Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. psychische Gesundheitsstörung. Nachweis im Vollbeweis. posttraumatische Belastungsstörung. international anerkanntes Diagnosesystem: DSM V. ICD 10. belastendes Ereignis. anhaltende Erinnerungen. Vermeidungsverhalten. mittelschwerer Verkehrsunfall

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der PTBS nach DSM V, ICD 10 und vormals DSM IV.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Juni 2014 abgeändert und die Klage in Gänze abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Feststellung einer unfallbedingten posttraumatischen Belastungsstörung und einer daraus folgenden Rentenberechtigung der Klägerin.

Die 1959 geborene Klägerin erlitt am 27. Januar 2010 auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstelle als Buchhalterin bei der C GmbH in B einen Autounfall, als sie nach eigenen Angaben mit ihrem Auto mit zirka 70 km/h abbremsend auf ein vor sie ebenfalls im Fahren und Abbremsen begriffenes Auto auffuhr. Die Airbags lösten nicht aus. Später findet sich in den Unfallschilderungen, dass die Bremsen ihres Autos versagt hätten. Nach ihren Erstangaben in der Rettungsstelle der DRK-Kliniken B meinte die Klägerin, kurz bewusstlos gewesen zu sein. Des Weiteren gab sie an, es sei zu einem Schwelbrand gekommen. Nach dem Entlassungsbrief der behandelnden Ärzte in den DRK-Kliniken B, wo die Klägerin vom 27. bis 29. Januar 2010 stationär aufgenommen war, zeigte sie sich nach Eintreffen in der Rettungsstelle adäquat und konnte sich nur schemenhaft an den Unfallhergang erinnern. Neurologische Auffälligkeiten wurden nicht festgestellt. Die Ärzte diagnostizierten ein Schädelhirntrauma Grad I, eine Thoraxprellung und eine isolierte Fibulafraktur rechts. Außerdem beklagte die Klägerin Schulterschmerzen links und Kniegelenksschmerzen rechts.

Ab Januar 2011 befand sich die Klägerin wegen andauernden linksseitigen Schulterschmerzen in orthopädischer Behandlung. Die Arthroskopie der linken Schulter am 18. Januar 2011 ergab u. a. eine Rotatorenmanschettenruptur.

Mit Schreiben vom 3. Februar 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Anerkennung der Rotatorenmanschettenruptur als Unfallfolge und Übernahme sämtlicher Kosten.

Im Rahmen einer orthopädischen Rehabilitationsbehandlung wegen ihrer Schulterbeschwerden in der S Rehabilitationsklinik S GmbH zu Lasten der Rentenversicherung wurde die Klägerin auch psychologisch angemeldet und dort seit dem 29. März 2011 durch die Psychologische Psychotherapeutin G mittels einer Traumatherapie behandelt.

Im Rahmen der Ausübung ihres Auswahlrechts hinsichtlich eines orthopädischen Sachverständigen teilte die Klägerin der Beklagten in einem Telefonat am 14. April 2011 zugleich mit, dass sie seit dem Unfalltag psychische Beeinträchtigungen habe. Nach dem Gesprächsvermerk gab die Klägerin in dem Telefonat an, sie könne nicht mehr richtig schlafen und wache ständig nachts auf. Zunächst habe sie die Schmerzen der Schulter dafür verantwortlich gemacht, nun sei ihr aber aufgefallen, dass auch die psychischen Störungen, die sie seit dem Unfall habe, die Schlafstörungen verursacht haben könnten.

Von Seiten der Berufsgenossenschaft wurde ihr daraufhin mitgeteilt, dass hier kein Zusammenhang zwischen dem Unfall und den von der Klägerin beklagten psychischen Beeinträchtigungen gesehen werde.

Am 28. April 2011 begab sich die Klägerin wegen psychischer Beschwerden zu dem Durchgangsarzt Dr. S. In seinem Befund gab dieser an, bei der Klägerin sei während eines stationären Aufenthaltes wegen einer unfallunabhängigen Erkrankung eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) diagnostiziert worden. Die Klägerin klage über Schlafstörungen und Ängste beim Autofahren mit Schweißausbrüchen und Übelkeit. Diese Beschwerden hätten sich in der letzten Zeit verstärkt. Dr. S übernahm die Diagnose einer PTBS - wie sie sich aus dem psychologischen Bericht von Frau G vom 20. April 2011 ergab -, beurteilte die Klägerin jedoch als arbeitsfähig.

Nach dem psychischen Befundbericht von Frau G vom 5. Mai 2011 sei berichtet worden, dass die Klägerin seit dem Wegeunfall im Januar 2010 unter Schlafstörungen, Flashbacks/Intrusionen, Ängsten beim Autofahren sowie erhöhter Anspannung leide. Zu dem Unfallgeschehen ist dort angemerkt, die Klägerin habe noch den Pkw-Zusammenstoß realisiert, als sie wieder zu sich gekommen sei, habe sie bemerkt, dass ihr Auto im Fußraum angefangen habe zu brennen. Zum gegenwärtigen psychischen Befund ist dort ausgeführt, dass eine hohe Anspannung bestehe, Ängstlichkeit, die Grundstimmung nicht depressiv sei und Schlafstörungen, Panik im Pkw sowie Intrusionen/Flashbacks geschildert worden seien. Aufgrund der während der Reha begonnenen Traumatherapie mit EMDR und mit medikamentöser Unterstützung habe eine zunehmende Besserung erreicht werden können. Der Grad der psychischen Funktionsstörungen wurde ...

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