Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Kindergeld für minderjähriges Kind. keine Absetzung einer Versicherungspauschale. Absetzung von titulierten Unterhaltsansprüchen
Orientierungssatz
1. Von dem gem § 11 Abs 1 S 3 SGB 2 dem minderjährigen Kind als Einkommen zuzurechnenden Kindergeld ist nach § 11 Abs 2 Nr 3 SGB 2 aF bzw § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB 2 nF iVm § 3 Nr 1 AlgIIV aF bzw § 3 Abs 1 Nr 1 AlgIIV nF bis zur Volljährigkeit des zuvor in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kindes keine Versicherungspauschale abzusetzen (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 3 und vom 19.3.2008 - B 11b AS 7/06 R).
2. Die Absetzung titulierter Unterhaltsansprüche vom Einkommen nach § 11 Abs 2 S 1 Nr 7 SGB 2 idF vom 20.7.2006 setzt voraus, dass der Unterhaltspflichtige selbst tatsächlich Unterhalt zahlt.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2006.
Der 1960 geborene Kläger bezog letztmalig am 3. Dezember 2000 Arbeitslosengeld und im Anschluss, bis zum 31. Dezember 2004, Arbeitslosenhilfe. Unterbrochen wurde dieser Leistungsbezug lediglich von Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mit Krankengeldbezug. Er ist seit 2004 mit der 1968 geborenen S S (S), im erstinstanzlichen Verfahren die Klägerin zu 2), verheiratet. S ist berufstätig und erzielt ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 1.656,42 Euro (Nettoarbeitsentgelt: 1.311,89 Euro). Der Kläger und S bewohnen eine 61,56 m² große Drei-Zimmer-Wohnung mit einer Bruttowarmmiete in Höhe von 391,17 Euro. In dieser Wohnung wohnt außerdem die ... 1988 geborene Y N (N), die Tochter der S, im erstinstanzlichen Verfahren die Klägerin zu 3). N erhält monatliches Kindergeld in Höhe von 154,00 Euro und Unterhalt in Höhe von 200,00 Euro monatlich.
Den am 29. September 2004 gestellten Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II lehnte der Beklagte mit Bescheiden vom 9. November 2004 und vom 10. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2005 mit der Begründung ab, dass der Kläger mit den von ihm nachgewiesenen Einkommensverhältnissen nicht bedürftig sei. Der Gesamtbedarf des Klägers, der S und deren minderjähriger Tochter N betrage 1.272,37 Euro. Der Bedarf setze sich aus den Regelleistungen in Höhe von 311,00 Euro jeweils für den Kläger und S, für N in Höhe von 276,00 Euro und den Kosten der Unterkunft und der Heizung (KdU) in Höhe von 374,37 Euro zusammen. Bei der Ermittlung der KdU sei zu berücksichtigen, dass die bereits in den Regelleistungen beinhalteten Anteile für die Bereitung von Warmwasser (1. Person: 9,00 Euro, weitere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft jeweils 3,90 Euro) in Abzug zu bringen seien. Diesem Bedarf stünde ein bedarfsdeckendes monatliches Einkommen in Höhe von 1.391,18 Euro (1.037,18 Euro anrechenbares Erwerbseinkommen + 194,00 Euro Kindergeld + 200,00 Euro Unterhaltsleistung) gegenüber.
Mit der hiergegen am 17. Mai 2005 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage haben der Kläger sowie N und S zunächst gerügt, dass sie vor Bescheiderlass nicht angehört worden seien. Der Bescheid vom 9. November 2004 sei zudem von einem "Nichtbefugten" erlassen worden. Die JobCenter, deren Ausgestaltung erst am 1. Januar 2005 rechtlich geregelt sei, seien nicht mit den Befugnissen des Bescheiderlasses ausgestattet worden. Hierfür dürften vielmehr die Agenturen für Arbeit zuständig seien. Sie könnten auch nicht akzeptieren, dass S mit einem relativ geringen Einkommen nunmehr für den Kläger und die minderjährige N aufkommen müsse, obwohl der Kläger jahrelang in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt habe. Dies verstoße "gegen die Grundrechte der Menschenwürde, des Schutzes der Familie, des Eigentumsschutzes und gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit". Mangels Rechtsgrundlage dürften von den Unterkunftskosten auch nicht die Kosten der Warmwasserbereitung in Abzug gebracht werden. Schließlich könnten sie nicht akzeptieren, dass der für die N gezahlte Unterhalt als Einkommen Berücksichtigung fände, nicht jedoch die auf eine Unterhaltspflicht des Klägers beruhenden Unterhaltszahlungen, die von dem Einkommen der S bestritten würden. Diese Beträge stünden der Bedarfsgemeinschaft tatsächlich nicht zur Verfügung.
Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Urteil vom 13. Dezember 2005 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen in Höhe der ihm bis zum 31. Dezember 2004 gewährten Arbeitslosenhilfe habe. Arbeitslosenhilfe werde mit Inkrafttreten des SGB II zum 1. Januar 2005 nicht mehr gewäh...