Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Einbeziehung eines auf einen zeitlich nicht beschränkten Dauerverwaltungsakt ergehenden Aufhebungsbescheids nach § 96 Abs 1 SGG. Bestandskraft. Unzulässigkeit einer weiteren Klage wegen Rechtshängigkeit. Wegfall der Rechtshängigkeit
Orientierungssatz
1. Ergeht auf einen zeitlich nicht beschränkten Dauerverwaltungsakt ein Aufhebungsbescheid, durch den die streitgegenständlichen Leistungen entzogen werden, wird dieser Bescheid (in direkter) Anwendung von § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Verfahrens (vgl BSG vom 9.12.2016 - B 8 SO 1/15 R ).
2. Erwächst ein Bescheid, der nach § 96 Abs 1 SGG Gegenstand eines zuvor anhängigen Klageverfahrens war, durch Wegfall der Rechtshängigkeit dieser Klage in Bestandskraft, können zwischenzeitlich unzulässig erhobene gesonderte Klagen gegen diesen Bescheid gleichwohl nicht zulässig mit dem Ziel der Beseitigung der Bestandskraft weitergeführt werden, ohne dass ein neues Verwaltungsverfahren zur Überprüfung des bestandskräftigen Bescheids durchgeführt ist (vgl BSG vom 9.12.2016 - B 8 SO 1/15 R und LSG Darmstadt vom 7.2.2022 - L 5 R 127/17 = juris RdNr 40 ).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt eine höhere Altersrente ab dem 01. November 2005.
Die Beklagte gewährte der geborenen Klägerin mit Bescheid vom 17. Januar 2006 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab dem 01. November 2005 auf der Grundlage von 42,4069 Entgeltpunkten (Ost). Ab dem 01. Februar 2006 zahlte die Beklagte monatlich netto 886,42 Euro. Mit Rentenbescheid vom 21. Juli 2010 stellte die Beklagte die Rente der Klägerin ab Rentenbeginn neu fest, weil sich Beitragszeiten in den Jahren 1970 und von 1972 bis 1974 geändert hätten. Die Beklagte ermittelte nunmehr 42,5614 Entgeltpunkte (Ost) und einen monatlichen Zahlbetrag von netto 925,85 Euro.
In einem zunächst von der Klägerin geführten Rechtsstreit, in dem sie eine höhere Rente begehrte, wurde die Beklagte erstinstanzlich sinngemäß verurteilt, ihr unter Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten eine höhere Rente zu gewähren (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 09. August 2011 - S 122 R 3049/07). Im Berufungsverfahren schlossen die Beteiligten am 28. Februar 2013 vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ( L 27 R 918/11) den folgenden Vergleich (in Auszügen):
1. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass der stattgebende Teil des angefochtenen Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Berlin nicht ausgeführt wird und keine Bindungswirkung erlangt.
2. Die Beklagte verpflichtet sich, ausgehend auf dem ursprünglichen Antrag der Klägerin aus dem Jahre 2005, die Rente der Klägerin mit Wirkung vom 01. November 2005 neu festzustellen. Die Vorschrift des § 44 Abs. 4 SGB X, andere Verjährungs- oder Ausschlussfristen oder zwischenzeitliche Gesetzesänderungen, soweit sie für die Klägerin nachteilig wären, werden hierbei nicht angewendet.
3….
Mit Schreiben vom 12. März 2013 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und wies daraufhin, „dass im Versicherungsverlauf (schon von Beginn der Rente an) für die Zeit der Schwangerschaft vom 01. Januar bis 03. Mai 1968 das gezahlte Mutterschaftsgeld in Höhe von 1827,90 Mark nicht berücksichtigt“ worden sei. Zudem sei die Zeit vom 01. Januar 1968 bis zum 25. Januar 1968 im Versicherungsverlauf als Pflichtbeitragszeit mit einem Verdienst von 47,64 Mark berücksichtigt worden. Dies sei falsch. Die Zeit müsse schon als Schwangerschaft/Mutterschaft gewertet werden und der erzielte Verdienst von 139,14 Mark gehörte dem Zeitraum vom 04. Mai bis zum 20. Juni 1968 zugeordnet.
Mit Datum vom 12. April 2013 erließ die Beklagte einen Bescheid in dem es heißt, dass dieser Bescheid aufgrund des Vergleichs vom 28. Februar 2013 ergehe. Aufgrund des am 28. Februar 2013 geschlossenen Vergleichs erfolge keine Ausführung des „Gerichtsbeschlusses vom 09.08.2011/24.10.2011“ Eine Neufeststellung der Rente sei nicht erforderlich, da eine Neufeststellung wegen der Herausnahme von Fachschulzeiten 26. August 1991 bis 12. Juni 1992 und 13. März 2000 bis 11. März 2001 nie erfolgt sei. Die Fachschulzeiten seien komplett ab Rentenbeginn berücksichtigt worden.
Hiergegen erhob die Klägerin ebenso Widerspruch, wie gegen den Bescheid vom 29. Oktober 2013, mit dem die Beklagte die Altersrente der Klägerin auf der Grundlage von 42,5614 Entgeltpunkten (Ost) „neu“ festgestellt hatte, nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 13. Mai 2013 erneut die Berücksichtigung von Mutterschaftsgeld in Höhe von 1827,90 Mark beantragt hatte. Mit ihrem Widerspruch beanstandete die Klägerin die fehlerhafte Berücksichtigung ihrer beruflichen Ausbildung von September 1962 bis August 1964, von September 1967 bis Dezember 1967 und von Mai 1968 bis Dezember 1968. Auch seien Zeiten von August 1991 bis Juni 1992 und von März 2000 bis März 2001...