Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten. Unterbringung in einem Übergangshaus. Zahlungsanspruch des Leistungserbringers gegen den Sozialhilfeträger. Maßgeblichkeit von Rahmenvertrag und Vergütungsvereinbarung. Wirksamkeit einer Vereinbarung zwischen Sozialhilfeträger und Grundsicherungsträger über die Aufteilung der Kosten. Erfüllungswirkung vom Grundsicherungsträger bereits erbrachter Zahlungen
Leitsatz (amtlich)
1. Anspruchsgrundlage der Vergütung der Sachleistung "Übergangshaus" ist der Bewilligungsbescheid an den Heimbewohner als Verwaltungsakt mit Drittwirkung in Verbindung mit dem Rahmen- und Vergütungsvertrag nach §§ 75, 79 SGB XII (Anschluss an BSG vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R = BSGE 102, 1 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9).
2. Vor dem Hintergrund des daraus folgenden Schuldbeitritts bleibt ohne Bedeutung, welchen Zahlbetrag der Sozialhilfeträger in Abweichung von dem Vergütungsvertrag in den Bewilligungsbescheid aufgenommen hat. Der Schuldbeitritt knüpft an die Bewirkung der Sachleistung an.
3. Ein vom Sozialhilfeträger mit den Jobcentern geschlossener Vertrag über die Aufteilung der Vergütung bleibt gegenüber dem nicht beteiligten Leistungserbringer rechtlich bedeutungslos, weil er der Zustimmung des Leistungserbringers bedurft hätte.
4. Die Erfüllungswirkung der vom Jobcenter an den Leistungserbringer erbrachten Zahlungen zugunsten des Sozialamtes ergibt sich mangels Vorliegens der Tatbestandvoraussetzungen nicht aus § 107 SGB X, sondern ist Folge des in § 267 BGB normierten Rechtsgedankens, sofern dessen Voraussetzungen sinngemäß vorliegen.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Dezember 2016 abgeändert.
Der Beigeladene wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 4.827,53 Euro nebst 5 Prozent Zinsen seit dem 2. Oktober 2017 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten tragen der Kläger, der Beklagte und der Beigeladene jeweils ein Drittel. Der Beklagte und der Beigeladene haben dem Kläger jeweils ein Drittel, also insgesamt zwei Drittel, der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Im Übrigen findet keine Kostenerstattung statt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung der Leistung „Übergangshaus“; insbesondere geht es darum, wer den Unterkunftsanteil an der Gesamtvergütung zu tragen hat.
Der Kläger ist Träger der Einrichtung „Übergangshaus“ in der L Straße in B. Aufgrund vertraglicher Vereinbarungen zwischen der Liga der Wohlfahrtsverbände, an denen der Kläger über das Diakonische Werk partizipiert und der zuständigen Berliner Senatsverwaltung für Soziales erbringt der Kläger im „Übergangshaus“ die im Berliner Rahmenvertrag vom 1. Januar 1999 in der jeweils gültigen Fassung nebst Anlagen vorgesehenen Leistungen für den Personenkreis nach § 67 Sozialgesetzbuch/Zwölftes Buch (SGB XII), also für Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten wie Wohnungslose, von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen und Haftentlassene.
Unter der Geltung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) wurden die Kosten für den Leistungstyp „Übergangshaus“ als stationäre Einrichtung komplett durch das zuständige Sozialamt/Soziale Wohnungshilfe übernommen. Mit Inkrafttreten des Sozialgesetzbuch/Zweites Buch (SGB II) und des SGB XII zum 1. Januar 2005 übernahmen die Sozialämter in der Folge nicht mehr die komplette Leistung, sondern zahlten zwar den Leistungsanteil der persönlichen Hilfe weiter, hielten aber hinsichtlich des Unterkunftsanteils die Jobcenter für den zuständigen Träger, jedenfalls dann, wenn der Leistungsempfänger Hilfebedürftiger nach dem SGB II war.
Nach übereinstimmendem Vortrag des Klägers, des Beklagten und des Beigeladenen hat die mit Inkrafttreten des SGB II und SGB XII eingetretene Gesetzesänderung bisher keinen Niederschlag im Berliner Rahmenvertrag für die Zuständigkeit der Leistung gefunden, auch nicht in ergänzenden Vereinbarungen oder der Vergütungsvereinbarung nach § 75 SGB XII. Nach dem für den streitgegenständlichen Zeitraum einschlägigen Vergütungsvertrag wird unstrittig eine Gesamtvergütung von 43,93 Euro täglich festgeschrieben. Dem Vertrag lässt sich eine Aufteilung der Entgelte in persönliche Hilfen und Unterkunftsanteil nicht entnehmen. Die Beteiligten des Rechtsstreits sind sich jedoch darüber einig, dass sich der Betrag der Gesamtvergütung von 43,93 Euro aus einem Anteil für persönliche Hilfe von 31,64 Euro und 12,29 Euro für den Unterkunftsanteil zusammensetzt, dies ergebe sich aus dem SGB XII.
Nachdem die Vertragslage der Gesetzesänderung (Inkrafttreten SGB II und SGB XII zum 1.1.2005) jedenfalls im Hinblick auf die Zuständigkeit der Jobcenter nicht angepasst wurde, kam es ca. seit 2008 zu Leistungsstörungen in der Form, dass Jobcenter den buchhalterisch auf sie entfallenden Unterkunftsanteil nicht beglichen. Zur Begründung beriefen sich die Jobcenter im Grundsatz auf Einwendungen, die ihnen gegenüber den Leistungsem...