Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung. "Systemtherapie der Maculadegeneration" gehört nicht zum Leistungsumfang. neue Behandlungsmethode. Nichtaufführung der Heilmethode in den BUBRL-Ä kein Systemversagen. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die "Systemtherapie der Maculadegeneration" gehört nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkasse und muss auch nicht dazu gehören.
2. Das Grundgesetz gebietet es nicht, dass die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten auch für solche Heilmethoden zu erstatten haben, die nur wirksam sind, weil daran geglaubt wird.
Orientierungssatz
In der Nichtaufführung der "Systemtherapie der Maculadegeneration" in der Positivliste der BUBRL-Ä und somit Nichtanerkennung dieser Heilmethode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss liegt kein Systemversagen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1927 geborene bei der Beklagten versicherte Kläger begehrt die Übernahme von Kosten für die ärztliche Behandlung durch den R Augenarzt Dr. S nach dessen “Systemtherapie der Maculadegeneration„.
Der Kläger leidet an Maculadegeneration. Die Macula ist die Mitte der Netzhaut. Sie ist für die wesentlichen Sehleistungen verantwortlich. Im Alter kann es zu Störungen ihres Stoffwechsels kommen, die zu Ablagerungen unter der Netzhaut (sogenannten Drusen) und zu weiteren Funktionseinbußen führen können, der altersabhängigen Maculadegeneration (AMD). Als Folge hiervon ist die Mitte des Gesichtsfeldes verschwommen, verzerrt oder man sieht stattdessen einen dunklen Fleck. Die AMD führt jedoch nicht zur kompletten Erblindung. Es wird zwischen der “trockenen„ Form und der “feuchten„ Maculadegeneration unterschieden. Bei der trockenen Form bilden sich nur die Drusen. Bei der schlimmeren feuchten Form bilden sich als Reaktion auf die Drusen kleine Gefäßknospen unter der Netzhaut.
Der Kläger leidet an einer feuchten AMD auf dem linken und einer trockenen auf dem rechten Auge. Mit Schreiben vom 14. Juni 2002 beantragte er eine Behandlung nach der “Systemtherapie der Maculadegeneration„ nach Dr. S samt Fahrt- und Übernachtungskosten. Er ließ sich, ohne eine Antwort der Beklagten erhalten zu haben, vom 24. Juni 2002 bis 5. Juli 2002 in R behandeln. Mit Schreiben vom 12. Juli 2002 beantragte er die Erstattung von 1.249,76 € Behandlungskosten sowie 414,00 € Übernachtungs- und die Fahrtkosten mit dem eigenen Pkw. Beigefügt waren unter anderem ein augenärztlicher Bericht des Dr. S vom 4. Juli 2002 sowie eine Rechnung vom 5. Juli 2002. Unter dem 11. Juli 2002 bescheinigte ihm seine Augenärztin K, unter Anwendung der alternativen Methode habe sich der Visus rechts von 0.8 auf 1.0 verbessert. Beim linken Auge sei der Zustand stabil. Sie bitte um Übernahme der Behandlungskosten, da mit dieser Behandlung einer Verschlechterung entgegengewirkt werden könne.
Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg (MDK) teilte der Beklagten mit Schreiben vom 9. September 2002 mit, dass die Systembehandlung nach Dr. S ihren Wert bislang wissenschaftlich nicht habe untermauern können. Studien höherer Evidenzklasse lägen nicht vor. Eine Kostenübernahme sei nicht empfehlenswert. Daraufhin lehnte die Beklagte den Kostenerstattungsantrag mit Bescheid vom 13. September 2002 ab.
Hiergegen erhob der Kläger am 23. September 2002 Widerspruch (VV Bl. 28 f). Es sei seiner Auffassung nach an der Zeit, die Systemtherapie anzuerkennen.
Mit Schreiben vom 17. November 2002 beantragte er die Übernahme wenigstens eines Teils der Kosten für die beabsichtigte zweite Behandlung durch Dr. S. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 26.11.2002 ab.
Bereits zuvor, am 19. November 2002 wies sie den Widerspruch gegen die erste Ablehnung zurück. Gesetzlich Krankenversicherte hätten Anspruch auf diejenige vertragsärztliche Versorgung, die zur Heilung oder Linderung nach den Regeln der ärztlichen Kunst zweckmäßig und ausreichend sei. Leistungen, die für die Erzielung des Heilerfolges nicht notwendig oder unwirtschaftlich seien, könne der Versicherte nicht beanspruchen, die Vertragsärzte dürften sie nicht anwenden oder verordnen und die Kassen nicht bewilligen. Die vertragsärztliche Versorgung sei (nur) so zu regeln, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet sei. Leistungen, die aus der Sicht des Versicherten oder seines behandelnden Arztes zwar wünschenswert erschienen, zu einer ausreichenden Krankenbehandlung jedoch nicht erforderlich seien oder deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Kenntnis nicht entsprächen, schieden aus. Die ärztlichen Leistungen seien für gesetzlich Versicherte kostenfrei. Dr. S sei zwar Vertragsarzt, habe jedoch die Leistung nur im Ra...