Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung

 

Orientierungssatz

1. Die abstrakte Angemessenheit der Kosten für die Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB 2 ist aus dem Produkt der angemessenen Wohnfläche mit der Summe von angemessener Netto-Kaltmiete pro qm und angemessenen kalten Betriebskosten pro qm zu ermitteln.

2. Ein vorhandener qualifizierter Mietspiegel stellt ein verwertbares schlüssiges Konzept zur Ermittlung der Referenzmiete dar.

3. Gleichfalls ist bei der Ermittlung der kalten Betriebskosten i. S. von § 556 BGB auf regionale Besonderheiten zu Betriebskostenübersichten als schlüssiges Konzept zurückzugreifen.

4. Lediglich solange dem Hilfebedürftigen eine Kostensenkung objektiv nicht möglich oder subjektiv nicht zumutbar ist, sind vom Grundsicherungsträger abstrakt unangemessene Kosten zu berücksichtigen, in der Regel längstens für sechs Monate.

5. Die Angemessenheit der Kosten für die Heizung ist solange zu bejahen, wie diese unter dem Grenzbetrag eines bundesweiten oder kommunalen Heizspiegels liegen, der abhängig von der jeweiligen Heizungsart, der Wohnanlagengröße und der abstrakt angemessenen Quadratmeterzahl ein eklatant kostspieliges bzw. unwirtschaftliches Heizen indiziert (BSG Urteil vom 2. 7. 2009, B 14 AS 36/08 R).

 

Tenor

Die Berufung des Klägers wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Entscheidungssatz des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 03. Dezember 2012 wie folgt gefasst wird: Der Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 24. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Oktober 2009 verurteilt, dem Kläger dem Grunde nach für die Zeit von Juli 2009 bis Dezember 2009 höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Zugrundelegung von Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 387,50 EUR zu gewähren.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von dem Beklagten für Juli 2009 bis Dezember 2009 höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 bzw Satz 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in der im maßgeblichen Zeitraum geltenden Fassung (im Folgenden ohne Zusatz zitiert) unter Berücksichtigung eines Bedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 577,60 EUR statt lediglich in Höhe von monatlich 387,50 EUR.

Der 1973 geborene, erwerbsfähige und ledige Kläger, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, bezieht vom Rechtsvorgänger des Beklagten bzw dem Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagter genannt) seit Januar 2005 Arbeitslosengeld II. Er ist Vater eines am 28. Mai 2004 geborenen Sohnes, der im streitigen Zeitraum noch nicht zur Schule ging und bei seiner von Anfang an allein sorgeberechtigten Mutter N N (geboren 1981), der früheren Lebensgefährtin des Klägers (im Folgenden N genannt), in der G in B lebte. Mit gerichtlichem Beschluss vom 13. Juli 2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet; das Verfahren ist aber bereits 2007 wegen fehlender Unterlagen des Klägers wieder abgebrochen worden, weil er nicht alle notwendigen Unterlagen beibrachte.

Im streitigen Zeitraum von Juli 2009 bis Dezember 2009 verfügte der Kläger weder über zu berücksichtigendes Einkommen noch über zu berücksichtigendes Vermögen.

Er bewohnt seit Januar 2006, zunächst zusammen mit N und seinem Sohn, nach deren Auszug im November 2007 bis zum 03. Januar 2010, mithin auch im streitigen Zeitraum von Juli 2009 bis Dezember 2009, allein und seit dem 04. Januar 2010 zusammen mit seiner neuen Lebensgefährtin eine ca 77,94 qm große Dreizimmerwohnung unter der im Rubrum angegebenen Adresse.

Für diese Wohnung, die über eine mit Erdgas betriebene Etagenheizung verfügt, über die auch die Warmwasserbereitung erfolgt, und deren Hauptmieter zunächst der Kläger und N waren, war (auch) im streitigen Zeitraum von Juli 2009 bis Dezember 2009 eine Bruttokaltmiete in Höhe von monatlich 501,23 EUR (Nettokaltmiete 377,23 EUR und kalte Betriebskostenvorauszahlung 124,00 EUR) zu zahlen. Die an den Gasversorger (GASAG) vom Kläger zu entrichtenden Abschläge für die Erdgaslieferungen betrugen im streitigen Zeitraum monatlich 79,00 EUR, so dass der Kläger Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im streitigen Zeitraum in Höhe von insgesamt monatlich 580,23 EUR hatte. Von Anfang an hatte der Kläger “seine„ Ansprüche auf “Leistungen für Unterkunft„ nach dem SGB II an seine Vermieter abgetreten und gegenüber dem Beklagen um direkte Auszahlung der Miete in Höhe von 501,23 EUR an die Vermieter gebeten (Abtretungserklärung vom 01. Dezember 2015).

Bis Ende März 2009 hatte der Beklagte die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (unter Abzug einer Warmwasseraufbereitung- und Kochgaspauschale) als Bedarf für Unterkunft und Heizung berücksichtigt, und zwar bis zum Auszug von N und des gemeinsamen Sohnes im November 2007 kopfteilig ausgehend von einem Dreipersonenhaushalt.

Bereits mit Schreiben vom 27. ...

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