Entscheidungsstichwort (Thema)
Härtefallregelung beim Ausschluss von Leistungen des SGB 2 bei BAfög-Förderungsfähigkeit dem Grunde nach. Arbeitslosengeld II. Studium der Rechtswissenschaft. Förderungshöchstdauer. Härtefall
Orientierungssatz
1. Ein Auszubildender, dessen Ausbildung dem Grunde nach gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 BAfög förderungsfähig ist, hat nach § 7 Abs. 5 S. 1 SGB 2 keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
2. Die Härtefallklausel des § 7 Abs. 5 S. 2 SGB 2 mildert die Konsequenzen des Leistungsausschlusses nur dahingehend, dass die Folgen des Leistungsausschlusses für die Annahme einer besonderen Härte über das Maß dessen hinausgehen müssen, was als regelmäßige Belastung des Leistungsausschlusses eintritt. Vielmehr muss hierzu eine ungewöhnliche Belastungssituation im Einzelfall vorliegen.
3. Ein Fall besonderer Härte liegt bei einem Studenten dann vor, wenn bei einer Versagung von Leistungen des SGB 2 der Abbruch oder ein Scheitern des Studiums zu besorgen wäre. Davon kann nicht ausgegangen werden, wenn der Student nicht die ihm nach dem BAfög eingeräumten Förderungsmöglichkeiten in Anspruch nimmt.
Die Entscheidung wurde duch Beschluss des BSG vom 19. September 2008, B 14 AS 44/08 B, teilweise aufgehoben.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Dezember 2006 aufgehoben, soweit das Sozialgericht den Beklagten zur Gewährung von Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 4. Oktober 2005 bis 07. Februar 2006 verurteilt hat.
Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Klage gegen den Bescheid vom 20. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. August 2007 wird abgewiesen.
Der Beklagte trägt ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers im gesamten Verfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1976 in Berlin geborene Kläger, der mit seiner Mutter A V und seinem Bruder A V in einer Haushaltsgemeinschaft lebt, ist seit 01. April 2001 Student der Rechtswissenschaften an der H zu B (HUB) und absolvierte bis März 2007 zwölf Fachsemester; im Sommersemester 2007 befand er sich in einem Beurlaubungssemester. Der Kläger bezog bis zum Ablauf der Förderungshöchstdauer von neun Semestern, also bis 30. September 2005, Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Den Antrag auf Gewährung von Ausbildungsförderung ab 01. Oktober 2005 lehnte das S B mit Bescheid vom 07. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Januar 2006 ab.
Nachdem im Jahr 2003 die Berliner Juristenausbildung reformiert worden und an die Stelle eines Staatsexamens eine Prüfung mit universitärem und staatlichem Teil getreten war, wurde Studierenden, die - wie der Kläger - ihr Studium vor dem Wintersemester 2003/2004 aufgenommen hatten, die Wahl eingeräumt, sich nach altem oder neuem Recht prüfen zu lassen. Bei einer Entscheidung für das neue Recht durfte eine Anmeldung zur Staatlichen Pflichtfachprüfung (SPP) allerdings erst nach dem 01. Juli 2006 erfolgen. Der Kläger entschied sich trotz der hiermit verbundenen Überschreitung der Förderungshöchstdauer für eine Prüfung nach neuem Recht und wurde von der HUB am 30. Mai 2005 zur Universitären Schwerpunktprüfung (USP) zugelassen, und zwar zu den Teilprüfungen mündliche Prüfung, Klausur und Studienarbeit. Die mündliche Prüfung absolvierte der Kläger im Jahr 2005, die Klausur schrieb er am 20. Februar 2006 und die Studienarbeit, deren Bearbeitungszeit sechs Wochen beträgt, fertigte er in der Zeit von März bis Juni 2006 an. Ausweislich des Zeugnisses vom 27. Juni 2006 bestand er die USP und erfüllte damit sämtliche Voraussetzungen für das Ablegen der SPP (Bescheinigung des Gemeinsamen juristischen Prüfungsamtes der Länder Berlin und Brandenburg vom 11. Oktober 2006). Eine Anmeldung des Klägers zur SPP ist bislang nicht erfolgt.
Den Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) vom 04. Oktober 2005 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 12. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2006 ab mit der Begründung, der Kläger sei Student und daher bestehe wegen der grundsätzlichen Förderungsfähigkeit der Ausbildung nach dem BAföG kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.
Während des Klageverfahrens bewilligte der Beklagte auf einen Beschluss des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 27. März 2006 (S 104 AS 1270/06 ER) hin dem Kläger für die Zeit vom 08. Februar 2006 bis 31. August 2006 Arbeitslosengeld (Alg) II als Darlehen, und zwar für die Zeit vom 08. Februar 2006 bis 28. Februar 2006 in Höhe von 344,17 € und für die Zeit vom 01. März 2006 bis 31. August 2006 in Höhe von 491,68 € monatlich (Regelleistungen von 241,50 € bzw. 345,- € und anerkannte monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung von 102,67 € bzw. 146,68 €). Mit Besch...