Entscheidungsstichwort (Thema)

Hilfebedürftigkeit. "Alles-oder-nichts-Prinzip". Aufhebung und Rückforderung. grobe Fahrlässigkeit. falsche Angaben zu vorhandenem Vermögen. Folgeantrag. Keine wesentlichen Änderungen. Aufhebung der Leistungsbewilligung wegen unrichtiger Angaben über Vermögen. Fortzahlungsanträge. Keine Bilanzierung. Grundsicherung für Arbeitsuchende

 

Leitsatz (amtlich)

1. Einen Leistungsanspruch begründende Hilfebedürftigkeit iSd § 9 Abs. 1 SGB II besteht auch bei Vorhandensein von Vermögen, das die Freigrenzen nach § 12 Abs. 2 SGB II nur geringfügig überschreitet, erst dann, wenn dieses aufgezehrt ist (Alles-oder-nichts-Prinzip).

2. Hat ein Leistungsempfänger falsche Angaben gemacht und erklärt er im Zusammenhang mit der Beantragung von Folgeleistungen, es habe keine wesentlichen Änderungen gegeben, so ist auch dies unrichtig.

3. Wird die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II aufgehoben, so findet auch bei der Ermittlung des zu erstattenden Betrags keine Bilanzierung dergestalt statt, dass der Wert des anzurechnenden Vermögens dem im Anspruchzeitraum entstandenen Bedarf gegenübergestellt wird.

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 11. November 2008 geändert und die Klage vollständig abgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren noch die Rechtmäßigkeit eines Teilaufhebungs- und Erstattungsbescheides bezüglich des Zeitraumes vom 1. September 2005 bis zum 31. Oktober 2006 streitig.

Der 1961 geborene alleinstehende Kläger beantragte erstmals am 22. Februar 2005 bei dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab März 2005. Dabei gab er unter anderem an, eine Rente für Bergleute in Höhe von monatlich 130,93 Euro zu erhalten. Die Frage, ob er Vermögen habe, das den Wert von 4.850,- Euro übersteige, verneinte er. Tatsächlich verfügte der Kläger im Zeitpunkt der Antragstellung über ein Girokonto mit unbekanntem Kontostand, ein Sparbuch (Nr. ) mit einem Guthaben von 602,41 Euro und ein Sparkassenzertifikatskonto (Nr. ) mit einem Guthaben von 9.735,08 Euro. Mit Bescheid vom 8. März 2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger unter Berücksichtigung seiner Rente als Einkommen Leistungen in Höhe von 493,56 Euro für den Monat März 2005, 494,98 Euro für den Monat April 2005 und je 493,91 Euro für die Monate Mai bis August 2005.

Am 2. August 2005 beantragte der Kläger die Fortzahlung der Leistungen; einen Eintritt von Änderungen in seinen persönlichen und in seinen Vermögensverhältnissen verneinte er und gab an, der monatliche Zahlbetrag seiner Rente betrage seit dem 1. Juli 2005 nur noch 129,94 Euro. Mit Bescheid vom 15. August 2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. September 2005 bis zum 28. Februar 2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 494,55 Euro monatlich.

Am 7. Februar 2006 beantragte der Kläger erneut die Fortzahlung der Leistungen und gab dabei an, es seien keine Änderungen in seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen eingetreten. Mit Bescheid vom 23. Februar 2006 gewährte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. März bis zum 31. August 2006 Leistungen in Höhe von 494,55 Euro pro Monat. Der Zahlbetrag wurde mit Änderungsbescheid vom 3. März 2006 für den gesamten Zeitraum auf 508,72 Euro monatlich erhöht, weil die Miete des Klägers erhöht worden war.

Am 24. Juli 2006 beantragte der Kläger wiederum die Fortzahlung der Leistungen und verneinte den Eintritt von Änderungen in den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen. Mit Bescheid vom 27. Juli 2006 bewilligte der Beklagte ihm Leistungen für die Zeit vom 1. September 2006 bis zum 28. Februar 2007 in Höhe von 522,72 Euro monatlich. Nachdem der Kläger einen aktuellen Nachweis bezüglich seiner Kfz-Haftpflichtversicherung eingereicht hatte, änderte der Beklagte mit Bescheid vom 3. August 2006 den monatlichen Zahlbetrag für den im Bescheid vom 27. Juli 2006 genannten Zeitraum auf 523,39 Euro.

Mit Schreiben vom 14. November 2006 teilte der Beklagte dem Kläger mit, ein Datenabgleich des Bundesamtes für Finanzen habe ergeben, dass er im Jahr 2005 von der Sparkasse N einen Kapitalertrag in Höhe von 319,- Euro erhalten habe. Dies sei mit seinen Angaben nicht in Übereinstimmung zu bringen. Er werde daher gebeten, entsprechende Nachweise umgehend einzureichen. Es werde darauf hingewiesen, dass die Leistungen storniert worden seien, weil bei hohen Kapitalerträgen nicht gewährleistet werden könne, dass weiterhin ein Leistungsanspruch bestehe. Bis zur Einreichung und Klärung des Sachverhalts könne eine Entscheidung über die von ihm beantragte Übernahme der Betriebskostennachzahlung nicht erfolgen. Am 14. Dezember 2006 nahm der Kläger dahingehend Stellung, dass er Geld zur Altersvorsorge angelegt habe. Den Sparbrief habe er jetzt gekündigt, da er Leistungen zurückzahlen müsse. Weil er keine ...

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