Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragszeiten. Sowjetunion. UdSSR. Gesetzliche Rentenversicherung: Berücksichtigung von in der UdSSR zurückgelegten Beschäftigungszeiten bei der Ermittlung der Höhe eines Rentenanspruchs

 

Orientierungssatz

1. In der vormaligen UdSSR zurückgelegte Beschäftigungszeiten eines deutschen Versicherten aus dem Beitrittsgebiet, dessen Anspruch auf Rentenzahlung erst nach dem 31.12.1995 beginnt, werden bei der Ermittlung einer Altersrente nicht berücksichtigt.

2. Solche Beschäftigungszeiten sind nicht als eine im Beitrittsgebiet zurückgelegte Beitragszeit gemäß § 248 Abs. 3 SGB 6 anzusehen (entgegen LSG Essen, Urteil vom 8. Dezember 2004, Az.: L 8 RJ 117/03).

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Mai 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Anerkennung von in der Zeit von November 1973 bis Mai 1990 in der Sowjetunion zurückgelegten Zeiten als Beitragszeiten.

Die Klägerin wurde im Jahre 1946 in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone geboren. Im Juli 1969 erwarb sie an der Universität den akademischen Grad eines Diplom-Lehrers und war in der Folgezeit u. a. als redaktionelle Mitarbeiterin beim S beschäftigt. Im Sommer 1973 heiratete sie einen sowjetischen Staatsbürger und siedelte mit ihm in die Sowjetunion nach M über. Dort arbeitete sie vom 27. November 1973 bis zum 20. März 1979 als Übersetzerin beim Verlag “P„ und vom 21. März 1979 bis zum 8. Juni 1990 als “Redakteur-Stilist„ beim Verlag “I„, wobei jeweils Beiträge zur staatlichen Rentenversicherung der Sowjetunion entrichtet wurden. Noch während des letzten Arbeitsverhältnisses kehrte sie in die DDR zurück und war ab dem 29. Juni 1990 zunächst arbeitslos. Ihren nach der Herstellung der Einheit Deutschlands im Juni 1994 gestellten Antrag, ihr eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Berufsunfähigkeit, zu gewähren, lehnte die Beklagte mit ihrem bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 8. November 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 1997 ab.

Auf ihren im Februar 2003 gestellten Antrag, ihr Versicherungskonto zu klären, stellte die Beklagte die im Versicherungsverlauf der Klägerin enthaltenen und länger als sechs Kalenderjahre zurückliegenden Daten mit ihrem Bescheid vom 2. Dezember 2003 fest; zugleich lehnte sie mit diesem Bescheid u. a. die Anerkennung der in der Zeit von November 1973 bis Mai 1990 in der Sowjetunion zurückgelegten Zeiten als Beitragszeiten ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies sie mit ihrem Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2004 mit der Begründung zurück: Die von der Klägerin in der Zeit von November 1973 bis Mai 1990 in der Sowjetunion zurückgelegten Zeiten könnten nicht als Beitragszeiten anerkannt werden, weil es hierfür keine rechtliche Grundlage gebe. Insbesondere sei eine Anerkennung aufgrund des Vertrages vom 24. Mai 1960 zwischen der DDR und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Sozialwesens - Sozialversicherungsabkommen DDR/UdSSR - (GBl. 1960 I Nr. 46 S. 453) nicht möglich. Denn dieses Sozialversicherungsabkommen sei nach der Verordnung der Bundesregierung über die vorübergehende weitere Anwendung verschiedener völkerrechtlicher Verträge der DDR im Bereich der sozialen Sicherheit vom 3. April 1991 (BGBl. 1991 II S. 614) in der Fassung der Verordnung der Bundesregierung zur Änderung der vorgenannten Verordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl. 1992 II S. 1231) im Beitrittsgebiet über den 2. Oktober 1990 hinaus grundsätzlich nur noch bis zum 31. Dezember 1992 anwendbar gewesen. Auf die in der Änderungs-Verordnung vom 18. Dezember 1992 geregelten und diesen Grundsatz durchbrechenden Übergangsbestimmungen könne sich die Klägerin ebenfalls nicht mit Erfolg berufen. Denn diese Übergangsbestimmungen setzten einen vor dem 1. Januar 1996 entstandenen (Leistungs-)Anspruch voraus, an dem es hier fehle. Auch aus den Vorschriften des Fremdrentengesetzes (FRG) könne die Klägerin den von ihr verfolgten Anspruch auf Anerkennung der von ihr in der Sowjetunion zurückgelegten Zeiten nicht herleiten, weil sie nicht zu dem von diesem Gesetz begünstigten Personenkreis gehöre.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen: Entgegen der Auffassung der Beklagten habe sie Anspruch auf Anerkennung der von ihr in der Zeit von November 1973 bis Mai 1990 zurückgelegten Zeiten als Beitragszeiten. Denn sie dürfe als deutsche Staatsangehörige nicht schlechter behandelt werden als die aus der ehemaligen Sowjetunion stammenden Spätaussiedler, deren in der Sowjetunion zurückgelegte Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung berücksichtigt würden. Zudem genieße sie Vertrauensschutz, weil sie bei ihrer Übersiedlung in die Sowjetunion nach dem Sozialversicherungsabkommen DDR/UdSSR davon habe ausgehen dürfen, dass die in der Sowjetuni...

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