Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Erstattungsanspruch
Orientierungssatz
Hat die bei der Versicherten bestehende psychische Erkrankung weder unmittelbar noch mittelbar ihre Ursache in der bei ihr anerkannten Berufskrankheit als Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 7 Abs. 1 SGB VII), fallen die von dieser gewährten Leistungen im Eingangsbereich und im Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen (§ 40 Abs. 1 SGB IX) nicht in ihre Zuständigkeit.
2.Die Träger der Rentenversicherung erbringen Teilhabeleistungen nur dann, wenn sich dadurch (prognostisch) ihre Einstandspflicht für Rentenleistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vermeiden lässt.
3.Rechtfertigt bereits die Tatsache, dass ein behinderter Mensch in einer Werkstatt für Behinderte tätig ist, noch nicht den Schluss, dass auch (auf Dauer) verminderte Erwerbsfähigkeit vorliegt (BSG SozR 3-2600 § 44 Nr. 6), so spricht der Umstand, dass Versicherte nur für Tätigkeiten in Werkstätten für Behinderte in Betracht kommen, ebenfalls nicht dagegen, dass eine “positive„ Prognose im Sinne des § 10 Nr. 2 Buchstabe b) SGB VI gestellt werden kann.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. März 2008 geändert.
Die Beigeladene wird verurteilt, der Klägerin die erbrachten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Zusammenhang mit der vom 19. Februar 2005 bis 19. Mai 2007 in der Werkstatt für Behinderte für die Versicherte N H durchgeführten Maßnahmen in dem Umfang zu erstatten, in dem die Beigeladene ihrerseits hätte Leistungen erbringen müssen.
Die Beigeladene hat die Gerichtskosten für beide Rechtszüge sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge, die Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beklagten für beide Rechtszüge zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Verfahren vor dem Landessozialgericht auf 58.783,73 € festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die Erstattung von Aufwendungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Die im Juni 1976 geborene Versicherte N H nahm 1995 nach dem Ende ihrer Schulzeit eine Ausbildung als Friseurin auf, die sie im August 1998 abschloss. Danach war sie mit Unterbrechungen zunächst im erlernten Beruf bei verschiedenen Arbeitgebern, ab November 1999 bis November 2000 und nochmals im April 2001 über Zeitarbeitsfirmen in unterschiedlichen Berufszweigen tätig. Seit 30. November 2006 ist bei ihr ein Grad der Behinderung nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) von 70 anerkannt.
Im Januar 1998 hatten die Hautärzte der Versicherten, bei denen sie seit 1996 in Behandlung war, bei der Klägerin den Verdacht auf eine beruflich bedingte Hauterkrankung angezeigt.
Nach Ermittlungen der Klägerin und nachdem die Versicherte erklärt hatte, die berufliche Tätigkeit als Friseurin endgültig aufzugeben (Schreiben vom 11. Mai 2001), erkannte die Klägerin ein irritatives Handekzem als Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ohne Rentenanspruch an (Bescheid vom 12. September 2001, der Beklagten mit Schreiben vom selben Tag in Kopie übersandt).
Bereits vor der förmlichen Anerkennung der Berufskrankheit hatte die Klägerin der Versicherten eine Maßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung im Berufsförderungswerk Berlin bewilligt (Bescheid vom 15. Juni 2001; der Beklagten mit Schreiben vom 15. Juni 2001 in Kopie übersandt). Die am 3. September 2001 begonnene Maßnahme brach die Versicherte am 5. September 2001 ab, der Maßnahmeträger äußerte den Verdacht auf eine beginnende psychiatrische Störung (Schizophrenie, akute Psychose) und berichtete, dass die Versicherte bereits vom 15. Dezember 2000 bis zum 2. Januar 2001 wegen einer paranoiden Psychose stationär behandelt worden sei (Ergebnisbericht des Berufsförderungswerks B vom 12. September 2001). Ebenfalls wegen psychischer Leiden wurde eine am 14. Oktober 2002 begonnene Maßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung im Berufsförderungswerk B abgebrochen, für die die Klägerin ebenfalls Kostenträgerin war (letzter Tag der Teilnahme 25. Oktober 2002, Ergebnisbericht vom 4. November 2002). Eine erweiterte Arbeitserprobungs- und Feststellungsmaßnahme beim A-L-Berufsbildungswerk B besuchte die Versicherte vom 15. Juni bis zum 27. August 2004 (reguläres Ende 31. August 2004), eine weitere Maßnahme der erweiterten Arbeitserprobung beim Berufsförderungswerk B (mit Hospitation in den Werkstätten für Behinderte der FSE L Werkstätten gGmbH - im folgenden: L Werkstätten) vom 18. Oktober bis zum 26. November 2004 (Ergebnisbericht vom 8. Dezember 2004); auch für diese beiden Maßnahmen war die Klägerin Kostenträgerin.
Als Ergebnis einer Besprechung der Maßnahmeergebnisse mit dem Berufshelfer der Klägerin erklärte die Versicherte am 29. November 2004 gegenüber der Klägerin, dass sie in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig sein wolle. Die Klägerin meldete die Versicherte darauf hin mit Schreiben vom 6. Dez...