Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH
Orientierungssatz
1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn eine Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis nach Weisungen erfolgt und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte und die freie Verfügung über die eigene Arbeitskraft gekennzeichnet.
2. Nach diesen Grundsätzen ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH als abhängig Beschäftigter oder als Selbständiger zu beurteilen ist.
3. Bezieht der Gesellschafter-Geschäftsführer ein festes monatliches Gehalt, hat er Anspruch auf Fortzahlung seiner Vergütung im Krankheitsfall und auf bezahlten Urlaub, ist er aufgrund seines Gesellschaftsanteils den Weisungen der Gesellschafterversammlung unterworfen und enthält der Dienstvertrag weitere Regelungen, die für ein Arbeitsverhältnis typisch sind, so ist von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 10. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beigeladene zu 1) bei der Klägerin abhängig beschäftigt ist.
Die Klägerin wurde durch notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag vom 8. Februar 2010 gegründet. Ihr Gegenstand ist die Förderung der Wiedereingliederung von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt sowie die berufliche Bildung und Qualifizierung für von Arbeitslosigkeit Bedrohte (Ziffer 2 des Gesellschaftsvertrages). Sie firmiert mit dem Zusatz “Gewerke des Baunebengewerbes und des Garten- und Landschaftsbaus„. Das Stammkapital betrug 25.000 €, dass zu gleichen Teilen von je 6.250,- € von der Beigeladenen zu 1) und den drei weiteren Gesellschafterinnen übernommen wurde. Nach Ziffer 6 des Gesellschaftsvertrages werden Gesellschafterbeschlüsse mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, wenn und soweit das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag keine andere Mehrheit vorsehen. Je 100,- € eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme. Nach Ziffer 4 des Gesellschaftsvertrages hat die Gesellschaft einen oder mehrere Geschäftsführer. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung können die Geschäftsführer zur Einzelvertretung ermächtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit werden.
Auf der Gesellschafterversammlung vom 8. Februar 2010 beschlossen die Gesellschafter der Klägerin, als Geschäftsführer neben der Beigeladenen zu 1) zwei weitere Gesellschafterinnen zu bestimmen. Sämtlichen Geschäftsführerinnen wurde jeweils Alleinvertretungsbefugnis eingeräumt. Am 15. März 2010 schloss die Klägerin mit der Beigeladenen zu 1) einen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag, der sie verpflichte, ihre gesamte Arbeitskraft und ihre gesamten Kenntnisse und Erfahrungen der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. Die Arbeitszeit wurde nicht vorgegeben sondern war nach den betrieblichen Erfordernissen vom Geschäftsführer frei und eigenverantwortlich zu gestalten. Für die Tätigkeit war ein festes Monatsgehalt von brutto 900 € vorgesehen. Weiter wurden Ansprüche auf Vergütungsfortzahlung bei Krankheit sowie auf bezahlten Erholungsurlaub geregelt. Die Beigeladene zu 2) bewilligte der Beigeladenen zu 1) durch Bescheid vom 26. März 2010 einen Gründungszuschuss gemäß § 57 SGB III für die Zeit vom 15. März 2010 bis 14. Dezember 2010 in Höhe von monatlich 1659,30 €.
Am 17. Juni 2010 stellte die Beigeladene zu 1) bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status. Als Geschäftsführer habe sie Alleinentscheidungsbefugnis für alle Bereiche. Sie gab als Beginn ihrer Tätigkeit den 8. Februar 2010 an und legte ihren Geschäftsführer-Anstellungsvertrag sowie den Gesellschaftsvertrag über die Gründung der Klägerin vor. Sie unterliege keinem Direktionsrecht. Von ihrer als Betriebsausgabe verbuchten Vergütung werde Lohnsteuer entrichtet. Nach Anhörung entschied die Beklagte durch an die Klägerin und die Beigeladene zu 1) gerichteten Bescheid vom 29. Oktober 2010, dass die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Klägerin seit Beschäftigungsbeginn im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Es bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung seit dem 8. Februar 2010. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass nach Gesamtwürdigung aller relevanten Tatsachen die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Merkmale überwiegen würden. Aufgrund ihres Kapitalanteils von 25 % des Gesamtkapitals sei es der Beigeladene...