Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit einer lediglich mit Computerfax dem Gericht zugeleiteten Rechtsmittelschrift

 

Orientierungssatz

1. Von einer wirksamen Rechtsmittelschrift kann nur dann ausgegangen werden, wenn sich aus den Umständen zweifelsfrei ergibt, dass das Schriftstück mit Wissen und Willen des Berechtigten übermittelt wurde und der Berechtigte damit die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernommen hat.

2. Bei einem Computerfax kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieses ohne konkretes Wissen und ohne den Willen des Berechtigten in den Verkehr gelangt ist. Weil dieser nicht zweifelsfrei als Aussteller zu erkennen ist, geht dies zu dessen Lasten.

3. Dies hat zur Folge, dass ein mit Computerfax eingelegte Rechtsmittel nicht wirksam erhoben ist.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 17.03.2016; Aktenzeichen B 11 AL 6/16 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 6. Februar 2013 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine für den Zeitraum vom 28. April 2011 bis zum 20. Juli 2011 festgestellte Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe gemäß § 144 Absatz 1 S. 1 a. F. des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III).

Der 1983 geborene Kläger stand zuletzt vom 8. Februar 2011 bis zum 27. April 2011 in einem Beschäftigungsverhältnis bei der R P S GmbH (im Folgenden: Arbeitgeber) und war in T eingesetzt.

Am 2. Mai 2011 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. In der nach § 312 SGB III eingeholten Arbeitsbescheinigung des Arbeitgebers erklärte dieser, das Arbeitsverhältnis sei durch schriftliche Kündigung wegen arbeitsvertragswidrigen Verhaltens beendet, nachdem der Kläger bereits zuvor zweimal (mit Schreiben vom 21. März 2011 und 28. März 2011) wegen verspäteten oder Nichterscheinens zur Arbeit abgemahnt worden sei. Der Kläger erklärte hierzu, seine Verspätungen seien entstanden, weil er auf Fahrgemeinschaften angewiesen sei und an diesen Tagen der Fahrer nicht bzw. nicht pünktlich erschienen sei.

Mit Bescheid vom 23. Juni 2011 stellte daraufhin die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 28. April 2011 bis zum 20. Juli 2011 und die Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld um 84 Tage fest. Ein wichtiger Grund für die Kündigung sei nicht ersichtlich.

Den hiergegen mit anwaltlichem Schriftsatz vom 1. Juli 2011 ohne Begründung eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 2012 zurück. Nachdem der Kläger bereits mehrfach habe erfahren müssen, dass sein Fahrer die Fahrten sehr kurzfristig abgesagt habe, habe er geeignete Maßnahmen ergreifen müssen, um in Zukunft eine Verspätung zu vermeiden. Dies habe er unterlassen und damit grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt.

Hiergegen hat der anwaltlich vertretene Kläger am 3. April 2012 Klage bei dem Sozialgericht Cottbus erhoben.

Das Sozialgericht Cottbus hat nach Anhörung der Beteiligten die Klage mit Gerichtsbescheid vom 6. Februar 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe zutreffend den Eintritt einer Sperrzeit gemäß § 144 SGB III festgestellt, weil der Kläger das Arbeitsverhältnis durch vertragswidriges Verhalten veranlasst habe, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben.

Dieser Gerichtsbescheid ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 13. März 2013 zugestellt worden.

Bereits am 7. März 2013 ist mittels Computerfax eine Berufung gegen diesen Gerichtsbescheid bei dem Sozialgericht Cottbus eingegangen. Dieses Computerfax enthält lediglich eine eingescannte Unterschrift des Prozessbevollmächtigten des Klägers. Am 8. März 2013 ist dann bei dem Sozialgericht Cottbus mittels unsignierter EGVP das als “Original„ bezeichnete Schriftstück vom 7. März 2013 eingegangen. Auch dieses Schriftstück enthält lediglich eine eingescannte Unterschrift des Prozessbevollmächtigten.

Der Senat hat mit Schreiben vom 28. Mai 2013 den Prozessbevollmächtigten auf die innerhalb der gesetzlichen Berufungsfrist nicht gewahrte Schriftform hingewiesen. Hierzu hat der Prozessbevollmächtigte mitgeteilt, die Berufung sei per Computerfax und per EGVP übermittelt worden und daher wirksam und rechtzeitig eingelegt.

Auf den Hinweis des Senats, dass mit EGVP nur unter Verwendung einer Signatur wirksam formbedürftige Prozesshandlungen vorgenommen werden können und der Prozessbevollmächtigte nach Kenntnis des Gerichts nicht einmal über eine Signatur verfügen würde, teilte der Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 17. Juni 2013 mit, der Einsatz einer Signaturkarte “erweise sich im praktischen Umgang insbesondere bei dezentralisierte Arbeitsweise als uneffektiv„.

Einen sachdienlichen Antrag hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht gestellt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie weist darauf hin, dass die Berufung zumindest unbegründet sei. Nach arbeits...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?