Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Beitragserstattung. Beamtin auf Lebenszeit. keine Anrechnung von Beitragszeiten in Kanada nach SozSichAbk1985 CAN auf die allgemeine Wartezeit zum Zwecke der Zulassung zur freiwilligen Versicherung. Pflicht zur Berücksichtigung fremdmitgliedschaftlicher Zeiten nur zur Begründung eines bestimmten Leistungsanspruchs und nicht zur Aufrechterhaltung von Rentenanwartschaften. Rechtsauslegung des SozSichAbk1985 CAN im Vergleich zur EWGV 1408/71

 

Orientierungssatz

Eine Zusammenrechnung von Versicherungszeiten nach Art 12, 13 Buchst b Doppelbuchst ii des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada über Soziale Sicherheit vom 14.11.1985 (juris-Abk: SozSichAbk1985 CAN) kann nur dann erforderlich sein, wenn nach den Vorschriften des SGB 6 ein bestimmter Leistungsfall eingetreten ist und die Hinzurechnung der kanadischen Versicherungszeiten ein geeignetes Mittel ist, den Anspruch auf die begehrte Leistung zu begründen. Der Zweck dieser Abkommensvorschriften ist demnach nicht analog zu Art 45 Abs 1 EWGV 1408/71 auch auf die Aufrechterhaltung einer durch Erfüllung der allgemeinen Wartezeit erworbenen Rentenanwartschaft gerichtet. Eine andere Auslegung lässt der klare und eindeutige Wortlaut der Art 12 und 13 Buchst b Doppelbuchst ii SozSichAbk1985 CAN nicht zu.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 01. März 2006 und der Bescheid der Beklagten vom 30. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2005 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die von der Klägerin im Zeitraum 05. Januar 1998 bis 17. Januar 2002 geleisteten Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung zu erstatten.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erstattung von geleisteten Rentenversicherungsbeiträgen.

Die 1968 geborene Klägerin ist Diplom-Volkswirtin und als Beamtin auf Lebenszeit (Regierungsrätin) beim Bundesministerium der Finanzen beschäftigt.In der Zeit von August 1988 bis Mai 1989 war die Klägerin als Au-Pair-Mädchen in Kanada sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Ihr Versicherungsverlauf weist u. a. für die Zeiträume 01. Januar 1988 bis 13. Juni 1988 und 01. Oktober 1989 bis 31. Dezember 1989 Zeiten der Schul- bzw. Hochschulausbildung und für den Zeitraum 05. Januar 1998 bis 17. Januar 2002 insgesamt 44 Monate mit Pflichtbeiträgen aus.

Am 16. Februar 2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erstattung der in die Deutsche Rentenversicherung eingezahlten Beiträge. Die Beklagte zog vom kanadischen Rentenversicherungsträger einen Versicherungsverlauf vom 26. März 2004 bei und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 30. Juni 2004 ab. Den Widerspruch der Klägerin vom 26. Juli 2004 wies die Beklagte mit Bescheid vom 25. April 2005zurück und führte zur Begründung aus, der Klägerin stehe kein Erstattungsanspruch zu, weil sie das Recht zur freiwilligen Versicherung in der deutschen Rentenversicherung habe. Die allgemeine Wartezeit habe die Klägerin erfüllt, weil nach Artikel 12, 13 Buchstabe b) ii) des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada über Soziale Sicherheit vom 14. November 1985 (DKSVA) den bundesdeutschen Beitragszeiten 24 Monate Beitragszeit aus der kanadischen Rentenversicherung hinzuzurechnen seien.

Daraufhin hat die Klägerin am 17. Mai 2005 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben. Hinsichtlich der Klagebegründung wird auf die Klageschrift und ihr Schreiben vom 21. November 2005 verwiesen.

Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2005 zu verurteilen, die von der Klägerin im Zeitraum 05. Januar 1998 bis 17. Januar 2002 geleisteten Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung zu erstatten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen und ergänzend vorgetragen, in dem Versicherungsverlauf des kanadischen Versicherungsträgers sei der Zeitraum vom 01. Januar 1988 bis 31. Dezember 1989 mit der Zahl von zwei Beitragsjahren ausgewiesen.

Mit Gerichtsbescheid vom 01. März 2006, der Klägerin zugestellt am 10. März 2006, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe die Vorschriften des Artikel 12, 13 Buchstabe b) ii) DKSVA zu Recht und zutreffend angewandt.

Gegen den Gerichtbescheid hat die Klägerin durch ihren Verfahrensbevollmächtigten am 09. April 2006 Berufung eingelegt und zur Begründung ergänzend vorgetragen, die Prüfung der Erforderlichkeit der Zusammenrechnung von Versicherungszeiten nach Artikel 12, 13 Buchstabe b) ii) DKSVA habe erst nach Eintritt des Leistungsfalls in einem Rentenverfahren zu erfolgen. Hinsichtlich der in Deutschland zurückgelegten Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung verstoße die Berücksi...

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