Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellungsklage. Subsidiarität. fehlendes Feststellungsinteresse. Schadensersatzklage. Erledigung vor Klageerhebung. Verletzung des Sozialdatenschutzes

 

Leitsatz (amtlich)

Die Absicht, eine Schadensersatz- oder Amtshaftungsklage zu erheben, rechtfertigt nicht ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungshandelns, das sich bereits vor Klageerhebung erledigt hat. In diesem Fall bedarf es keines Rechtsschutzes durch die (allgemeinen oder besonderen) Verwaltungsgerichte. Vielmehr kann - und muss - der Betroffene wegen des von ihm erstrebten Schadensersatzes sogleich das zuständige Zivilgericht anrufen, das auch die öffentlich-rechtlichen Vorfragen zu klären hat (BVerwG vom 27.3.1998 - 4 C 14.96 = BVerwGE 106, 295 und vom 20.1.1989 - 8 C 30/87 = BVerwGE 81, 226).

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Klägerin, das Verfahren an das zuständige Verfassungsgericht abzugeben, wird abgelehnt.

Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagte unbefugt Sozialdaten oder -geheimnisse offenbart hat.

Die 1951 geborene Klägerin war beim Land B (Arbeitgeber) im Schreibdienst angestellt; ab August 1995 war sie im Vorzimmer eines Stadtrates eines B Bezirksamtes beschäftigt. Sie bezieht jetzt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Mit Bescheid vom 1. Juli 1999 stellte das Versorgungsamt einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 fest.

Am 30. Juli 1999 beantragte der Ehemann der Klägerin persönlich deren Gleichstellung mit einer Schwerbehinderten. Entsprechende Antragsvordrucke füllte die Klägerin mit Datum vom 9. August und 8. November 1999 aus. Diesen Antragsvordrucken war eine Anlage “Einverständniserklärung zur Anhörung Beteiligter„ beigefügt. In der von ihr mit Datum vom 8. November 1999 unterschriebenen Einverständniserklärung gab die Klägerin an, dass sie damit einverstanden sei, dass ihr Arbeitgeber, der Betriebsrat/Personalrat sowie die/der Schwerbehindertenvertreter/in zur Frage der Gefährdung ihres Arbeitsplatzes gehört würden, und dass sie das Arbeitsamt gegenüber den mit der Antragstellung befassten Stellen von der Schweigepflicht nach § 35 des Ersten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB I) i. V. m. § 67 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) entbinde. Ferner war dem Antrag eine Begründung mit Datum vom 9. August 1999 beigefügt, in der die Klägerin Vorfälle schilderte, aufgrund derer sie den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses als gefährdet ansah.

Die Beklagte ersuchte den Arbeitgeber der Klägerin und den dort gebildeten Personalrat, sich zu dem Gleichstellungsantrag zu äußern, was diese am 16. November bzw. 28. Dezember 1999 taten.

Mit Bescheid vom 31. Januar 2000 stellte die Beklagte die Klägerin einer Schwerbehinderten gleich.

Mit Datum vom 21. Mai 2002 erhob der Ehemann der Klägerin eine Dienstaufsichtsbeschwerde und beanstandete, dass der Präsident des Arbeitsamtes B dem damaligen Stadtrat, in dessen Vorzimmer seine Frau eingesetzt war, die Begründung vom 9. August 1999 zu dem Gleichstellungsantrag übergeben habe. Dadurch habe der Präsident des Arbeitsamtes B das Sozialgeheimnis verletzt.

Am 3. März 2003 hat die Klägerin beim Sozialgericht Untätigkeitsklage mit dem Ziel erhoben, ihr einen rechtsmittelfähigen Bescheid über ihre Dienstaufsichtsbeschwerde zu erteilen. Diese Untätigkeitsklage hat sie in einer mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts am 24. Juli 2003 geändert und nunmehr die Feststellung begehrt, dass durch die Weiterleitung der Begründung zum Antrag auf Gleichstellung ein Verstoß gegen den Sozialdatenschutz vorliege.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass im Rahmen des Gleichstellungsverfahrens der damalige Arbeitgeber der Klägerin im November 1999 lediglich ein Begleitschreiben des Arbeitsamtes Berlin Süd sowie ein Formblatt für eine Stellungnahme erhalten habe, nicht jedoch die Begründung der Klägerin zu ihrem Antrag. Ein Verstoß gegen den Datenschutz liege deshalb nicht vor.

Die Klägerin hat dazu vortragen lassen, dass die Beklagte am 10. November 1999 tatsächlich nur ein Anschreiben an den Arbeitgeber abgeschickt habe. Aus einem Schriftsatz des Arbeitgebers vom 19. Oktober 2001 in einem beim Arbeitsgericht Berlin gegen diesen geführten Rechtsstreit ergebe sich aber, dass der Präsident des Arbeitsamtes B dem Bezirksstadtrat, der mit ihm in mehreren Ausschüssen zusammenarbeite, die Begründung vom 9. August 1999 übergeben habe. Dieser habe dann diese Begründung an den Leiter der Personalstelle weitergeleitet.

Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 9. Dezember 2004 die Klage abgewiesen. Diese sei zulässig, aber unbegründet. Die Begründung der Klägerin zu ihrem Gleichstellungsantrag vom 9. August 1999 enthalte Sozialdaten im Sinne des § 67 SGB X. Die Übermittlung dieser Daten an den Arbeitgeber sei jedoch zulässig, da die Beklagte de...

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