer von dem Kläger unabhängigen Praxisgemeinschaft “F„ mit zwei weiteren Therapeuten tätig. Diese verfügt über eine eigene Betriebsstätte. Die Mitglieder der Praxisgemeinschaften bieten dort Therapien für privatversicherte Patienten und Selbstzahler an, erbringen aber auch Familientherapien im Jugendhilfebereich, die durch Kostenübernahmebescheid der jeweils zuständigen Jugendämter finanziert werden.
Die Beigeladene war für den Kläger aufgrund eines Vertrages über freie Mitarbeit vom 22. Juli 2008 tätig, auf den ergänzend verwiesen wird. Der Kläger ist dabei als “Auftraggeber„ bezeichnet, die Beigeladene als “Auftragnehmerin„.
§ 1 (Tätigkeit) lautet wie folgt:
Der Verein beauftragt die Auftragnehmerin mit der Durchführung von einzelnen ambulanten Erziehungshilfen, die ihm auf der Grundlage seiner Kooperationsvereinbarungen mit den bezirklichen Jugendämtern übertragen werden. Die jeweiligen zum Aufgabenbereich gehörenden Tätigkeiten sowie die Stundenzahl und Dauer des jeweiligen Auftrags ergeben sich aus dem Hilfeplan, der mit dem zuständigen Jugendamt vereinbart wurde und den der Auftragnehmer unterzeichnet hat.
Nach § 2 (Weisungsfreiheit) unterlag die Auftragnehmerin bei der fachlichen Durchführung der übertragenden Tätigkeit keinen Weisungen des Auftraggebers. Sie verpflichtete sich nach § 3 (Rechte und Pflichten des Auftragnehmers), die Arbeit entsprechend dem im Hilfeplan vereinbarten Bedarf und alle in diesem Zusammenhang notwendigen Arbeiten zu erbringen. Ort und den Zeitpunkt des Arbeitseinsatzes regelte die Auftragnehmerin in Abstimmung mit den zu betreuenden Klienten und dem im Hilfeplan vereinbarten Vorgaben.
Nach dem Vertrag erhielt die Auftragnehmerin ein Stundenhonorar von 27,80 Euro für Aufträge nach KJHG und 24,05 Euro für Aufträge nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Für Kosten der Supervision konnte die Auftragnehmerin einen Betrag von höchstens 22,00 Euro pro vereinbarte Sitzung gegen Nachweis geltend machen.
Die Beigeladene war im Rahmen der Betreuung in einem Umfang von etwa sieben Stunden wöchentlich tätig. Der Umfang der Tätigkeit war dabei in der Hilfekonferenz durch das Jugendamt, die Beigeladene und den Leistungsempfänger festgelegt worden.
Der Kläger und die Beigeladene stellten unter dem 1. August 2008 bzw. 7. August 2008 bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Im Verfahren teilte die Beigeladene mit, im Rahmen einer GbR als Berufsgemeinschaft mit anderen Familientherapeuten tätig zu sein. Sie biete ihre Tätigkeit als Psychologin und Familientherapeutin verschiedenen Auftraggebern, Jugendämtern im Land Berlin und im Landkreis Märkisch-Oderland, an. Sie setze eigenes Kapital zum Unterhalt eines Büros und von Praxisräumen sowie für Therapiematerial, Fachliteratur, Fortbildungen, Supervisionen etc. ein.
Der Kläger f...