Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Versicherungspflicht. rechtsgeschäftlich zwischen Ehegatten begründetes Beschäftigungsverhältnis. Fremdvergleich. Scheinarbeitsverhältnis. abhängige Beschäftigung
Orientierungssatz
Rechtsgeschäftlich zwischen Ehegatten begründete Beschäftigungsverhältnisse sind nur dann sozialversicherungsrechtlich erheblich, wenn sie einem sogenannten Fremdvergleich standhalten. Die Vereinbarung muss nach Inhalt und Durchführung dem entsprechen, was auch unter fremden, nicht verwandten Parteien üblich ist (vgl LSG Stuttgart vom 18.2.2020 - L 11 EG 2314/19 = juris RdNr 27 mwN). Der Fremdvergleich als Maßstab für die Wirksamkeit von zwischen Ehegatten begründeten Beschäftigungsverhältnissen entstammt dem Steuerrecht (vgl BFH vom 18.11.2020 - VI R 28/18 = juris RdNr 12ff), er gilt aber auch im Sozialversicherungsrecht (vgl LSG Essen vom 26.11.2021 - L 21 AS 2060/18 = juris RdNr 63). Auch das Urteil des LSG Halle (Saale) vom 19.5.2011 - L 10 KR 52/07 = juris RdNr 23 stellt darauf ab, ob ein eigentliches Beschäftigungsverhältnis begründet oder ein solches nur vorgetäuscht werden sollte.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. April 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin in der Zeit vom 15. April 2011 bis zum 4. Dezember 2012 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 1) gestanden hat.
Der Ehemann der Klägerin war zusammen mit J K zu je 49,5 v.H. und D Mc zu 1 v.H. Gesellschafter der Beigeladenen zu 1), zu deren alleinigem Geschäftsführer J. K. bestellt war. Gegenstand des Unternehmens war der Erwerb von Grundstücken zum Zwecke der Beplanung, Sanierung und Bebauung einschließlich Verwaltung, ohne Geschäfte nach § 34c GewO. Die Beigeladene zu 1) war Eigentümerin der Grundstücke N., T. und A . Die Grundstücke N. und T. waren mit Wohnhäusern bebaut, auf dem Grundstück A wurde eine Gaststätte („F. S.“) betrieben.
Die Klägerin war der Beklagten vom 27. April 2010 bis zum 20. März 2011 und dann wieder seit dem 15. April 2011 als versicherungspflichtig Beschäftigte der Beigeladenen zu 1) gemeldet worden. Ab dem 5. März 2012 war die Klägerin arbeitsunfähig krank. Die Arbeitsunfähigkeit endete schließlich am 4. Dezember 2012.
Wegen rückständig gebliebener Beitragszahlungen für die Klägerin betrieb die Beklagte als Beitragseinzugsstelle gegen die Beigeladene zu 1) die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Daraufhin erklärte der Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 21. Mai 2012, dass mit der Klägerin kein Beschäftigungsverhältnis bestehe. Die Klägerin sei durch ihren Ehemann eigenmächtig als Beschäftigte der Beigeladenen zu 1) angemeldet worden. Dieser habe dabei als Geschäftssitz der Beigeladenen zu 1) eine falsche Adresse angegeben. Die Klägerin werde rückwirkend abgemeldet und eine Überprüfung der Beschäftigung beantragt.
Die Klägerin legte der Beklagten zwei schriftliche Arbeitsverträge vor. Der erste datierte vom 1. Juni 2005 und sah ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit der Beigeladenen zu 1) ab dem 1. Juni 2005 vor. Die Klägerin wurde als Reinigungspersonal mit Bürotätigkeit angestellt, die regelmäßige Arbeitszeit sollte 15 Stunden wöchentlich betragen, als Entgelt waren 420,00 € monatlich vereinbart. Der zweite Arbeitsvertrag datierte vom 29. März 2011 und regelte eine Änderung des Arbeitsverhältnisses als Reinigungspersonal mit Bürotätigkeit zum 1. April 2011. Die regelmäßige Arbeitszeit sollte nunmehr 40 Stunden wöchentlich betragen, die monatliche Vergütung 3.200,00 € brutto. Als Beschäftigungsorte für ihre Tätigkeit gab die Klägerin die Grundstücke A sowie T. und N. an. Sie legte weiter Lohnabrechnungen für die Zeit vom 15. April 2011 bis 15. April 2012 sowie Kontoauszüge mit entsprechenden Gutschriften vor.
Der Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) erklärte dazu, dass die Klägerin in den Häusern T. und N. das Treppenhaus gereinigt habe, wofür sie von ihrem Ehemann eigenmächtig mit einem monatlichen Gehalt von 410,- € angemeldet worden sei. Nachdem das Haus N. veräußert worden sei, habe die Klägerin ab Februar 2011 nur noch in der T. gearbeitet. Ihre Vergütung habe mit der Miete verrechnet werden sollen. Die schriftlichen Arbeitsverträge seien ihm unbekannt. Der Arbeitsvertrag vom 1. Juni 2005 trage eine unbekannte Unterschrift, der Arbeitsvertrag vom 29. März 2011 sei von dem Ehemann der Klägerin unterschrieben worden. Vorhandene Anträge auf Erstattung nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz seien von einer Mitarbeiterin des Ehemannes der Klägerin aus dessen Baugesellschaft unterschrieben worden. Die Beigeladene zu 1) habe ein Konto bei der Berliner Bank ausschließlich für den Gaststättenbetrieb am A, für das der Ehemann der Klägerin eine Kontovollmacht habe.
Der Ehemann der Klägerin erklärte dazu, d...