Entscheidungsstichwort (Thema)

Schwerbehindertenrecht. Merkzeichen G. Kombination von inneren und orthopädischen Leiden die von einer Adipositas per magma verstärkt werden

 

Orientierungssatz

Zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens G, wenn das Gehvermögen durch eine Kombination von inneren und orthopädischen Leiden, die von einer Adipositas per magma verstärkt werden, beeinträchtigt wird.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 24.04.2008; Aktenzeichen B 9/9a SB 7/06 R)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 31. März 2005 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin das Merkzeichen “G„ (erhebliche Gehbehinderung) beanspruchen kann.

Der 1941 geborenen Klägerin war bereits durch Bescheid vom 31. Januar 1996 wegen insulinpflichtigem Diabetes mellitus, Angina pectoris bei Herzmuskeldurchblutungsstörung, Bluthochdruck, degenerativen Wirbelsäulen- und Gelenkveränderungen und chronischer Bronchitis die Schwerbehinderteneigenschaft mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 zuerkannt worden. Durch Bescheid vom 15. Juli 1998 hatte der Beklagte eine Sehminderung als weitere Behinderung bei einem unveränderten GdB von 50 festgestellt.

Auf den im April 2000 gestellten weiteren Neufeststellungsantrag stellte der Beklagte durch Bescheid vom 16. November 2000 den GdB unter Anerkennung von

1. Insulinpflichtigem Diabetes mellitus

2. Erkrankung der Gebärmutter -in Heilungsbewährung-

3. Angina pectoris bei Herzmuskeldurchblutungsstörung, Bluthochdruck

4. Degenerativen Wirbelsäulen- und Gelenkveränderungen

5. Schwerhörigkeit

6. Chronischer Bronchitis

7. Sehminderung

als Behinderungen auf 90 neu fest und entschied, dass weder eine außergewöhnliche noch eine erhebliche Gehbehinderung vorliege. Diese Entscheidungen beruhten auf einer gutachterlichen Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. G vom 19. August 2000, die nach Auswertung der von dem Beklagten eingeholten Auskünfte der behandelnden Ärzte der Klägerin abgegeben worden war. Dr. G hatte die Behinderungen zu 1 und 2 mit einem GdB von je 50, zu 3 mit 30, zu 4 und 5 mit je 20 und zu 6 und 7 mit je 10 bewertet. Mit dem gegen den Bescheid vom 16. November 2000 eingelegten Widerspruch begehrte die Klägerin ua. die Zuerkennung der Merkzeichen “G„ und “aG„ (außergewöhnliche Gehbehinderung), deren Voraussetzungen aufgrund der inneren Leiden erfüllt seien. Bereits nach kurzen Wegstrecken (10 bis 15 Minuten) trete Atemnot ein, die Einschränkung der Lungenfunktion verursache beim Treppensteigen schon nach einer Etage große Schwierigkeiten. Nach Einholung weiterer ärztlicher Auskünfte von den behandelnden Ärzten wies der Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 08. Juli 2002 zurück. Er führte zur Begründung ua. aus, die Klägerin sei in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nicht erheblich beeinträchtigt. Ihr stehe daher das Merkzeichen “G„ und somit auch der Nachteilsausgleich “aG„, dessen Anforderungen noch weiter gingen, nicht zu.

Mit der hiergegen erhobenen Klage hat die Klägerin die Feststellung eines höheren GdB und der Merkzeichen “G„ und “aG„ beantragt. Aufgrund der chronischen Bronchitis mit Asthma bronchiale sowie des schweren Diabetes und der Angina pectoris sei ihre Beweglichkeit erheblich eingeschränkt, sodass bereits nach Wegstrecken von ca. 20 Metern Atemnot eintrete, die eine Pause unumgänglich mache. Darüber hinaus bestünden starke Einschränkungen am Stütz- und Bewegungsapparat.

Das Sozialgericht hat Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte G (Internistin) vom 21. April 2003 und Dipl.-Med. P (Allgemeinmediziner) vom 23. April 2003 eingeholt, der ausgeführt hat, beim Gehen kurzer Strecken falle ein watschelnd-schwankender Gang auf und die Klägerin “stöhnt nach Luft„.

Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 11. September 2003 ihr Begehren auf die Zuerkennung des Merkzeichens “G„ reduziert hatte, hat das Sozialgericht den Arzt für Innere Medizin Dr. F zum Sachverständigen ernannt. Dieser hat in seinem fachinternistischen Gutachten vom 17. März 2004 bei der Klägerin

1. Insulinpflichtigen Diabetes mellitus - Einzel-GdB 50

2. Bluthochdruck, beginnende koronare Herzkrankheit - Einzel-GdB 30

3. Nach Unterleibsoperation aufgetretener großer Bauchnarbenbruch mit ausgedehnter Bauchwandschwäche - Einzel-GdB 20

4. Innenohrschwerhörigkeit beidseits - Einzel-GdB 20

5. Chronisch obstruktive Bronchitis - Einzel-GdB 10

6. Sehminderung - Einzel-GdB 10

als Behinderungen festgestellt und ausgeführt, der Gesamt-GdB könne erst nach einer orthopädischen Beurteilung des GdB für die Wirbelsäulen- und Gelenkbeeinträchtigungen gebildet werden. Ein orthopädisches Fachgutachten sei auch zur Beurteilung des Gehvermögens der Klägerin erforderlich, deren internistische Leiden die Gehfähigkeit nicht wesentlich einschränkten.

Daraufhin hat das Sozialgericht den Arzt für Orthopädie Dr. H mit der Begut...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge