Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Rücknahme eines rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsakts gem § 45 SGB 10. Entzug einer Verletztenrente. gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. haftungsbegründende Kausalität. Konkurrenzursache. Anlageleiden. Diabetes mellitus. geschwächte Immunabwehr. Entzündung einer unfallbedingten Hautläsion am Fuß. Berufsfischer

 

Orientierungssatz

1. Zum rechtmäßigen Entzug einer Verletztenrente gem § 45 SGB 10.

2. Weitere Komplikationen bzw Gesundheitsfolgeschäden (schwerwiegende Weichgewebeinfektion mit Nekrosebildung und der Notwendigkeit einer Teilamputation des Vorderfußes) einer unfallbedingten Hautläsion am Fuß eines Berufsfischers, der bis dahin unerkannt an einem Diabetes mellitus litt, stehen nicht in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der ursprünglichen Bagatellverletzung (hier: Zuziehen einer Blase am Fuß beim Reinigen der Fischernetze in Gummistiefeln).

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 18. Februar 2020 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben für das Berufungsverfahren einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Entziehung einer Verletztenrente nach einem Arbeitsunfall.

Der im Jahr 1961 geborene Kläger war als selbstständiger Fischer (Gesellschafter der Fischerei AGbR Ko in H, Ortsteil Ko Landkreis D) tätig. Am 16. März 2009 trug er während der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit, bei der er sich sowohl am als auch im Wasser befand, Arbeitsgummistiefel in Form einer Wathose . Nach seinen Angaben gegenüber der Technischen Aufsichtsbeamtin A vom 30. Juni 2009 hatte der Kläger am Unfalltag auf dem Fluss D Netze und Reusen kontrolliert. Den Fang habe er mit an Bord genommen. Äste und Laub habe er aus den Netzen entfernt. Dadurch habe er zeitweise bis zum Knöchel im Wasser gestanden. Die Füße bzw. Beine seien durchgefroren gewesen, so dass er vor Kälte kein Gefühl gehabt habe. Nach Beendigung der Kontrollarbeiten sei er nach K zurückgefahren und habe dort Reusen gereinigt. Gegen 16 Uhr sei er nach Hause gefahren und habe sich dort die Gummistiefel ausgezogen. Dabei habe er im Bereich seines rechten Fußes (am kleinen Zeh) eine Blase bemerkt, sie geöffnet und ein Pflaster zur Wundversorgung aufgeklebt. Die Wunde sei nicht abgeheilt, habe sich vergrößert und sei schwarz geworden. Weiter heißt es im Bericht zur Unfalluntersuchung vom 30. Juni 2009, der Kläger habe die Gummistiefel eine Nummer größer getragen; durch die Strümpfe und den größeren Stiefel habe sich im Bereich des kleinen Zehs eine Blase gescheuert. In den nächsten Tagen setzte der Kläger seine zu verrichtenden Aufgaben als Fischer fort.

Nachdem sich die Hautläsion am Fuß entzündet hatte, stellte sich der Kläger am 31. März 2009 bei seiner Hausärztin Dr. H vor, die die sofortige Überweisung in das Klinikum D in K(im Folgenden: A -Krankenhaus) veranlasste. Dort wurde der Kläger im Rahmen eines stationären Aufenthaltes vom 31. März 2009 bis zum 09. April 2009 durchgangsärztlich von Prof. Dr. W behandelt. Im Durchgangsarztbericht von Prof. Dr. W vom 31. März 2009 wurden als Angaben des Klägers festgehalten, dieser habe am 16. März 2009 Arbeitsgummistiefel getragen und tagsüber sei durch Aufreibungen eine offene Wunde entstanden, die der Kläger zunächst selbst versorgt habe und die im Verlauf an Größe zugenommen habe. Als Befund wurde erhoben: “ca. 4x3 cm große, tiefreichende offene Wunde, Nekrosen im Wundgrund, stark übelriechend, Kutis in der Umgebung weiß, abgehoben, Fluktuationen beim Druck, Druckschmerz sehr gering über der Außenkante des rechten Fußes“. Die Röntgenuntersuchung des rechten Fußes ergab keine knöchernen Destruktionen. Bei der Blutuntersuchung fanden sich erhöhte Blutzuckerwerte. Als unfallunabhängige Diagnosen, die für die Beurteilung des Arbeitsunfalls von Bedeutung sein können, wurde ein Diabetes mellitus sowie der Verdacht auf Leberschaden bei C2-Abusus (Alkoholmissbrauch) vor 20 Jahren mitgeteilt. Im Zwischenbericht des A-Krankenhauses vom 08. April 2009 wurden die Diagnosen einer posttraumatischen nekrotisierenden Fasziitis des rechten Fußes und einer akuten Osteomyelitis des 4. und 5. Strahls des rechten Fußes sowie als unfallunabhängige Neuerkrankung des Klägers ein Diabetes mellitus Typ II aufgeführt. Nach einer Abtragung der Nekrose und einem Debridement der Wunde erfolgte eine Amputation des 4. und 5. Strahls des rechten Fußes. Sonographisch fand sich eine deutliche Steatosis hepatis bei Adipositas. Zudem wurde der Kläger zur Behandlung des Diabetes neben der Gabe von 2 x täglich Metformin 500 (Tabletten) auf Insulin per Injektion (Apidra und Lantus) eingestellt.

Am 09. April 2009 wurde der Kläger zur Weiterbehandlung ins Unfallkrankenhaus B (UKB) verlegt. Nach den im Durchgangsarztbericht von Prof. Dr. E vom UKB vom 09. April 2009 festgehaltenen Angaben des Klägers trug dieser am 16. März 2009 die Gummisti...

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