Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Pflegeversicherung. Vereinbarungen über Pflegesätze zwischen Pflegeversicherung und Heimträger. Festsetzung der Pflegevergütung in einem Schiedsspruch. Anforderung an die Darlegung der Personalkosten als Kalkulationsgrundlage. Anforderung an den Nachweis einer angemessenen Vergütung. Wahrung des rechtlichen Gehörs im Schiedsverfahren

 

Orientierungssatz

1. Ein Schiedsspruch über die Höhe von Pflegesätzen in einem Vertragsverhältnis zwischen einer Pflegeversicherung und einem Heimträger ist nicht deshalb wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs rechtswidrig, weil im Rahmen des Schiedsverfahrens durch die Schiedsstelle keine umfangreichen Angaben zur Rechtsauffassung und den Erfolgsaussichten der vorgetragenen Rechtsposition eines Beteiligten erfolgten.

2. Macht ein Heimträger in einem Schiedsverfahren zwischen einer Pflegeversicherung und einem Heimträger über die Höhe der Pflegesätze zu den Personalkosten nur pauschale Angaben, muss er jedenfalls im Falle eines Bestreitens dieser Ausgaben durch die Versicherung die Zusammensetzung dieser Kosten nachweisen, etwa indem er eine genaue Auflistung der Beschäftigten und der tatsächlich erfolgten Lohnzahlungen vornimmt. Auf einen wettbewerbsrechtlichen Schutz dieser Angaben kann er sich insoweit nicht berufen.

3. Werden in einem Schiedsverfahren zwischen einer Pflegeversicherung und einem Heimträger über die Höhe der Pflegesätze vom Heimträger Vergütungen gefordert, die über dem unteren Drittel der vergleichbarer Pflegevergütungen in der Region liegen, so bedarf es des Nachweises durch den Heimträger, dass eine besondere Situation vorliegt, welche die höheren Sätze rechtfertigt.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 30.05.2018; Aktenzeichen B 3 P 25/17 B)

 

Tenor

Die Klage gegen den Schiedsspruch der Beklagten vom 4. November 2010 wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten höhere Pflegesätze für die Pflegeeinrichtung K D M, „Haus H“, für die Zeit vom 1. März 2010 bis zum 28. Februar 2011.

Die Klägerin betreibt als Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach eigenen Angaben rund 100 Pflegeeinrichtungen in Deutschland (Stand: Dezember 2016). Zu diesen Pflegeeinrichtungen gehört die durch Versorgungsvertrag für den Bereich der stationären Pflege zugelassene Pflegeeinrichtung K „Haus H“ (im Folgenden: Pflegeeinrichtung). Diese Pflegeeinrichtung verfügt über eine Kapazität von 44 Plätzen (Stand: 2010).

Es besteht für die Arbeitsentgelte der Beschäftigten keine Tarifbindung und die Entlohnung erfolgt nach den Angaben der Klägerin unter Berücksichtigung der beruflichen Qualifikation der Mitarbeiter und der Arbeitsmarktlage.

Nach einer Vereinbarung aus dem Jahr 2008 erhielt die Klägerin zuletzt folgende tägliche Pflegesätze:

Pflegestufe I

35,61 €

Pflegestufe II

46,73 €

Pflegestufe III

62,66 €

Unterkunft und Verpflegung

15,28 €

Mit Schreiben vom 6. Januar 2010 forderte die Klägerin die Kostenträger zu Pflegesatzverhandlungen nach § 85 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) für die Pflegeeinrichtung auf. Ausweislich der dem Schreiben beigefügten Unterlagen waren damals bei der Klägerin mit Stichtag zum 31. Oktober 2009 7,27 Pflegefachkräfte (in Vollzeit-VZK) und 6,72 Pflegehilfskräfte sowie 0,88 sonstige Mitarbeiter (Bereich Betreuung/Sozialdienst) beschäftigt; insgesamt mithin 15,87 Vollzeitkräfte „Pflege und Betreuung“. Den erwarteten Bedarf an Pflege- und Betreuungspersonal bezifferte die Klägerin mit insgesamt 15,99 Vollzeitkräften. Belegt war die Pflegeeinrichtung mit Stichtag 31. Oktober 2009 nach Angaben der Klägerin mit 5,68 Personen in der Pflegestufe I, 30,42 Personen in der Pflegestufe II und 7,29 Personen in der Pflegestufe III, davon keine Härtefälle. Erwartet wurde für das Wirtschaftsjahr eine Belegung mit insgesamt 44 Bewohnern.

Die Klägerin gab ferner an, bei den Personalkosten sei seit 2008 eine Steigerung um 2,5%, bei den Fremddienstleistungen eine Steigerung um 3,5% erfolgt. Im Sachkostenbereich seien unterschiedliche Steigerungen zu verzeichnen. Die Sachaufwendungen für das letzte abgeschlossene Kalenderjahr sowie die Prognose bezifferte die Klägerin mit 357.207 € (Aufwendungen des letzten abgeschlossenen Kalenderjahres - 23,53 €/Tag) bzw. 372.730 € (Prognose - 24,18 €/Tag). Konkrete Angaben zu den Personalkosten und den Fremdleistungen enthielten die Unterlagen nicht.

Zu den Pflegesatzverhandlungen unterbreitete die Klägerin damals folgenden Pflegesatzvorschlag für die allgemeinen Pflegeleistungen und Unterkunft und Verpflegung:

Pflegestufe I

36,82 € /Tag

Pflegestufe II

48,16 € /Tag

Pflegestufe III

64,36 € /Tag

Vergütungszuschlag § 87b SGB XI

 2,97 € /Tag

Unterkunft und Verpflegung

15,91 € (=11,47 € + 4,44 €) /Tag

Mit E-Mail vom 21. Januar 2010 forderten die Kostenträger die Klägerin auf, zusätzliche aussagekräftige Unterlagen zur Verfügung zu stellen, u.a. Angaben zum Stellenumfang, zur Eingruppierung, zur Altersstruktur...

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