Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Anspruchs auf Bewilligung von Krankengeld
Orientierungssatz
1. Nach § 46 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB 5 entsteht der Anspruch auf Krankengeld regelmäßig von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. War der Versicherte im Zeitpunkt der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nicht mehr mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert, so ist ein Krankengeldanspruch ausgeschlossen.
2. Dies ist u. a. dann der Fall, wenn der Betroffene im Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nicht mehr im Bezug von Arbeitslosengeld gestanden hat.
3. Ein Krankengeldanspruch im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs setzt u. a. voraus, dass ein Beratungsmangel oder ein Beratungsfehler wesentliche Ursache für die ausgleichsbedürftige Situation ist.
4. Nachgehender Versicherungsschutz, der einen Krankengeldanspruch umfasst, besteht nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Ein bestehendes Versicherungsverhältnis hat Vorrang gegenüber dem nachgehenden Anspruch aus § 19 Abs. 2 SGB 5. Ist der Betreffende aufgrund eines SGB 2-Leistungsbezugs nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB 5 Mitglied der Krankenkasse geworden, so besteht kein Anspruch auf Krankengeld.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozial-gerichts Berlin vom 7. März 2017 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 29. März 2014 bis zum 4. Juni 2015.
Der 1958 geborene Kläger war bis zum 29. März 2014 aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld I pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Seit dem 1. April 2014 erhält er Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch. Am 28. März 2014 (Freitag) nahm er an einer Qualifizierungsmaßnahme der Bundesagentur für Arbeit teil. Nach seinem Vortrag suchte er im Anschluss an diese Maßnahme seine Hausärztin auf, weil er sich unwohl fühlte. Die Praxis war jedoch geschlossen.
Am 31. März 2014 (Montag) bescheinigte diese Ärztin dem Kläger mit Erstbescheinigung Arbeitsunfähigkeit ab dem 29. März 2014, voraussichtlich bis einschließlich 13. April 2014. Die Diagnose lautete F43.9 (Reaktion auf schwere Belastung, nicht näher bezeichnet). Weitere Folgebescheinigungen folgten im Anschluss.
Den Antrag des Klägers auf Gewährung von Krankengeld wies die Beklagte mit Bescheid vom 4. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2014 als unbegründet zurück. Die Beklagte führte aus, dass die Mitgliedschaft des Klägers mit Anspruch auf Krankengeld am 29. März 2014 geendet habe. Am 31. März 2014, dem Tag der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch die Ärztin des Klägers, sei er nicht mehr mit einem Anspruch auf Krankengeld bei der Beklagten versichert gewesen.
Mit der am 26. August 2014 bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage begehrt der Kläger, die Beklagte zu verurteilen, ihm Krankengeld ab dem 29. März 2014 zu zahlen. Er hat vorgetragen, dass er durch seine psychische Erkrankung daran gehindert gewesen sei, rechtzeitig eine Krankschreibung zu erhalten. Zudem verstoße die Beklagte durch ihre Verfahrensweise gegen ihre eigenen Richtlinien, nach denen Krankengeld auch bei rückwirkender Feststellung vom Tag des wirklichen Beginns der Arbeitsunfähigkeit an zu leisten sei.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der den Kläger behandelnden Fachärztin für Allgemeinmedizin J S vom 7. Mai 2015 und vom 25. August 2016 eingeholt, den Kläger in dem Termin zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten am 16. August 2016 eingehend angehört und sodann die Klage mit Urteil vom 7. März 2017 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Kläger im Zeitpunkt der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch seine Ärztin, am 31. März 2014, nicht mehr mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen sei. Unerheblich sei, dass die den Kläger behandelnde Ärztin den Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit auf den 29. März 2014 rückdatiert habe. Eine derartige Rückdatierung sei nur in sehr engen, hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen möglich. Allein der Umstand, dass die Praxis seiner Ärztin am Freitagnachmittag geschlossen gewesen sei, stelle keinen zulässigen Fall einer Rückdatierung dar. Der Kläger sei auch nicht aufgrund einer Handlungs- oder Geschäftsunfähigkeit daran gehindert gewesen, rechtzeitig einen anderen Arzt aufzusuchen.
Gegen das ihm am 29. März 2017 zugestellte Urteil richtet sich die am 2. Mai 2017 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung des Klägers. Er trägt vor, dass in seinem Fall ein “Ausnahmefall für eine rückwirkende Feststellung der Arbeitsunfähigkeit„ vorgelegen habe. Davon abgesehen folge sein Anspruch auf Krankengeld auch aus § 47b Abs. 1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Danach werde Krankengeld vom ersten Tage der Arbeitsunfähigkeit an gewährt. Diese Regelung sei eine...