Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Einkommenseinsatz. Freibeträge bei Beschäftigung in einer WfbM. Entgelt iS des § 82 Abs 3 S 2 SGB 12. Arbeitsförderungsgeld
Leitsatz (amtlich)
Arbeitsförderungsgeld gehört nicht zum Entgelt iS des § 82 Abs 3 S 2 SGB 12 (Klarstellung zu LSG Berlin-Potsdam vom 28.9.2016 - L 23 SO 1094/15).
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für den gesamten Rechtsstreit nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Gewährung eines höheren Barbetrags zur persönlichen Verfügung nach § 27b Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) für den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 29. Februar 2016. Streitig ist die Berechnung des einzusetzenden Einkommens nach § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII.
Die am 1959 geborene Klägerin ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 80 und den Merkzeichen G, H und RF. Sie lebt in einer vollstationären Einrichtung des E (E aG). Die Kosten für die Unterbringung in der Einrichtung übernimmt der Beklagte. Die Klägerin erhält hierfür Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII sowie Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für den notwendigen Lebensunterhalt und die Kosten der Unterkunft.
Die Klägerin bezog eine Rente i.H.v. monatlich 527,09 Euro ab 1. Januar 2015 und war beschäftigt in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM). Für ihre Werkstatttätigkeit erhielt die Klägerin einen monatlichen Arbeitslohn, der im streitigen Zeitraum insgesamt 105,00 Euro monatlich (75,00 Euro Grundbetrag zuzüglich 30,00 Euro Steigerungsbetrag) betrug. Im Monat Januar 2015 wurde hiervon in der Gehaltsabrechnung ein Betrag von 4,23 Euro,,Saldo aus Nachberechnung” abgezogen, so dass der Lohn in diesem Monat insgesamt 100,77 Euro betrug. Weiterhin erhielt die Klägerin im streitigen Zeitraum ein Arbeitsförderungsgeld (AFÖG) von 26,00 Euro monatlich, das zusammen mit dem Arbeitslohn monatlich an sie ausgezahlt wurde.
Zusätzlich erhielt die Klägerin von dem Beklagten einen Barbetrag zur persönlichen Verfügung nach § 27b Abs. 2 SGB XII. Mit Bescheid vom 30. Juni 2014 hatte der Beklagte die Höhe des Barbetrags ab dem 1. August 2014 auf 73,27 Euro festgesetzt; und zwar i.H.v. 105,57 (Grundbarbetrag) zuzüglich 3,21 Euro (Zusatzbarbetrag über Bestandsschutz) und abzüglich anrechenbares Einkommen i.H.v. 35,51 Euro. Bei der Berechnung des anrechenbaren Einkommens hatte er einen Freibetrag nach § 82 Abs. 3 SGB XII berücksichtigt, den er prozentual vom Arbeitslohn - ohne Einbeziehung des AFÖG - berechnete.
Mit Bescheid vom 9. Februar 2015 hob der Beklagte den Bescheid vom 30. Juni 2014 mit Wirkung vom 1. Januar 2015 unter Berufung auf § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) auf und bewilligte der Klägerin einen Barbetrag für den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis einschließlich 29. Februar 2016 in Höhe von 79,35 Euro für Januar 2015, 76,18 Euro für Februar 2015 und 76,22 Euro ab März 2015. Als Gründe nannte er die Berücksichtigung der geänderten Barbetragshöhe und das geänderte Werkstatteinkommen der Klägerin. Die Berechnungsmethode des Freibetrags nach § 82 Abs. 3 SGB XII im Rahmen der Einkommensanrechnung entsprach der Berechnung in dem Bescheid vom 30. Juni 2014.
Hiergegen erhob die Klägerin durch Ihren Betreuer am 2. März 2015 Widerspruch zu dessen Begründung sie vortrug, dass bei der Berechnung des Freibetrags das AFÖG als Lohnbestandteil hätte berücksichtigt werden müssen. Dies ergebe sich unmittelbar aus der Vorschrift des § 82 Abs. 3 S. 2 SGB XII, die weder durch eine Weisung des Bundesministeriums noch durch eine gemeinsame Arbeitsanweisung des Landes Berlin geändert werden könne.
Mit Änderungsbescheid vom 28. Januar 2016 setzte der Beklagte den Barbetrag für die Zeit vom 1. Januar 2016 bis 29. Februar 2016 neu fest auf 78,04 Euro. Als Grund der Änderung angegeben wurde die Erhöhung des Grundbarbetrags aufgrund der ab Januar 2016 gültigen Höhe der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 SGB XII.
Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. April 2016 zurück. Zur Begründung führte er in Bezug auf die strittige Frage der Berücksichtigung des AFÖG bei der Berechnung des Freibetrags aus, dass insoweit eine Änderung der Rechtsprechung stattgefunden habe und das AFÖG danach nicht (mehr) zum Arbeitsentgelt für Beschäftigte in einer WfbM zähle. Dies ergebe sich auch aus einem Rundschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Hiergegen hat die Klägerin am 24. Mai 2016 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt hat. Zur Begründung hat sie sich im Wesentlichen auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren gestützt sowie sich auf eine Entscheidung des Senats vom 28. September 2006 zum Aktenzeichen L 23 SO 1094/05 berufen.
Die Klägerin hat vor dem SG - schriftsätzlich - beantragt,
den Bescheid des Beklag...