Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung: Gesundheitliche Folgen eines Arbeitsunfalls. Ursachenzusammenhang zwischen einem Unfallereignis und einer Gesundheitsbeeinträchtigung in Form eines Tennisellenbogens
Orientierungssatz
1. Ein sog. Tennisellenbogen (Epicondylitis radialis humeri) kann jedenfalls dann Folge eines Unfallereignisses sein, wenn durch den Unfall ein stärkeres Trauma direkt auf den Ellenbogen erfolgte, dadurch eine gesicherte Gewebeschädigung im engen zeitlichen Zusammenhang zum Unfallereignis eintrat und vor dem Ereignis eine Bewegungs- und Schmerzfreiheit bestand. Liegen die Voraussetzungen vor, kann die Epicondylitis radialis humeri auch als Folge eines Arbeitsunfalls angesehen werden.
2. Einzelfall zur Bewertung eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Arbeitsunfall und der Manifestation einer Epicondylitis radialis humeri (hier: Kausalität bejaht).
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 27. Juni 2017 und der Bescheid der Beklagten vom 19. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2012 geändert. Es wird festgestellt, dass die beim Kläger bestehende chronische schmerzhafte Bewegungseinschränkung, die Belastungsschmerzhaftigkeit sowie die Tendinose der gemeinsamen Sehne der Extensoren des rechten Ellenbogengelenks im Sinne einer Epicondylitis radialis humeri Folgen des Arbeitsunfalls vom 02. November 2009 sind.
Die Beklagte hat die dem Kläger entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens zu vier Fünfteln zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung einer chronischen schmerzhaften Bewegungseinschränkung, einer Belastungsschmerzhaftigkeit sowie einer Tendinose der gemeinsamen Sehne der Extensoren des rechten Ellenbogengelenks im Sinne einer Epicondylitis radialis humeri als Folge des Arbeitsunfalls vom 02. November 2009.
Der 1977 geborene Kläger war zum Zeitpunkt des Unfallereignisses als Vorhandwerker und gelernter Wasserbauer beim Wasser- und Schifffahrtsamt E tätig. Am 02. November 2009 gegen 11.30 Uhr war er gemeinsam mit einem Kollegen, dem Zeugen K, nach dem Fällen von Bäumen damit beschäftigt, die abgeschnittenen Baumteile zu schreddern. Beim Einlegen der Äste blieb der Arbeitshandschuh der rechten Hand des Klägers an einem Ast hängen, so dass dem Kläger mit großer Wucht der rechte Arm nach innen verdreht wurde, bis es ihm gelang, sich aus dem Arbeitshandschuh zu befreien. Der Kläger unterbrach in der Folge zunächst aufgrund von Schmerzen im rechten Arm seine Arbeit und unterrichtete seinen Arbeitgeber über den Vorfall. Sodann setzte er mit leichteren Tätigkeiten seine Arbeit fort (vgl. Unfallanzeige vom 03. November 2009, schriftliche Erklärung des Zeugen K im Verwaltungsverfahren vom 23. Februar 2012).
Nach eigenen Angaben suchte der Kläger trotz fortbestehender Schmerzen keinen Arzt auf und ließ sich nicht krank schreiben, weil er sich betriebsintern um eine Versetzung auf eine Stelle als Baugeräteführer beworben hatte und ihm – nach eigenem Bekunden - bedeutet worden sei, dass er die Stelle nicht erhalten würde, wenn er krankheitsbedingt ausfiele. Der Kläger gab zudem an, regelmäßig Schmerzmittel eingenommen und allabendlich den Arm gekühlt zu haben, um weiter arbeiten zu können. Zum 01. Dezember 2009 trat er die neue Stelle als Kanalbaggerführer an. Nach Angaben des Klägers waren dort zunächst jedoch nur leichtere sogenannte „Decktätigkeiten” auf den Booten zu verrichten, da der Kanal zugefroren gewesen sei. Erst Mitte Januar 2010 habe er wieder schwere Tätigkeiten (das Abziehen und Spannen starker Drähte) aufnehmen müssen. Dabei hätten die Schmerzen im rechten Arm noch zugenommen und bestimmte Tätigkeiten habe er gar nicht verrichten können – beispielsweise das Aufstemmen der Fenster im Bagger und das Abwickeln von Drähten.
Wegen der Beschwerdezunahme stellte sich der Kläger (erstmals) am 08. Februar 2010 zunächst bei seinem Hausarzt DM S und anschließend beim Durchgangsarzt (D-Arzt) und Facharzt für Chirurgie Dr. B im A Klinikum U vor. Dieser stellte eine eingeschränkte Beweglichkeit/Streckfähigkeit - Extension/Flexion: 0/80/150 Grad - des rechten Ellenbogens fest. Die Röntgenuntersuchung des rechten Ellenbogengelenks ergab keine sicheren Zeichen einer Fraktur und/oder Luxation. Er diagnostizierte eine Distorsion des rechten Ellenbogens mit posttraumatischer Gelenkeinsteifung (D-Arztbericht vom 08. Februar 2010).
Am 01. März 2010 ging die Unfallanzeige des Wasser- und Schifffahrtsamtes E vom 03. November 2009 ein, in der beschrieben wird, dass sich der Kläger beim Einlegen der Äste in den Schredder den rechten Ellenbogen verdrehte.
Am 11. Februar 2010 wurde ein MRT des rechten Ellenbogens durch Dr. K (A Klinikum U) vorgenommen. Sein Befund lautete: „Regelrechte Stellung der artikulierenden Flächen, kein Knochenmarködem oder Frakturlinie abzugrenzen; minimal vermehrt Reizflüssigkeit im Gelenkspalt radial. Hier dez...