Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Bezugsberuf nach längerer Arbeitslosigkeit. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 13 R 27/17 R
Leitsatz (amtlich)
Eine längere Zeit der Arbeitslosigkeit führt nicht dazu, dass auf den allgemeinen Arbeitsmarkt abgestellt wird.
Orientierungssatz
Zum Leitsatz vgl LSG Berlin-Potsdam vom 3.12.2015 - L 8 R 1033/14 und SG Stralsund vom 20.3.2014 - S 1 R 342/13; Ablehnung von LSG Chemnitz vom 7.1.2014 - L 5 R 626/12.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Juli 2015 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die notwendigen außer-gerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA).
Die im September 1961 geborene Klägerin war von Juli 1984 bis Juni 1989 als Kontoristin tätig. Von Juli 1989 bis Juni 1991 absolvierte sie eine Ausbildung zur Physiotherapeutin, die sie mit Prüfung abschloss. Von August 1991 bis Dezember 1992 absolvierte sie ein Anerkennungsjahr. Von April 1993 bis Mai 1997, von Mai 1998 bis August 1999 und von Juni 2001 bis Mai 2003 war sie als Physiotherapeutin tätig. Nach ihren Angaben endete das letzte Beschäftigungsverhältnis, weil sie lediglich als Schwangerschaftsvertretung befristet eingestellt worden war. In der Folgezeit war sie arbeitslos bzw. arbeitsunfähig und bewarb sich nach eigenen Angaben um Stellen als Krankengymnastin bzw. Physiotherapeutin, sie zeigte sich dabei auch zuletzt offen für eine Tätigkeit in der Anmeldung oder Verwaltung von Kliniken. Diesbezüglich verweist sie auf Bewerbungsschreiben aus den Jahren 2004 bis 2012. Daneben arbeitete die Klägerin seit 2007 stundenweise in einem Café als Kellnerin.
Am 21. Mai 2013 beantragte die Klägerin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei der Bundesagentur für Arbeit und führte zur Begründung aus unter einer Heberden- und Rhizarthrose in den Fingergelenken der rechten und linken Hand und einer Arthrose im Daumengrundgelenk der rechten Hand zu leiden, was Schmerzen während und nach Belastung verursache. Hierdurch seien ein sicherer Halt für geschwächte oder hinfällige Patienten, Widerstand bei muskulärem Aufbau und das Verabreichen von Massagen nicht mehr möglich. Ferner könne sie aufgrund einer Gonarthrose links nicht mehr in die Hocke gehen.
Die Bundesagentur für Arbeit gab den Antrag mit Schreiben vom 27. Mai 2013 auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) an die von ihr als zuständig erachte Beklagte ab. Beigefügt war ein Gutachten des Dr. H vom 31. März 2013, wonach als vermittlungsrelevante Gesundheitsstörungen belastungsabhängige Beschwerden nach nachgewiesenen degenerativen Veränderungen an den Fingerendgelenken beidseits sowie eine belastungsabhängige Einschränkung des linken Kniegelenkes bei degenerativer Veränderung bestünden. Die maximale körperliche Arbeitsschwere bezeichnete er als gelegentlich mittelschwer, Tätigkeiten könnten u.a. „gelegentlich gehend“ oder „gelegentlich stehend“ verrichtet werden. Diese Erkrankungen ließen eine Fortsetzung des erlernten Berufes als Physiotherapeutin aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zu. Sonstige gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten könnten allerdings noch vollschichtig, also 6 Stunden und mehr täglich verrichtet werden. Die Klägerin strebe eine Fortbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen oder auch Immobilienkauffrau an. In dem Gutachten ist ferner unter anderem ausgeführt, dass im Haushalt der Klägerin noch zwei Kinder wohnten, die Klägerin verdiene etwas in der Gastronomie dazu.
Die Klägerin übermittelte ein Attest des behandelnden Facharztes für Innere Medizin und Rheumatologie S vom 6. September 2012, der Behandlungen aufgrund der genannten Erkrankungen bestätigte, sowie Röntgenergebnisse.
Mit Bescheid vom 2. Juli 2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab: Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei nicht erheblich gefährdet oder gemindert, weil sie in der Lage sei, eine zumutbare Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin auszuüben. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2013 zurück und führte zur Begründung aus, ein spezieller Bezugsberuf könne im Falle der Klägerin nicht mehr festgestellt werden, da ihr Berufsleben in den letzten 10 Jahren nicht von irgendeiner Tätigkeit geprägt worden sei. Bei einer seit 10 Jahren nicht mehr ausgeübten Tätigkeit lägen verwertbare Fähigkeiten nicht mehr vor. Der Bezugsberuf sei folglich der allgemeine Arbeitsmarkt. Auf diesem sei sie einsatzfähig.
Das Gericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt, nämlich des Facharztes für Innere Medizin Dr. B vom 19. Mai 2014, der unter anderem eine Gelenkarthrose der...