Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt bzw Vertragspsychotherapeut. psychotherapeutische Leistung. keine Garantie eines bestimmten Honorarniveaus. Punktwertstützung. Vergleichsgruppe der Allgemeinmediziner. keine Abweichung für Brandenburg vom Berechnungsmodell des BSG. Nichtigkeit einer Mengenbegrenzungsregelung
Orientierungssatz
1. Das dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit zu Grunde liegende Gleichbehandlungsgebot gebietet auch unter Beachtung der Rechtsprechung des BSG nicht, den psychotherapeutisch tätigen Ärzten und den im Delegationsverfahren tätigen Psychotherapeuten auf Dauer und in jedem KV-Bezirk ein bestimmtes, in DM auszudrückendes Honorarniveau zu garantieren. Die Aufrechterhaltung eines Vergütungsniveaus für die psychotherapeutisch tätigen Ärzte oder die im Delegationsverfahren tätigen Psychotherapeuten auf der Grundlage eines Punktwertes von 10 DPf ist dann nicht mehr geboten, wenn die Umsätze einzelner Arztgruppen aus vertragsärztlicher Tätigkeit in einem vertragsärztlichen Bezirk im streitigen Zeitraum signifikant hinter den bundesweiten Durchschnittswerten, die dem Modell des BSG zu Grunde gelegen haben, zurückbleiben. Denn das Modell des BSG stellt keine Rechtfertigung dafür dar, die überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Leistungserbringer von dem Risiko eines sinkenden Ertrags aus vertragsärztlicher/psychotherapeutischer Tätigkeit völlig freizustellen. In einer derartigen Situation reicht auch ein geringerer Punktwert für die zeitabhängigen psychotherapeutischen Leistungen aus, um eine ungerechtfertigte Benachteiligung der Psychotherapeuten bei der Honorarverteilung auszuschließen. Insbesondere kann im Hinblick auf die deutlich hinter dem Vergütungsniveau in den alten Bundesländern zurückbleibenden Umsätze und Erträge aus vertragsärztlicher Tätigkeit in den kassenärztlichen Bezirken der neuen Bundesländer von einem niedrigeren Punktwert ausgegangen werden (vgl BSG vom 28.1.2004 - B 6 KA 25/03 R = SozR 4-2500 § 85 Nr 7).
2. Wird dieser Punktwert unter Anwendung der Regelungen über die Honorarverteilung rechnerisch nicht erreicht, ist eine Kassenärztliche Vereinigung im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG sowie auf der Grundlage ihres Sicherstellungsauftrages (§ 75 Abs 1 SGB 5) grundsätzlich verpflichtet, den Punktwert zu stützen, weil die Psychotherapeuten sich bezogen auf die Leistungserbringung von der Mehrzahl der Arztgruppen dadurch unterscheiden, dass sie fast nur Leistungen erbringen dürfen, die zeitgebunden sind und ganz überwiegend vorab von den Krankenkassen genehmigt werden müssen.
3. Hinsichtlich des Honorarvergleichs kommt es nicht auf die Arztgruppe mit dem niedrigsten durchschnittlichen Einkommen, sondern auf die Vergleichsgruppe der Allgemeinärzte an.
4. Die Situation der vertragsärztlichen Versorgung in Brandenburg rechtfertigt keine Abweichung von dem Modell des BSG.
5. Die Anwendung einer Mengenbegrenzung im Rahmen eines Honorarverteilungsmaßstabes ist nichtig, soweit sie auf im Delegationsverfahren tätige Psychotherapeuten Anwendung findet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Honorierung zeitabhängiger und genehmigungsbedürftiger psychotherapeutischer Leistungen für das Quartal IV/1997.
Der Kläger ist Arzt und zur vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung zugelassen, der Beigeladene ist Diplompsychologe. Im Jahre 1997 nahm der Beigeladene auf Veranlassung des Klägers im Delegationsverfahren als Psychotherapeut an der Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung im Bezirk der Beklagten teil. Hierbei erbrachte er überwiegend zeitgebundene und genehmigungsbedürftige Leistungen nach Abschnitt G IV des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes - Ärzte (EBM-Ä a. F.)
Im Quartal IV/1997 rechnete der Kläger für den Beigeladenen für psychotherapeutische Leistungen (37 Behandlungsfälle) nach Abschnitt G IV EBM 290.400 Punkte ab. Mit Honorarbescheid vom 25. Juni 1998 (Gesamthonorar: 19.708,59 DM), gerichtet an den Beigeladenen, kürzte die Beklagte diesen angeforderten Leistungsbedarf auf der Grundlage von § 7 Abs. 2 ff. ihres Honorarverteilungsmaßstabes vom 14. Mai 1997 (HVM), nach der eine nach Fallzahlbereichen quotierte Begrenzung der Fallwerte unter Zugrundelegung von Fachgruppenbudgets erfolgt, um 21.780 Punkte und damit um 7,5 v. H. Die verbleibenden Punkte honorierte sie, soweit die ihnen zugrunde liegenden Leistungen in den speziellen Fachgruppenhonorarfonds für Psychotherapeuten/nichtärztliche Psychotherapeuten fielen, nach § 6 Abs. 6 Satz 1 HVM bis zu einer Fallzahl von (hier nicht erreichten) 95 und einer Punktzahl von 3100 je Fall mit einem Punktwert von 7,49 DPf im Primär- und Ersatzkassenbereich sowie im Übrigen mit Punktwerten von 6,50 DPf im Primärkassenbereich und 7,30 DPf im Ersatzkassenbereich. Diese Honorierung wiederum entsprach einem gewichteten Punktwert von 7,21 DPf.. Den Widerspruch des Beigeladenen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid...