Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Pflegegeld. kein Anspruch bei fehlender Sicherstellung einer geeigneten Pflege. Überforderung der Pflegeperson
Orientierungssatz
Ein Anspruch auf Pflegegeld besteht nicht, wenn die benannte Pflegeperson persönlich mit der Pflege überfordert ist und die Pflege daher nicht in geeigneter Weise sichergestellt ist.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt/Oder vom 29. März 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI).
Die 19... geborene und bei der Beklagten pflegeversicherte Klägerin bezog wegen ihrer Erkrankungen (Alkoholabhängigkeit mit chronischen Folgeerkrankungen, Stuhl- und Harninkontinenz, chronisch ischämische Herzkrankheit, arterielle Hypertonie, Zustand nach Hüft-Totalendoprothese wegen Schenkelhalsfraktur, Kachexie bei Verdacht auf Mangel- bzw. Fehlernährung, Zustand nach Ablatio mammae rechts nach Karzinom) zunächst seit Februar 1998 Leistungen der Pflegestufe I und ab August 2001 Leistungen der Pflegestufe II von der Beklagten. Für die Klägerin haben sowohl ihr 1937 geborener Ehemann, als auch der 1974 geborener Sohn, notarielle Generalvollmacht. Auf einen Höherstufungsantrag der Klägerin vom 11. Juni 2007 leitete die Beklagte die erneute Begutachtung der Klägerin ein, die ergab, dass nach Einschätzung der Sachverständigen zwar die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der Pflegestufe III vorliegen würden, die Pflege jedoch nicht sichergestellt sei. Durch Bescheid vom 09. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2007, gegen den eine Klage nicht erhoben worden ist, entzog die Beklagte der Klägerin die bewilligten Leistungen der Pflegestufe II mangels Sicherstellung der Pflege.
Am 30. Juni 2008 beantragte die Klägerin erneut die Bewilligung von Leistungen der Pflegeversicherung mit der Pflegestufe III bei der Beklagten und gab als Pflegepersonen ihren Ehemann sowie den Sohn an. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung im häuslichen Umfeld durch den Sozialmedizinischen Dienst (SMD). Die Gutachterin W bejahte in ihrem Gutachten vom 15. Oktober 2008 bei einem festgestellten täglichen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 271 Minuten das Vorliegen einer Schwerstpflegebedürftigkeit. Sie schätzte jedoch weiterhin ein, dass die häusliche Pflege nicht in geeigneter Weise sichergestellt sei. Die Pflege sei als defizitär zu bezeichnen, da der Ehemann die Situation nicht exakt einzuschätzen vermöge und erhebliche Pflegemängel bestünden. Die Gutachterin empfahl dringend Leistungen der Pflegeversicherung in Form von Sachleistungen.
Mit Bescheid vom 24. Oktober 2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Pflegegeld mit der Begründung ab, dass zwar die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit der Stufe III gegeben seien, jedoch die Pflege und Versorgung durch eine Pflegeperson nicht ausreichend sichergestellt sei. Der Klägerin könnten auf einen entsprechenden Antrag jedoch Leistungen im Sinne von § 36 SGB XI bewilligt werden.
Mit ihrem Widerspruch vom 01. Dezember 2008 machte die Klägerin sinngemäß geltend, dass die Pflege durch ihren Ehemann und zudem ihren Sohn, der sie täglich versorge und auch regelmäßig in ihrem Haushalt übernachte, sichergestellt sei. Sie bat insofern um Zahlung des Pflegegeldes seit der Feststellung der Pflegestufe III am 11. Juni 2007.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme des SMD zur Frage der Sicherstellung der Pflege ein, die am 14. Januar 2009 zunächst dahingehend abgegeben wurde, dass die Pflege trotz der deutlich erschwerten Pflegesituation infolge der Erkrankungen der Klägerin und bestehender Pflegedefizite in diesem Fall sichergestellt werden könne. Auf weitere Nachfrage der Beklagten revidierten die Ärzte Dr. A und Dr. K diese Auffassung in einer Stellungnahme vom 03. April 2009. Hierin führten sie aus, dass nach nochmaliger Durchsicht sämtlicher vorliegender medizinischer Unterlagen von einem nach wie vor bestehenden pflegerischen Defizit ausgegangen werden müsse. Die Pflege sei damit weiterhin nicht sichergestellt, die Stellungnahme vom 14. Januar 2009 sei insofern als gegenstandslos anzusehen.
Durch Widerspruchsbescheid vom 04. Juni 2009 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 24. Oktober 2008 zurück. Der Bescheid sei nicht zu beanstanden, da ein Anspruch auf Zahlung des Pflegegeldes in der Pflegestufe III nicht bestehe, weil die Pflege nicht sichergestellt sei. Bereits im Verfahren auf den Höherstufungsantrag der Klägerin vom 11. Juni 2007 seien im Gutachten vom 25. Juli 2007 der körperliche Zustand der Klägerin sowie die hygienischen Bedingungen in ihrem Haushalt als keinesfalls zufrieden stellend festgestellt und wegen der nicht sichergestellten Pflege die Entziehung der Pfleg...