Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragszahnärztliche Versorgung. Zulassung. Versorgungsauftrag
Leitsatz (amtlich)
Neben einem vollen Versorgungsauftrag scheidet ein weiterer hälftiger Versorgungsauftrag aus.
Orientierungssatz
Die darin liegende Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit steht mit Art 12 Abs 1 GG im Einklang.
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. März 2017 wird aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger muss für die Kosten des Rechtsstreits aufkommen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, welche ihre Kosten jeweils selbst zu tragen haben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt zusätzlich zu seinem vollen Versorgungsauftrag im hausärztlichen Bereich einen weiteren halben Versorgungsauftrag.
Er ist 1937 geboren und Facharzt für Innere Medizin/Gastroenterologie. Er ist seit 1. März 2007 in D im Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen zu 2), der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen, zur vertragsärztlichen Versorgung im hausärztlichen Bereich mit einem vollen Versorgungsauftrag zugelassen. Die Öffnungszeiten seiner Praxis sind von Montag bis Donnerstag von 07:00 Uhr bis 12:00 Uhr und von 14:00 bis 18:00 Uhr sowie am Freitag von 07:00 Uhr bis 12:00 Uhr.
Der Kläger beantragte im August 2013 die Zulassung mit einem halben Versorgungsauftrag als Facharzt für Innere Medizin (Hausarzt) an seinem Wohnort N, also im Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen zu 1), der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg. Er wolle seinen Praxisbetrieb in D in vollem Umfange wie bisher aufrechterhalten mit einem „Zeitplan nach Ihrer Genehmigung“. Zusätzlich wolle er seine Patienten in N und Umgebung ab Freitagmittag versorgen.
Der Zulassungsausschuss für Ärzte für das Land Brandenburg lehnte den Antrag in seiner Sitzung am 21. Mai 2014, ausgefertigt am 12. August 2014, ab. Zur Begründung führte er aus, der Planungsbereich E sei für die Zulassung von weiteren Hausärzten begrenzt geöffnet. Allerdings sei neben einer Beschäftigung in Vollzeit die Wahrnehmung eines hälftigen Versorgungsauftrages ausgeschlossen. § 20 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) stehe der Eignung für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ein Beschäftigungsverhältnis oder eine andere Tätigkeit entgegen. Neben seinem vollen Versorgungsauftrag in D sei der Kläger nicht in der Lage, einen weiteren halben Versorgungsauftrag als Hausarzt in N einschließlich der Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst zu erfüllen. Ein regelmäßiges und verlässliches Angebot von Sprechstunden zu den Zeiten, die für eine vertragsärztlich-hausärztliche Versorgung üblich seien, könne angesichts des Umstandes, dass der Kläger beabsichtige, lediglich Freitags und Samstags Sprechstunden anzubieten, auch im Umfang eines hälftigen Versorgungsauftrages nicht gewährleistet werden. Angesichts der Entfernung von ca. 240 km zwischen beiden Praxisorten sei überdies die Einhaltung der Präsenzpflicht nicht möglich.
Der Kläger erhob Widerspruch: Da er am beantragten Praxisort N privat wohne, sei auch die Teilnahme am Bereitschaftsdienst gewährleistet. Notfalls werde er sich hierfür in S frei nehmen und dies anzeigen.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Beschluss vom 17. Februar 2015 (ausgefertigt am 21. Mai 2016; zugestellt am 22. Mai 2016) als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er ergänzend aus, der Kläger nehme seinen vollen Versorgungsauftrag in D mit teilweise überdurchschnittlicher Sprechstundenzeit wahr. Dieser Vollauslastung an fünf Werktagen in der Woche stehe eine weitere Zulassung, auch als Teilzulassung, entgegen. Hinzu komme, dass der Kläger am beabsichtigten weiteren Standort Sprechstunden nur Freitagnachmittag und samstags anbieten wolle. Die langen Fahrzeiten legten jedoch Zweifel nahe, ob der Kläger jeweils rechtzeitig eintreffen könne.
Hiergegen hat der Kläger am 22. Juli 2015 Klage vor dem Sozialgericht Potsdam (SG) erhoben. Zur Begründung hat er angeführt, im Planungsbereich E drohe im hausärztlichen Versorgungsbereich eine Unterversorgung. Deshalb liege bereits darin, dass ein weiterer Arzt dort eine weitere Praxis betreiben wolle, eine Versorgungsverbesserung. Zudem praktiziere der vor Ort behandelnde Vertragsarzt Dr. K gerade nicht am Freitagnachmittag und am Samstag. Insoweit käme es in N zu einer deutlichen Versorgungsverbesserung. Hinsichtlich des vertragsärztlichen Notdienstes würden die Versicherten bereits jetzt ggf. nach E verwiesen. Des Weiteren sei die Versorgung am weiteren Praxisstandort D nicht gefährdet, wie sich aus einer Stellungnahme des Zulassungsausschusses Ärzte Chemnitz vom 17. Mai 2013 ergebe.
Bei einem halben Versorgungsauftrag sei regelmäßig eine Präsenz nicht an fünf Tagen in der Woche gegeben. Im Falle eines hälftigen Vertragssitzes in N sei er bereit, seinen Tätigkeitsumfang in D zu verringern.
Das SG hat mit Urteil vom 29. März 2017 den Beschluss des Beklagten vom 17. Februar 2015 aufgehoben und diesen ve...