Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Darlehen. Tilgung durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 % des Regelbedarfs. Anwendbarkeit auf Mietkautionsdarlehen. gebundene Entscheidung. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 14 AS 5/18 R
Orientierungssatz
1. Die Aufrechnungsregelung des § 42a Abs 2 S 1 SGB 2 ist auch auf Mietkautionsdarlehen anzuwenden.
2. § 42a Abs 2 S 1 SGB 2 sieht weder ein Entschließungs- noch ein Auswahlermessen vor.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. August 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich im Rahmen seines Leistungsbezuges nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) gegen eine Aufrechnungsverfügung.
Der 1978 geborene erwerbsfähige Kläger, der seit dem 1. März 2005 wegen fehlenden Einkommens und Vermögens laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von dem Beklagten bezog, bewohnte seine 41,42 Quadratmeter große Zweizimmerwohnung seit dem 1. August 2009 mit seiner 1983 geborenen Lebensgefährtin sowie mit dem gemeinsamen 2008 geborenen Sohn, die seitdem als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ebenfalls laufende Leistungen von dem Beklagten bezogen, weil auch sie mit Ausnahme des Kindergeldes weder über Einkommen noch über Vermögen verfügten.
Nach einer kurzfristigen Unterbringung in einem Wohnheim mieteten der Kläger und seine Lebensgefährtin mit der Zustimmung des Beklagten, die sich auch auf eine darlehensweise Übernahme der Mietkaution in Höhe von 1.185,- EUR bezog, ab dem 1. Mai 2011 eine 84,79 Quadratmeter große Vierzimmerwohnung im Bezirk M-H von B an und beantragten die Übernahme der Renovierungskosten.
Daraufhin gewährte der Beklagte nur dem Kläger mit einem Bescheid vom 3. Mai 2011 für die Deckung der Renovierungskosten ein Darlehen in Höhe von 341,90 EUR, wobei er verfügte, dass der Rückzahlungsanspruch ab dem 1. Juni 2011 im Wege der Aufrechnung mit einem monatlichen Betrag von 32,50 EUR getilgt wird.
Mit einem weiteren Bescheid vom 3. Mai 2011 gewährte der Beklagte dem Kläger und seiner Lebensgefährtin ein Darlehen für die Mietkaution in Höhe von 1.185,- EUR. Gleichzeitig verfügte er, dass der Rückzahlungsanspruch ab dem Monat, der auf die Auszahlung folgt, durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 Prozent des maßgeblichen Regelbedarfes getilgt wird, solange Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezogen werden.
Mit zwei Erklärungen vom 3. Mai 2011 verzichteten der Kläger und seine Lebensgefährtin “auf den gesetzlichen Aufrechnungsschutz„ und stimmten jeweils ausdrücklich einer monatlichen Aufrechnung in Höhe von 32,50 EUR zu. Die Erklärungsvordrucke enthielten die Belehrung, dass dem jeweiligen Unterzeichner bekannt sei, dass er diese Erklärung jederzeit widerrufen könne.
Der Kläger legte am 10. Mai 2011 bezüglich der Renovierungskosten Widerspruch ein und machte einen Zuschuss anstelle eines Darlehens geltend. Gegen die Aufrechnungsverfügung hinsichtlich der Mietkaution legte er am 11. Mai 2011 Widerspruch ein, und zwar mit der Begründung, dass eine Aufrechnung im Umfang von insgesamt mehr zehn Prozent seines Regelbedarfes rechtswidrig sei.
Nach ihrem Umzug in die neue Wohnung bezogen der Kläger und seine Familie seit dem 1. Juni 2011 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von dem örtlich zuständigen Jobcenter Berlin Marzahn-Hellersdorf. Der Beklagte setzte die Vollziehung der Aufrechnung bis zur Bestandskraft der Aufrechnungsverfügung aus.
Mit einem Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 2011 wies der Beklagte den Widerspruch gegen die Aufrechnungsverfügung bezüglich der Mietkaution zurück und gab zur Begründung an, dass § 42a Abs. 2 Satz 1 SGB II bei zwei Darlehen eine Aufrechnung von zweimal zehn Prozent des Regelbedarfes zulasse. Mit einem Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2011 wies er auch den Widerspruch gegen die Übernahme der Renovierungskosten als Darlehen unter Beibehaltung seines Standpunktes zurück.
Der gegen den letztgenannten Widerspruch erhobenen Klage hat das Sozialgericht Berlin mit einem Urteil vom 14. August 2013 (S 162 AS 22192/11) stattgegeben, ohne dass der Beklagte hiergegen Berufung eingelegt hat.
Gegen die Aufrechnungsverfügung hat der Kläger am 18. August 2011 bei dem Sozialgericht Berlin ebenfalls Klage erhoben und sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Auf den schriftlichen Hinweis des Sozialgerichts, dass nach der Stattgabe im Parallelverfahren nur noch eine Aufrechnung von zehn Prozent des Regelbedarfes im Streit stehe, hat der Kläger an seiner Klage mit der Begründung festgehalten, dass die Aufrechnung weiterhin rechtswidrig sei, weil hierdurch eine dauerhafte Unterdeckung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums und eine Aushebelung des gesetzlichen Ansparkonzeptes bewirkt werde.
Das Sozialgericht hat die Klage mit einem Urteil vom 28. August 2014 abgew...