Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusatzversorgung. Überführungsbescheid. Regelungskompetenz des Versorgungsträgers. Klagebefugnis. stellvertretender Minister. besondere Beitragsbemessungsgrenze. tatsächliche Voraussetzungen. Verfassungswidrigkeit
Orientierungssatz
Die tatsächlichen Voraussetzungen dafür, dass die besondere BBG im Fall des Versicherten anzuwenden ist, folgen bereits daraus, dass der Versicherte in der Zeit vom 10. September 1959 bis zum 15. März 1963 und vom 01. Februar 1966 bis zum 31. März 1973 als Stellvertretender Minister den Zusatzversorgungssystemen Nrn. 1 und 19 der Anlage 1 zum AAÜG angehört hat. Weitere zusätzliche Tatbestandsmerkmale für die Anwendung der besonderen BBG des § 6 Abs. 2 AAÜG lassen sich weder dem einfachen Recht entnehmen noch wäre ihre Ermittlung verfassungsrechtlich geboten. § 6 Abs. 2 AAÜG eröffnet dem Versorgungsträger diesbezüglich weder einen Beurteilungsspielraum noch - auf der Rechtsfolgenseite - die Ausübung von Ermessen. Vielmehr hat der Versorgungsträger bei gegebenem Sachverhalt (Ausübung einer bestimmten Tätigkeit während der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 des AAÜG) nur das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung einer besonderen BBG nach § 6 Abs. 2 AAÜG festzustellen.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 09. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die der Klägerin entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreites zu zwei Dritteln zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1930 geborene Dr. D A (im Folgenden: Versicherter) war nach Ablegung der Kaufmannsgehilfenprüfung als kaufmännischer Angestellter und Sachbearbeiter tätig. Nach dem Abschluss eines Studiums an der Deutschen Verwaltungs-Akademie “W„ in L im Juli 1952 mit dem Staatsexamen als Diplom-Wirtschaftler war er von Oktober 1952 bis Juni 1990, nur unterbrochen durch ein Studium an der Parteihochschule beim ZK der KPDSU in der Zeit vom 01. April 1973 bis zum 04. Juli 1974, im Staatsapparat der DDR wie folgt tätig:
|
01. September 1952 - 09. September 1959 |
als Referent, Bereichsleiter, Hauptverwaltungsleiter im Ministerium für Außenhandel und Innerdeutschen Handel |
01. September 1959 - 15. März 1963 |
als Stellvertreter des Ministers im Ministerium für Außenhandel und Innerdeutschen Handel |
16. März 1963 - 31. Januar 1966 |
als Stellvertreter des Vorsitzenden der Staatlichen Plankommission beim Ministerrat der DR |
01. Februar 1966 - 31. März 1973 |
als Staatssekretär/Stellvertreter des Ministers im Ministerium für Außenhandel und Innerdeutschen Handel bzw. im Ministerium für Außenwirtschaft |
01. September 1974 - 31. August 1975 |
als Staatssekretär im Ministerium für Außenwirtschaft |
01. September 1975 - 30. Juni 1990 |
als Stellvertreter des Vorsitzenden der Staatlichen Plankommission beim Ministerrat der DDR. |
Sein Jahresbruttoverdienst lag 1959 bei 35.995 Mark (M), danach bei 41.100 M (1960 bis 1961), 39.000 M (1962), 37.500 M (1963 bis 1971), 41.126 M (1972), 41.000 M (1973 bis 1984), 42.400 M (1985) und ca. 45.000 M (1986 bis 1990). Vom 01. Juli 1990 bis Mai 1990 bezog er Vorruhestandsleistungen. Der Versicherte war zunächst kraft Einzelvertrags in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech; Zusatzversorgungssystem nach Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz ≪AAÜG≫) mit Wirkung vom 01. Oktober 1964 einbezogen worden (vgl. Versicherungsschein der Deutschen Versicherungsanstalt zur Nr. I 193594). Ab dem 01. Januar 1971 bis zum 30. Juni 1990 gehörte er der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates (ZVStA; Zusatzversorgungssystem nach Nr. 19 der Anlage 1 zum AAÜG) an (vgl. Beitragsnachweiskarte zur Personal-Nr. 3038, ausgestellt vom Ministerium für Außenwirtschaft der DDR).
Im Rahmen eines Rentenverfahrens veranlasste die Beklagte als Rentenversicherungsträger die Prüfung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem. Hierbei gelangten neben den Ausbildungszeugnissen, Arbeitsbüchern und Sozialversicherungsausweisen (SVA), der Beitragsnachweiskarte der ZVStA und einer Bescheinigung über Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen des Bundesministeriums für Wirtschaft - Außenstelle Berlin - vom 20. März 1992 die Unterlagen über die Einbeziehung in die AVItech und ihre Ungültigerklärung zur Verwaltungsakte. Mit Bescheid vom 24. Januar 1995 stellte die Beklagte als Zusatzversorgungsträger zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus der Zusatzversorgung in die Rentenversicherung die Daten des Versicherten im Zeitraum vom 01. Oktober 1952 bis zum 30. Juni 1990 nach dem AAÜG fest. Hierbei ordnete sie die Zeit vom 01. Oktober 1952 bis zum 30. September 1964 und vom 01. März 1971 bis zum 30. Juni 1990 der Zugehörigkeit zur ZVStA und die Zeit vom 01. Oktober 1964 bis zum 28. Februar 1971 der Zugehörigkeit zur AVItech zu. Weiterhin stellte sie den tatsächlich erzielten...