Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. rückwirkende Gewährung bzw Wiedergewährung von Verletztengeld. kein Beendigungstatbestand: Zahlung von Verletztenrente und Übergangsgeld. Zeiten ohne Übergangsgeldanspruch

 

Orientierungssatz

Eine bestandskräftig als vorläufige Entschädigung bewilligte und ausgezahlte Verletztenrente sowie die Gewährung von Übergangsgeld stehen einer rückwirkenden Gewährung bzw Wiedergewährung von Verletztengeld für die Zeiten ohne Übergangsgeldanspruch nicht als Beendigungstatbestände entgegen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 16.03.2021; Aktenzeichen B 2 U 12/19 R)

 

Tenor

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Oktober 2015 geändert und die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 02. Dezember 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 05. März 2012 verurteilt, dem Kläger auch für den Zeitraum vom 25. Mai bis zum 31. Oktober 2006 Verletztengeld wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 08. Juni 2004 zu zahlen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte erstattet dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls die Gewährung von Verletztengeld, teilweise anstelle von Übergangsgeld.

Der 1965 geborene Kläger erlitt am 08. Juni 2004 einen später von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfall, bei welchem er sich während seiner Beschäftigung als Fleischer eine Verletzung der rechten Schulter zuzog, die zu starken Funktionsbeeinträchtigungen führte. In der Folge musste er sich mehreren operativen Eingriffen unterziehen. Der Kläger leidet nach wie vor an Bewegungs- und Belastungseinschränkungen des rechten Arms und kann deshalb - unstreitig - seiner Beschäftigung als Fleischer nicht mehr nachgehen (vgl. etwa schriftliches Sachverständigengutachten von Dr. W vom 24. April 2008 im Sozialrechtsstreit S 98 U 855/07). Die Beigeladene gewährte dem Kläger zunächst bis einschließlich 24. Mai 2006 Verletztengeld. Danach gewährte sie ihm mit Bescheid vom 13. Juli 2006 eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vom Hundert (v.H.), mit Bescheid vom 17. Juli 2008 eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 30 v.H. ab dem 01. März 2007 und mit Bescheid vom 28. Januar 2011 eine Verletztenrente nach einer MdE von 40 v.H. ab dem 07. Juli 2009. Für die Zeit vom 01. November 2006 bis zum 14. August 2007 gewährte die Beigeladene dem Kläger mit Bescheid vom 23. Oktober 2006 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) in Gestalt einer Weiterbildung zum Fachassistenten für Fleischhygiene und in dieser Zeit Übergangsgeld. Diese Tätigkeit konnte der Kläger aber wegen seiner Schulterverletzung und, weil sie die Fähigkeit zu schwerer körperlicher Arbeit voraussetzte, nicht ausüben. Den hierauf gestellten Antrag des Klägers auf Gewährung einer Weiterbildung als Lebensmittelkontrolleur vom 15. Mai 2008 lehnte die Beigeladene mit Bescheid vom 04. Juni 2008 ab; den hiergegen gerichteten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2008 als unbegründet zurück. Die Fleischerei-Berufsgenossenschaft als Rechtsvorgängerin der Beklagten, welche nach der Überweisung des Unfallbetriebs des Klägers zum 01. Januar 2006 für diesen zuständig geworden war, wurde dann mit Urteil des Sozialgerichts Berlin (SG) vom 28. Mai 2010 - S 67 U 801/08 - zur Neubescheidung verurteilt, woraufhin sie dem Kläger mit Bescheiden vom 07. September 2011 und 25. November 2011 für die Zeit ab dem 29. August 2011 LTA in Gestalt der Teilnahme an einem Meisterkurs der Fleischerfachschule F gewährte.

Mit Schreiben vom 08. März 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Verletztengeld rückwirkend ab Mai 2006. Dies lehnte die Beklagte zunächst mit Schreiben vom 09. Mai 2011 ab. Mit Bescheid vom 02. Dezember 2011 gewährte sie dem Kläger für die Zeit vom 15. August 2007 bis zum 28. August 2011 Übergangsgeld in Höhe von 47,32 € kalendertäglich. Den auf die Gewährung von Verletztengeld - teils anstelle der Übergangsgeldzahlung - gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05. März 2012 als unbegründet zurück.

Der Kläger hat sein Begehren mit der am 13. März 2012 zum SG erhobenen Klage weiterverfolgt. Der wegen seiner unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit entstandene Verletztengeldanspruch habe auch in der Zeit vom 25. Mai 2006 bis zum 31. Oktober 2006 und vom 15. August 2007 bis zum 28. August 2011 fortbestanden. Ein Beendigungstatbestand für das Verletztengeld sei nicht ersichtlich. Die Beklagte hat demgegenüber eingeräumt, dass der Anspruch auf Verletztengeld eigentlich nicht vor dem 31. Oktober 2006 habe wegfallen können. Soweit bindend ab dem 25. Mai 2006 eine Verletztenrente wegen der Unfallfolgen gewährt worden sei, liege jedoch auch eine bindende Entscheidung bezüglich der Beendigung der Verletztengeldgewährung ...

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